Wie Narkotika wirken |
Auch im Krankenhaus spielen Überlegungen zur Nachhaltigkeit und zu ressourcenschonenden Kreisläufen mittlerweile eine Rolle. Der Anästhesie fällt dabei eine Schlüsselposition zu. Der Gesundheitssektor ist für circa 6 Prozent des deutschen Treibhausgas-Ausstoßes verantwortlich. Allein die Verwendung von Narkosegasen verursacht 2 Prozent dieses CO2-Fußabdrucks. Dies liegt am hohen sogenannten Global Warming Potential (GWP) der flourierten Kohlenwasserstoffe (Sevofluran, Desfluran) beziehungsweise Flourchlorkohlenwasserstoffe (Isofluran).
Die in der Anästhesie eingesetzten Fluor- sowie Fluorchlorkohlenwasserstoffe tragen erheblich zum CO2-Fußabdruck des Gesundheitswesens bei. / Foto: Adobe Stock/Parradee
Unbestritten ist, dass die heutige Medizin auf Narkosegase nicht verzichten kann. Zwischen den Substanzen gibt es aber große Unterschiede im GWP. So liegt das GWP von Sevofluran im Vergleich zu CO2, dessen Bezugswert 1 ist, bei etwa 200, das von Isofluran bei etwa 500 und von Desfluran bei etwa 1600. Desfluran ist damit in der Atmosphäre 1600-fach klimawirksamer als CO2 und hat außerdem dort die längste Verweildauer der drei Substanzen. Mit einem Verzicht auf Desfluran zur Narkose ließe sich die CO2-Bilanz von Krankenhäusern sehr leicht optimieren. Dieses Vorgehen wird vom Arbeitskreis nachhaltige Anästhesie der Deutschen Gesellschaft für Anästhesie und Intensivmedizin gefordert.
Die Verbesserung der Klimabilanz beim Einsatz von Narkosegasen hat keinen Nachteil für die Patienten, da Isofluran und Sevofluran weiterhin verwendet werden. Bereits in Erprobung sind außerdem Gas-Adsorber-Devices, die zusätzlich entweder direkt im Operationssaal oder in der Krankenhausabluftanlage angebracht werden. Sie binden die eingesetzten Gase, die im Anschluss im Sinn eines Recyclings aus dem Material desorbiert und wiederverwendet werden können. Gemeinsam mit dem Verzicht auf Desfluran könnte das bewirken, dass die Menge klimaschädlicher Narkosegase aus Krankenhausabluftanlagen weiter drastisch reduziert werden kann.
Anka Röhr studierte Pharmazie in Würzburg und ist seit Juni 2011 als Apothekerin im Klinikum Heidenheim tätig. Sie hat die Weiterbildung zur Fachapothekerin für Klinische Pharmazie, Bereichsweiterbildung Infektiologie, absolviert und wurde mit einer Arbeit zur Dosierung von Antiinfektiva bei Patienten mit Nierenersatzverfahren promoviert. Dr. Röhr ist Delegierte der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg. Ihre Arbeitsschwerpunkte in der Klinikapotheke sind Therapeutisches Drug Monitoring und Arzneimittelinformation.