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Anästhesie

Wie Narkotika wirken

Von der Sedierung bis zur Vollnarkose

Bei einer Narkose durchlebt der Patient verschiedene Stadien, die zwar voneinander getrennt definiert werden, in der Praxis aber fließend ineinander übergehen.

Beginnend mit der Anxiolyse als Vorstufe zur Sedierung (Schlafermöglichung) folgt die Hypnose (Schlaferzwingung) und letztendlich die eigentliche Vollnarkose mit völligem Bewusstseinsverlust und Analgesie. Dabei gleicht die Narkose keinem physiologischen Schlaf, sondern eher einem komatösen Zustand, in dem Reize von außen zwar aufgenommen, aber nicht verarbeitet werden können. Trotz Analgesie können beispielsweise schmerzbedingte Kreislaufreaktionen ausgelöst werden.

Eine Amnesie begleitet jede Narkose und häufig schon die Sedierung. Dabei bleibt die Wahrnehmung auch für einige Zeit nach der Narkose blockiert; man spricht von anterograder Amnesie. Retrograde Amnesie bezeichnet den Verlust der Erinnerung unmittelbar vor der Einleitung.

Narkosen lassen sich durch chemisch sehr unterschiedliche Molekülgruppen auslösen. Gemeinsam haben alle, dass sie stark lipophil sind, was eine Voraussetzung für ihre Diffusion ins ZNS ist. Alle Anästhetika wirken dosis- und konzentrationsabhängig, da unterschiedliche Zellverbände im Gehirn unterschiedlich sensibel auf die Stoffe ansprechen. Außerdem haben sie zum großen Teil eine sehr kurze Halbwertszeit im Bereich von wenigen Minuten, um die Narkose adäquat zeitlich steuern zu können. Die Tabelle gibt einen Überblick über die gebräuchlichen Anästhetika mit ihren Wirkkomponenten.

Substanzen narkotisch hypnotisch sedierend amnestisch analgetisch
volatile Substanzen:
Isofluran, Sevofluran, Desfluran
++ ++ ++ ++ ++
Barbiturate:
Thiopental, Methohexital
+ ++ ++ ++ +
Propofol, Etomidat ++ ++ ++
Benzodiazepine:
Midazolam, Flunitrazepam,
Remimazolam*
++ ++ ++
Ketamin + + + + ++
Opioide:
Fentanyl, Sufentanil, Alfentanil, Remifentanil
+ + ++
Tabelle: Übersicht über die zentralnervösen Wirkungen verschiedener Substanzen zur Narkose (adaptiert nach Thiel, Anästhesiologische Pharmakotherapie, Thieme 2021)

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