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ARZNEISTOFFE

Desfesoterodin|Tovedeso®|81|2018

STOFFGRUPPE
81 Urologika und Mittel zur Behandlung der Hyperkaliämie und Hyperphosphatämie
WIRKSTOFF
Desfesoterodin
FERTIGARZNEIMITTEL
Tovedeso®
HERSTELLER

Ratiopharm

MARKTEINFÜHRUNG (D)
03/2018
DARREICHUNGSFORM

3,5 mg Retardtabletten

7 mg Retardtabletten

ATC-CODE
G04BD13
ORPHAN DRUG
Nein

Indikationen

Tovedeso ist zugelassen zur symptomatischen Behandlung von erhöhter Harnfrequenz, imperativem Harndrang und/oder Dranginkontinenz bei Erwachsenen mit überaktiver Blase.

Wirkmechanismus

Desfesoterodin ist ein kompetitiver, spezifischer Muskarinrezeptor-Antagonist und gilt als wichtigster Metabolit von Fesoterodin (Prodrug). Im Vergleich zu Fesoterodin ist die Affinität von Desfesoterodin für Muskarin-Rezeptoren um zwei Zehnerpotenzen höher. Der antagonistische Effekt an den Rezeptoren führt zur Entspannung der Muskeln, die dafür sorgen, dass Urin aus der Blase gedrückt wird. Dies erhöht die Blasenkapazität und führt zu Veränderungen in der Art und Weise, wie die Muskeln sich anspannen, wenn sich die Blase füllt. Dadurch trägt Desfersoterodin zur Vorbeugung von unerwünschtem Harnlassen bei.

 

Desfesoterodin ist der primäre aktive Metabolit von Fesoterodin, das als Toviaz® schon seit 2008 im Handel ist.

Anwendungsweise und -hinweise

Die empfohlene Anfangsdosis beträgt 3,5 mg Desfesoterodin einmal täglich. Je nach Ansprechen kann die Dosis auf maximal 7 mg einmal täglich erhöht werden. Bei Patienten mit normaler Nieren- oder Leberfunktion, die gleichzeitig starke CYP3A4-Hemmer erhalten, beträgt die Tageshöchstdosis 3,5 mg.

 

Für Patienten mit eingeschränkter Nieren- oder Leberfunktion listet die Fachinformation gesonderte Empfehlungen auf. Ausschlaggebend ist dabei die Stärke der Funktionsbeeinträchtigung des Organs (leicht, mäßig) und die Stärke der CYP3A4-Hemmung (mäßig, stark).

 

Da mit der vollen Wirksamkeit nach zwei bis acht Wochen zu rechnen ist, sollte der Behandlungserfolg auch erst nach acht Wochen überprüft werden.

 

Mit Vorsicht angewendet werden sollte Desfesoterodin unter anderem bei Patienten mit Harnabflussstörungen, zum Beispiel infolge einer benignen Prostatahyperplasie, oder bei Patienten mit obstruktiven gastrointestinalen Störungen oder verminderter gastrointestinaler Motilität. Gleiches gilt für Patienten mit gastroösophagealem Reflux und/oder gleichzeitiger Behandlung mit Bisphosphonaten. Zudem ist Vorsicht geboten bei Betroffenen mit autonomer Neuropathie und einem ausreichend behandeltem Engwinkelglaukom.

Wichtige Wechselwirkungen

Die gleichzeitige Anwendung von Desfesoterodin mit starken oder mäßigen CYP3A4-Hemmern wird nicht empfohlen. Auch die gleichzeitige Anwendung von Desfesoterodin mit anderen Antimuskarinika oder Arzneimitteln mit anticholinergen Nebenwirkungen, zum Beispiel trizyklischen Antidepressiva, sollte mit Vorsicht erfolgen, da es zu verstärkten therapeutischen Wirkungen und Nebenwirkungen kommen kann. Ebenfalls mit Vorsicht anzuwenden ist Desfesoterodin bei Patienten, bei denen ein Risiko für eine QT-Verlängerung besteht.

Nebenwirkungen

Aufgrund der pharmakologischen Eigenschaften des Wirkstoffs kann die Behandlung leichte bis mittelschwere antimuskarinische Effekte verursachen wie Mundtrockenheit, trockene Augen, Dyspepsie oder Verstopfung. Davon trat Mundtrockenheit mit 28,8 Prozent in der Fesoterodin-Gruppe als einzige sehr häufige Nebenwirkung auf (Placebo 8,5 Prozent). Ein Harnverhalt kann gelegentlich auftreten.

 

Unter dem Prodrug Fesoterodin wurde über das Auftreten von Angioödemen berichtet. Sollte die Hautschwellung unter Tovedeso auftreten, ist das Medikament sofort abzusetzen und eine geeignete Therapie einzuleiten.

Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen

Desfesoterodin ist bei Patienten mit schwerer Leberfunktionsstörung kontraindiziert. Gleiches gilt für Patienten mit mäßiger bis schwerer Einschränkung der Leber- oder Nierenfunktion, wenn sie gleichzeitig starke CYP3A4-Hemmer einnehmen. Ebenfalls nicht zum Einsatz kommen darf Desfesoterodin beim Vorliegen einer Harn- oder Magenretention sowie einer Colitis ulcerosa oder eines toxischen Megakolons. Darunter versteht man eine seltene, aber lebensbedrohliche Komplikation bei Colitis ulcerosa, die schnell voranschreitend zu einer akuten Erweiterung des Dickdarms führt. Zudem ist Desfesoterodin kontraindiziert bei einem nicht ausreichend behandelten oder unbehandelten Engwinkelglaukom oder bei Myasthenia gravis.

Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.

Studien

Die Zulassung von Desfesoterodin basiert auf den Zulassungsstudien von Fesoterodin. Wirksamkeit und Sicherheit bewies Fesoterodin in zwei Phase-III-Studien mit insgesamt knapp 2000 Patienten, in denen die beiden Dosierungen 4 und 8 mg mit Placebo beziehungsweise Tolterodin verglichen wurden. Die Studiendauer betrug zwölf Wochen. Primäre Endpunkte waren die Veränderung in der Häufigkeit des Harnlassens in einem Zeitraum von 24 Stunden vor und nach der Behandlung sowie die Ansprechrate. Fesoterodin war im Hinblick auf die Häufigkeit des Harnlassens in einem Zeitraum von 24 Stunden signifikant wirksamer als Placebo und ebenso wirksam wie Tolterodin. Verglichen mit Placebo war die Erfolgsrate, das heißt der Anteil an Patienten, die ihre Erkrankung als «erheblich verbessert» oder «verbessert» empfanden, signifikant höher. Zudem konnte Fesoterodin die Anzahl der Tage mit Kontinenz und das ausgeschiedene Volumen pro Miktion verbessern.

Besonderheiten

Tovedeso ist bei Temperaturen nicht über 30 °C sowie in der Originalverpackung zu lagern, um das Arzneimittel vor Feuchtigkeit zu schützen.

Tovedeso ist verschreibungspflichtig.

Formeln

Desfesoterodin

Desfesoterodin

Die dreidimensionale Strukturformel können Sie mit einem kostenlosen Zusatzprogramm aus dem Internet, zum Beispiel Cortona von Parallelgraphics, ansehen (externer Link).

Desfesoterodin.wrl

Weitere Hinweise

Die Anwendung von Desfesoterodin in Schwangerschaft und Stillzeit wird nicht empfohlen, da das potenzielle Risiko nicht bekannt ist.

Letzte Aktualisierung: 23.01.2019