Salbutamol |
Salbutamol wirkt bei einem Asthmaanfall innerhalb weniger Minuten und hat daher einen hohen Stellenwert in der Bedarfstherapie. Bei rund 8 Millionen Asthmatikern in Deutschland ist es deshalb kaum verwunderlich, dass der Bronchodilatator zu den Top Twenty der meistverordneten Arzneistoffe gehört.
Der kurzwirksame β2-Rezeptoragonist (SABA) Salbutamol wird zur symptomatischen Behandlung von Asthma bronchiale und chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) eingesetzt. Die Wirkstoffgruppe ist in allen Stadien bei Asthma zur Bedarfstherapie indiziert und auch bei COPD sind SABA die bevorzugten Bronchodilatatoren in der Therapie der akuten Exazerbation.
Salbutamol bewirkt als Agonist am β2-Rezeptor eine Bronchodilatation. Das Sympathomimetikum erregt den G-Protein-gekoppelten Rezeptor an der Bronchialmuskulatur, was zu einer Stimulation der Adenylylcyclase führt. Dadurch wird vermehrt cAMP freigesetzt, was wiederum zu einer Aktivierung der Proteinkinase A führt, die unter anderem die Calcium-Freisetzung aus intrazellulären Speichern hemmt. Über diesen und weitere Mechanismen erschlafft dadurch die Bronchialmuskulatur, ein vorhandener Bronchospasmus löst sich. Der Wirkstoff steigert außerdem die Flimmerbewegungen der Zilien und verbessert somit die normale Bronchialreinigung (mukoziliäre Clearance) – auch das trägt wahrscheinlich zum therapeutischen Nutzen bei. SABA hemmen zudem die Freisetzung inflammatorischer Mediatoren aus Mastzellen.
Salbutamol ist als Dosieraerosol, als Inhalationslösung und auch in Form einer Retardtablette erhältlich. Bei inhalativer Applikation tritt die Wirkung innerhalb weniger Minuten ein und hält zwischen drei und sieben Stunden an; man bezeichnet den Wirkstoff aufgrund des raschen Wirkeintritts auch als »Reliever« oder RABA (Rapid Acting β2-Agonist). Systemische Nebenwirkungen können durch die inhalative Anwendung weitgehend vermieden werden. Die systemische Therapie ist auf Ausnahmefälle beschränkt, wenn die Asthmasymptomatik nicht mit inhalativen Formulierungen beherrscht werden kann.
Bei plötzlich auftretender Atemnot oder Bronchialkrämpfen ist eine Einzeldosis Salbutamol zur Inhalation indiziert. Hält die Atemnot fünf bis zehn Minuten über die Dosis hinaus an, kann eine weitere Einzeldosis angewendet werden. Ist auch dann keine Besserung spürbar, sind möglicherweise weitere Dosen nötig – in diesem Fall sollte unverzüglich ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden. Zur vorbeugenden Anwendung, beispielsweise bei vorhersehbarem Allergenkontakt, kann circa eine Viertelstunde vorher eine Einzeldosis inhaliert werden.
Bei einem Dosieraerosol gelten ab zwölf Jahren meist ein bis zwei Sprühstöße als Einzeldosis, was 100 beziehungsweise 200 µg Salbutamol entspricht. Bei Kindern zwischen vier und elf Jahren entspricht meist ein Sprühstoß einer Einzeldosis. Bei den Inhalationslösungen sollte die Dosierung jeweils der Fachinformation entnommen werden.
Salbutamol kann unerwünschte Wirkungen wie Tremor, Unruhe, Tachykardie, Herzrhythmusstörungen, Blutdrucksteigerungen oder Schlafstörungen hervorrufen. Durch eine Steigerung der Glykogenolyse in der Leber kann es außerdem zur Hyperglykämie kommen. Auch Hypokaliämien infolge einer verstärkten Kalium-Aufnahme in die Skelettmuskulatur wurden beobachtet. Prinzipiell führen β2-Agonisten nach inhalativer Gabe deutlich seltener zu unerwünschten Wirkungen als nach oraler Gabe.
Die gleichzeitige Einnahme von Betablockern kann zu einer gegenseitigen Wirkungsabschwächung führen und birgt bei Asthmatikern außerdem ein Risiko für schwere Bronchospasmen. Außerdem kann Salbutamol die blutzuckersenkende Wirkung von Antidiabetika reduzieren, womit allerdings eher bei systemischer Gabe zu rechnen ist. Bei der gleichzeitigen Anwendung weiterer Sympathomimetika kann es zu einer gegenseitigen Wirkverstärkung und somit zu einem erhöhten Risiko für unerwünschte Wirkungen kommen. Auch wenn gleichzeitig Digitalisglykoside eingenommen werden, besteht ein erhöhtes Risiko für unerwünschte Wirkungen.
Da bei oraler Anwendung die Möglichkeit für kardiale unerwünschte Wirkungen erhöht ist, muss diese bei Patienten mit Hyperthyreose, arterieller Hypertonie, koronarer Herzkrankheit, Herzrhythmusstörungen oder hypertropher Kardiomyopathie überdacht werden. Auch die inhalative Anwendung sollte bei diesen Begleiterkrankungen nur bei strenger Indikationsstellung und mit Vorsicht erfolgen.
Laut www.embryotox.de, dem Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie der Charité in Berlin, gilt Salbutamol während der gesamten Schwangerschaft und in der Stillzeit im Rahmen des Asthmastufenplans als Mittel der Wahl unter den SABA. Das Risiko, dem Kind durch ein schlecht eingestelltes oder untertherapiertes schweres Asthma zu schaden, ist den Experten zufolge höher als das minimale Risiko der zur Asthmakontrolle üblicherweise eingesetzten Medikamente. Inhalativ angewendet ist Salbutamol für den gestillten Säugling gut verträglich. Am Ende der Schwangerschaft müssen Wehenhemmung und β2-spezifische Effekte beim Fetus bedacht werden.
Als Sympathomimetikum hat Salbutamol strukturelle Ähnlichkeit mit Adrenalin. Der tert-Butylrest am Stickstoffatom erhöht die Selektivität für den β2-Rezeptor. Der Wirkstoff liegt in Arzneimitteln als Salbutamol-Sulfat vor. Als hydrophile Substanz erzielt es in der Lunge eine kurzzeitige, lokale Wirkung mit geringer systemischer Absorption. Aufgrund der Hydrophilie durchdringt es die Membranbarrieren der Alveolarepithelien und der Kapillarendothelien kaum. Langwirkende Antiasthmatika wie Salmeterol sind hingegen eher lipophil, sodass sie sich relativ stabil in die Zellmembranen einlagern und von dort nur langsam abgegeben werden.
Salbutamol steht grundsätzlich auf der Liste verbotener Substanzen der Nationalen Antidopingagentur Deutschland (NADA). Inhalative Applikationsformen von Salbutamol bilden dabei eine Ausnahme, sofern sie bei asthmakranken Sportlern zum Einsatz kommen. Ansonsten gilt die Benutzung ebenfalls als Doping. Die Ergebnisse eines aktuellen Reviews aus dem »British Journal of Sports Medicine« bestätigen diese Einstufung. Demnach können β2-Agonisten bei Nicht-Asthmatikern die Performance im anaeroben Bereich um 5 Prozent steigern. Dies könne in den meisten athletischen Wettbewerben den Ausgang ändern, schätzen die Autoren. Dabei war jedoch die orale Anwendung wirksamer, bei Inhalation war der Unterschied nicht signifikant.