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Anästhesie

Wie Narkotika wirken

Die moderne Medizin wäre ohne Narkosen unvorstellbar. Zahlreiche unterschiedliche Substanzen werden inhalativ oder parenteral als Anästhetika eingesetzt – oft kombiniert mit Wirkstoffgruppen wie Muskelrelaxanzien und Opioiden. Ein Überblick über dieses Spezialgebiet der Arzneimitteltherapie.
AutorKontaktAnka Röhr
Datum 13.11.2022  08:00 Uhr

Inhalative Anästhetika

Bei den volatilen Anästhetika handelt es sich um halogenierte Kohlenwasserstoffe, die sich vom Diethylether ableiten. Isofluran, Sevofluran und Desfluran werden in Deutschland verwendet. Eine Besonderheit ist ihre Applikation in Dampfform, da ihr Siedepunkt knapp oberhalb der Raumtemperatur liegt. Inhalationsanästhetika wirken nicht ausschließlich auf die Zellen des ZNS, sondern grundsätzlich auf alle Körperzellen. Allerdings reagieren die Gehirnzellen wesentlich sensibler, sodass eine engmaschige Überwachung und penible Dosierung eine Wirkung auf andere Zellsysteme verhindern.

Inhalationsnarkotika decken das gesamte Spektrum der Narkose ab und können somit auch als Monosubstanzen eingesetzt werden. In der Praxis werden sie aber meist kombiniert, zum Beispiel mit Opioiden, da dann weniger Substanz notwendig ist, was die Verträglichkeit verbessert.

Inhalative Anästhetika wirken wahrscheinlich unspezifisch in der Zellmembran, in die sie sich durch ihre lipophile Struktur einlagern können. Damit werden Kommunikationswege zwischen den Zellen unterbunden. Es liegen aber auch spezifische Wirkungen am GABAA-Rezeptor im Hirnstamm und im Cortex vor.

Eine Besonderheit ist die Applikation direkt in die Lunge. Dafür wird dem Patienten ein Gemisch aus Sauerstoff und Gas in veränderlicher Zusammensetzung über eine Atemmaske oder einen endotrachealen Tubus zugeführt. Nach der Aufnahme über die Lungenbläschen gelangen die hoch lipophilen Substanzen sehr rasch über den Blutstrom an ihren Wirkort, das Gehirn.

Intravenöse Hypnotika

Bei den intravenös zu applizierenden Substanzen handelt es sich um eine chemisch heterogene Wirkstoffgruppe. Zu den intravenösen Hypnotika werden die Barbiturate, Propofol, Etomidat und die Benzodiazepine gezählt. Sie werden auch als Sedativhypnotika bezeichnet, da ihnen im Gegensatz zu den »echten« Anästhetika die analgetische Komponente fehlt. Sie führen dosisabhängig zur Sedierung und Hypnose. Kombiniert werden sie mit hochwirksamen, synthetisch hergestellten Opioiden. Dies ist kein Nachteil für eine Anästhesie, da die einzelnen Komponenten im Gegensatz zu den Vollanästhetika separat gesteuert werden können.

Barbiturate entfalten ihre Wirksamkeit am GABAA-Rezeptor. Auch die volatilen Anästhetika sowie Propofol, Etomidat und Benzodiazepine wirken an diesem Rezeptor. Ketamin dagegen bindet am NMDA-Rezeptor und nimmt eine Sonderrolle unter den intravenösen Substanzen ein. Es wirkt zwar gut analgetisch und sedierend bei Erhaltung der Schutzreflexe; jedoch ist sein Einsatz limitiert, da es ein psychedelisches Nebenwirkungsprofil hat.

Bei den Barbituraten sind Methohexital und Thiopental im Einsatz. Sie wirken als Agonisten am GABAA-Rezeptor. Im Gegensatz zu den Benzodiazepinen, die reine indirekte Agonisten sind und nur in Gegenwart von GABA sedativ wirken, haben die Barbiturate in höherer Dosierung auch einen direkten agonistischen Effekt am Rezeptor, der ohne Anwesenheit von GABA funktioniert und zur Hypnose führt.

Propofol und Etomidat sind partielle indirekte Agonisten am GABA-Rezeptorkomplex, deren Bindung eine geringere Wirkung auslöst als Benzodiazepine und Barbiturate. Propofol liegt zur Infusion als stabile milchige Öl-in-Wasser-Emulsion mit Sojatriglyceriden vor. Damit es nicht zu Inkompatibilitäten kommt, darf diese Lösung nicht mit anderen Infusionslösungen, auch nicht mit Elektrolyten, gemischt oder gemeinsam infundiert werden.

Von den Benzodiazepinen wird in der Anästhesie vor allem Midazolam verwendet, da seine vergleichsweise kurze Halbwertszeit eine gute Steuerbarkeit der Narkose zulässt. Zudem lässt sich Midazolam als schwache Base mit HCl in eine stabile Infusionslösung überführen. Die starke Lipidlöslichkeit und die fehlende Ionisierung der anderen Benzodiazepine führen dazu, dass sie ohne Lösungsvermittler nicht intravenös appliziert werden können. Lösungsvermittler haben aber zum Teil eine schlechte Gewebe- und Venenverträglichkeit und kommen deshalb in der modernen Anästhesie nicht mehr zum Einsatz.

Die synthetischen Opioide Fentanyl, Sufentanil, Remifentanil und Alfentanil werden immer mit anderen Narkotika kombiniert. Sie finden als Monotherapie keine Anwendung in der Anästhesie, da sie das Bewusstsein nicht sicher ausschalten. Sie binden bekanntermaßen an den µ-Rezeptor. Ihre analgetische Wirkkomponente, die um das 30- bis 1000-Fache stärker ist als bei Morphin, steht bei ihrem Einsatz immer im Vordergrund.

In der Regel werden die intravenösen Substanzen zur Einleitung der Narkose und ein Gemisch aus Sauerstoff und Inhalationsnarkotika zu deren Erhalt verwendet. Reine intravenöse Anästhesien sind ebenfalls möglich. Ausschließlich volatile Substanzen kommen vor allem bei Kindern zum Einsatz, da ihnen der Stich in die Vene erspart werden soll. Verschiedene orale Benzodiazepine werden in der Prämedikation, teilweise bereits am Vorabend der Operation, zur Anxiolyse eingesetzt.

Fast alle in der Tabelle genannten Substanzen waren innerhalb der letzten fünf Jahre von einem oder mehreren Lieferengpässen betroffen. Besonders zu Beginn der Coronapandemie wurden Wirkstoffe, die für eine intensivmedizinische Versorgung beatmeter Patienten notwendig waren, in unerwartetem Ausmaß benötigt. In der Folge kam es zu Lieferunterbrechungen vor allem der intravenösen Anästhetika. In Deutschland konnte die Versorgung mit fast allen Substanzen über die Pandemie hinweg aufrechterhalten werden. In den europäischen Nachbarländern waren Wirkstoffe wie Midazolam und Proprofol allerdings vorübergehend in den Krankenhäusern nicht mehr verfügbar.

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