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»Um die Diagnose Hypogonadismus zu erhalten, müssen Männer an zwei Messzeitpunkten erniedrigte Testosteronspiegel aufweisen«, betont Dr. Christian Leiber, Oberarzt und Leiter der Sektion Andrologie an der Klinik für Urologie des Universitätsklinikums Freiburg sowie Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Andrologie (DGA), gegenüber der PZ. Zusätzlich müssen sie an klinischen Symptomen wie reduziertem Hodenvolumen, Veränderung der Körperzusammensetzung, metabolischem Syndrom, Abnahme der Libido, Störungen der Sexualfunktionen, Anämie, verminderter Muskelmasse und -kraft, verminderter Knochendichte oder Osteoporose leiden. Auch Beschwerden wie depressive Verstimmung, Antriebslosigkeit oder verminderte kognitive Fähigkeiten sind möglich (Tabelle 2) (1, 6-10).
Beginn des Hypogonadismus | Symptome |
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im Mutterleib beziehungsweise vor der Pubertät einsetzend | kleine Hoden, Hodenhochstand (Kryptorchismus), Gynäkomastie, nicht geschlossene Epiphysenfugen, lineare Wachstumskurve bis zum Erwachsenenalter, spärliche Körper-/Gesichtsbehaarung, eunuchoider Habitus, hohe Stimme, Infertilität, geringe Knochenmasse, Sarkopenie, vermindertes Sexualverlangen/sexuelle Aktivität |
spät beginnend (late-onset) | Libidoverlust, erektile Dysfunktion, geringe Knochenmasse, Sarkopenie, depressive Gedanken, Erschöpfung, Energieverlust, Verlust von Körperbehaarung, Hitzewallungen, viszerale Fettleibigkeit, metabolisches Syndrom, Insulinresistenz und Diabetes mellitus Typ 2 |
Bei längerem Hormonmangel ist eine Feminisierung des Mannes zu beobachten. Die Betroffenen bekommen weibliche Züge und die Brustdrüsen können wachsen (Gynäkomastie). Einem Hypogonadismus können Störungen auf verschiedenen Ebenen zugrunde liegen. Es ist zwischen einem primären und einem sekundären Hypogonadismus, die beide angeboren sein können, sowie dem im Erwachsenenalter auftretenden Late-onset-Hypogonadismus zu unterscheiden. Bei der Late-onset-Form traten während der Pubertät noch keine Störungen auf, sodass sich die betroffenen Männer normal entwickeln und die sekundären Geschlechtsmerkmale ausbilden konnten. Im späteren Erwachsenenalter lässt die Gonadenfunktion der Patienten dann aber allmählich nach und es entstehen die charakteristischen Symptome (11).
Zu den Auslösern für die primäre Form zählen Hodentumoren, einige Arten von Chemotherapie, Bestrahlung der Hoden, Orchitis (Hodenentzündung) oder auch das Klinefelter-Syndrom, von dem etwa einer von 500 Männern betroffen ist. Bei dieser Chromosomenstörung haben Jungen meist zwei weibliche und ein männliches Geschlechtschromosom (46XXY).
Als sekundäre Ursachen kommen ein Funktionsverlust des Hypophysenvorderlappens oder Hypophysenadenome infrage, ebenso aber auch eine Erhöhung des Prolaktinspiegels im Blut, starke Fettleibigkeit, Eisenüberladung, Einnahme von Medikamenten wie Opioide oder Glucocorticoide oder ein Entzug von anabolen Steroiden (1).
Foto: AOK-Mediendienst
Ähnlich wie bei Frauen geht auch bei Männern im Alter die Produktion der Sexualhormone zurück. Allerdings geschieht dies anders als beim weiblichen Geschlecht nicht innerhalb eines kurzen Zeitraums, sondern langsam in einem jahrelangen Prozess. Der Begriff »Wechseljahre des Mannes« ist daher irreführend.
Wenn Männer unter Beschwerden leiden, die auf die sinkenden Testosteron-Werte zurückgehen, können sie dem in gewissem Maß mit einer gesundheitsbewussten Lebensweise, Sport und einer ausgewogenen Ernährung begegnen. Auch ein gesundes Körpergewicht kann den Hormonspiegel erhöhen. Ebenso ist es günstig, aufs Rauchen zu verzichten und nur wenig Alkohol zu trinken. Ferner können einige Medikamente wie Glucocorticoide dazu führen, dass weniger Testosteron zur Verfügung steht. Betroffene Männer sollten zudem darauf achten, ausreichend zu schlafen und chronischen Stress zu meiden. Autogenes Training, Meditation oder progressive Muskelentspannung können zu einem guten Stressmanagement beitragen (25).
Zugelassene pflanzliche Arzneimittel mit phytoandrogener Wirkung gibt es für Männer bislang nicht. Einige Pflanzenextrakte, etwa vom Erd-Burzeldorn (Tribulus terrestris), könnten eine androgene Wirkung haben (26). Von dubiosen »Kräutermischungen«, die im Internet bisweilen mit androgener Wirkung beworben werden, sollte man die Finger lassen (siehe dazu auch das Interview »Anabolika im Breitensport«).