Lagevrio darf nicht mehr abgegeben werden |
Daniela Hüttemann |
24.02.2023 16:30 Uhr |
Wird wohl nie eine offizielle Zulassung als Covid-19-Medikament in der EU bekommen: das Virostatikum Molnupiravir. / Foto: PZ/Alois Müller
Die EMA hat sich Zeit gelassen bei der Bewertung von Molnupiravir (Lagevrio® von MSD). Das erste Review-Verfahren startete bereits im November 2021. Die EMA hatte damals ihren Mitgliedstaaten lediglich Empfehlungen zum Einsatz gegeben; die einzelnen Mitgliedstaaten konnten entscheiden, ob sie den Einsatz von Molnupiravir erlauben. Deutschland beschaffte direkt größere Mengen, die sich jedoch als Ladenhüter entpuppten.
Erst diese Woche ist nun der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der EMA zu dem Schluss gekommen, die reguläre Zulassung nicht zu empfehlen. Laut EU-Behörde kann Lagevrio das Risiko für eine Hospitalisierung oder Tod bei Covid-19-Patienten mit einem Risiko für einen schweren Verlauf nicht reduzieren. Auch die Krankheitsdauer konnte nicht verkürzt werden. Es konnte keine Subgruppe identifiziert werden, die einen klinisch relevanten Benefit hat.
Die Bewertung erfolgte auf Basis einer placebokontrollierten Studie mit 1400 nicht hospitalisierten, nicht geimpften Erwachsenen mit mindestens einem Risikofaktor für einen schweren Covid-19-Verlauf, die Hersteller MSD abgeliefert hatte, sowie auf weiteren Daten aus anderen Studien und Anwendungen.
Anders als Nirmatrelvir (Paxlovid™) ist Molnupiravir nicht spezifisch gegen Coronaviren entwickelt worden, sondern gegen Influenza. Auch der Wirkmechanismus ist ein anderer: Molnupiravir ist ein Prodrug, dessen Metabolit durch die virale RNA-Polymerase in die Virus-RNA eingebaut wird. Das führt zu Fehlern und hemmt die Virusreplikation. Nirmatrelvir dagegen hemmt ein bestimmtes Enzym von SARS-CoV-2, die Protease 3CL.
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) reagierte direkt auf die EMA-Empfehlung und teilte noch am 24. Februar mit, dass Lagevrio in Deutschland nun nicht mehr abgegeben werden darf. Basis für die Abgabe des nicht zugelassenen Medikaments sei gewesen, dass gemäß § 3 Absatz 2 der Medizinischer Bedarf Versorgungssicherstellungsverordnung (MedBVSV) ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis erwartbar gewesen sei. Diese Grundlage entfalle nun. Die weitere Abgabe von Lagevrio werde daher eingestellt. Bereits an den pharmazeutischen Großhandel und Apotheken ausgelieferte Ware dürfe nicht weiter abgegeben werden.
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