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Digital vernetzte Arzneiformen

Telepharmazie mit Mehrwert

Die Telepharmazie birgt hohes Potenzial für Patienten und Apotheker. Doch digital vernetzte Arzneiformen und Packmittel werden bislang kaum beachtet. Was leisten digital gekoppelte Insulinpens oder Pulverinhalatoren mit Sensoren? Ein Überblick.
Wolfgang Kircher
02.05.2021  08:00 Uhr

Die moderne Telepharmazie wird in der öffentlichen Apotheke einzelne Prozesse der Patientenbetreuung gravierend verändern. Ein Segment, das trotz entscheidender technischer Fortentwicklungen in deutschen Apotheken noch zu wenig beachtet wird, sind digital vernetzte Arzneiformen, im Englischen Connected Drug Delivery Devices (CDDD) genannt. Dies sind drahtlos mit der Apotheke verbundene, elektronisch gesteuerte Verabreichungs- und Anwendungssysteme, die den ambulanten Patienten bei der Arzneimittelapplikation kontinuierlich unterstützen und monitorieren. Digital vernetzte Arzneiformen überwachen nicht nur die Adhärenz, sondern auch die korrekte Anwendungstechnik bei verschiedenen Darreichungsformen.

Digital vernetzte Arzneiformen stellen immer eine Kombination aus Arzneistoffformulierung/Packmittel und digitalem Modul dar. Die beiden Komponenten können fest zu einer Einheit verbunden sein oder als zwei miteinander koppelbare Module vorliegen. Im zweiten Fall kann die marktübliche Arzneiform auch allein, also ohne digitale Komponente und damit ohne die softwarebasierten Vorteile eingesetzt werden. Dies kann etwa bei entleerter Batterie oder nass und unbrauchbar gewordenem elektronischem Modul sehr hilfreich sein.

Beispiele aus der Apothekenpraxis

Drei Beispiele aus der Erprobungsphase in der Apotheke des Autors (St. Ulrich-Apotheke, Peißenberg) sollen die breite Einsatzpalette der digital vernetzten Arzneiformen verdeutlichen:

  • Einer 83-jährigen alleinlebenden Patientin bringt das Apothekenteam im wöchentlichen Rhythmus den von der Apotheke mit festen Peroralia bestückten, programmierten und gewarteten Dispenser. Der digital vernetzte Dispenser erinnert nicht nur die Patientin optisch und akustisch an die pünktliche Einnahme, sondern meldet auch dem Apotheken-PC per Mobilfunk umgehend eine nicht erfolgte Einnahme. Dies bietet die Möglichkeit einer zeitnahen Intervention.
  • Einer jungen Mutter bereitet ein Apotheker den verordneten Amoxicillin-Clavulansäure-Trockensaft zu. Nach Rücksprache mit ihr heftet er an die Saftflasche ein von der Apotheke modifiziertes elektronisches Modul, das mit verschiedenen Sensoren ausgerüstet ist und eine moderne drahtlose Datenübertragung zur Apotheke ermöglicht. Mithilfe dieses leihweise überlassenen Geräts erhält die Apotheke Daten über die Aufbewahrungstemperatur, das Umschütteln und die Entnahmefrequenz der Antibiotikum-Suspension. Die Kundenberatung umfasst dabei auch das Ausfüllen eines Formulars mit haftungs- und datenschutzrechtlichen Aspekten.
  • Eine ältere alleinstehende Frau mit Diabetes mellitus musste wegen Entgleisungen ihrer Blutzuckerwerte wiederholt stationär behandelt werden. Der Entlassbericht empfiehlt eine möglichst kontinuierliche Überwachung ihres Injektionsschemas. Das Apothekenteam unterweist die Seniorin und ihre im gleichen Haus wohnende Tochter im Gebrauch eines digitalen Pens (Pendiq® 2), der die verabreichten Dosen und Injektionszeiten per Bluetooth® an das Smartphone der Tochter meldet. Sie sendet wöchentlich die Spritzprotokolle zusammen mit den gemessenen Blutglucose-Werten zur Kontrolle an die Apotheke.

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