»2022 wird das Jahr der Covid-19-Medikamente« |
Kerstin A. Gräfe |
18.01.2022 18:00 Uhr |
Mehrere antivirale Medikamente gegen Covid-19 warten auf ihre Zulassung. / Foto: Shutterstock/showcake
Den Fokus legte der pharmazeutische Chemiker von der Universität Frankfurt am Main auf RNA-Polymerase-Inhibitoren, Protease-Inhibitoren und virusneutralisierende Antikörper gegen SARS-CoV-2. Bei Letzteren gibt es bereits drei von der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA zugelassene Präparate: Ronapreve® (Casirivimab/Imdevimab), Regkirona® (Regdanvimab) und Xevudy® (Sotrovimab). Mit Evusheld® (Tixagevimab/Cilgavimab) befindet sich eine weitere Antikörper-Kombination im Rolling-Review-Verfahren. »Das Besondere an dem Präparat ist, dass die beiden Antikörper im Vergleich zu den bereits zugelassenen über eine sehr lange Halbwertszeit verfügen und sie intramuskulär appliziert werden können«, informierte der Apotheker. In den USA hat das Präparat bereits eine Notfallzulassung.
Unumstritten reduziere der indikationsgerechte, frühe Einsatz virusneutralisierender Antikörper verglichen mit Placebo signifikant das Risiko für schwere Verläufe. Wie sieht es aber mit der Wirksamkeit der Antikörper mit Blick auf die Virusmutationen aus? Schubert-Zsilavecz verwies auf eine aktuelle Publikation, die in Kürze im Fachmagazin »Nature« erscheinen wird. Demnach ist der Antikörper Sotrovimab In-vitro-Daten zufolge auch bei der Omikron-Variante wirksam.
Auch bei den RNA-Polymerase-Inhibitoren gab es Fortschritte. Neben dem zugelassenen Remdesivir (Veklury®) ist seit dem 3. Januar 2022 in Deutschland Molnupiravir (Lagevrio®) verfügbar. »Das Arzneimittel ist aber noch nicht zugelassen«, erinnerte der Referent. Molnupiravir sei wie Remdesivir keine maßgeschneiderte Entwicklung, sondern ursprünglich als Arzneistoff zur Behandlung der Grippe entwickelt worden. Im Vergleich zu Veklury habe Lagevrio unter anderem den Vorteil, dass es oral appliziert werden könne.
Professor Dr. Manfred Schubert-Zsilavecz / Foto: PZ/Müller
Zudem unterscheiden sich die beiden im Wirkmechanismus: Molnupiravir hemme nicht wirklich die RNA-abhängige Polymerase von SARS-CoV-2. »Dieses Enzym kopiert sehr wohl weiterhin auch unter dem Einfluss von Molnupiravir die Erbinformation von SARS-CoV-2«, so der Apotheker. Doch das, was kopiert werde, sei »im Grunde genommen Schrott«, denn anstelle von Cytidin- und Uridintriphosphat werde die aktive Form von Molnupiravir, N-Hydroxycytidintriphosphat, in den wachsenden RNA-Strang eingebaut. In der Folge kommt es zu Mutationen im viralen Erbgut und die Virusreplikation wird verhindert.
Apotheken können seit dem 3. Januar Lagevrio nach ärztlicher Verordung (unverzüglich) abgeben. Was sollten Apotheken dabei beachten? Vorzugsweise sollte die Abgabe über den Botendienst erfolgen, um den Kontakt mit dem Patienten zu vermeiden. Die Beratung kann und sollte telefonisch erfolgen. Eine Bestellung auf Vorrat ist unzulässig.
»Schwangerschaft ist eine absolute Kontraindikation«, nannte Schubert-Zsilavecz eine weitere Einschränkung. An Patientinnen im gebärfähigen Alter sollte zwingend ein Schwangerschaftstest mitgeliefert werden beziehungsweise bei ihnen müsse die Beratung auf alle Fälle in diese Richtung gehen. Für weitere wichtige Informationen verwies der Referent auf den Beratungs- und Dokumentationsleitfaden der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker sowie auf eine Checkliste.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.