Morbus Crohn versus Colitis ulcerosa |
Carolin Lang |
18.01.2024 15:00 Uhr |
Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen manifestierten sich häufig, aber nicht immer, zwischen dem 15. und 40. Lebensjahr, erklärte Professor Dr. Weinke beim Pharmacon in Schladming. / Foto: Adobe Stock/mi_viri
Hierzulande sind etwa 400.000 Menschen von Colitis ulcerosa (CU) und 250.000 Menschen von Morbus Crohn (MC) betroffen, wobei »die Inzidenzen in den letzten Jahren sowohl in Mittel- und Westeuropa als auch global angestiegen sind«, sagte der Facharzt für Innere Medizin, Gastroenterologie, Infektiologie und Tropenmedizin.
Die chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) treten durch Symptome wie chronische Diarrhö (> 2 Stuhlgänge pro Tag länger als vier Wochen), Blutbeimengungen im Stuhl, wässrige Stühle, nächtliche Diarrhö und abdominelle Schmerzen in Erscheinung. Oft verlaufen sie schubförmig.
Unterschiede gibt es etwa beim Entzündungsmuster, erklärte Weinke. Bei CU sei eine kontinuierliche Verteilung der Entzündung, beginnend im Rektum, zu beobachten, die sich in obere Bereiche des Kolons ausbreiten könne. Die Entzündung sei fokussiert auf die oberflächlichen Schleimhautschichten der Darmwand, also Mukosa und Submukosa.
MC stelle sich deutlich anders dar: »Hier haben wir keine kontinuierliche Ausbreitung, sondern einen segmentaren Befall.« Das heißt, entzündete Darmabschnitte wechseln mit entzündungsfreien ab. Der gesamte Gastrointestinaltrakt – vom Mund bis zum Anus – könne betroffen sein und die Entzündung »in die Tiefe gehen« – also transmural alle Schichten der Darmwand betreffen. Auch extraintestinale Manifestationen, etwa in den Gelenken, kämen bei Morbus Crohn häufiger als bei Colitis ulcerosa vor.
Professor Dr. Thomas Weinke, Facharzt für innere Medizin, Gastroenterologie, Infektiologie, Tropenmedizin / Foto: PZ/Alois Mueller
Neben genetischen Faktoren könnten eine veränderte Darmmikrobiota sowie Umgebungseinflüsse zur Pathogenese von CED beitragen, legte Weinke dar. »Rauchen ist ein ganz wichtiger Faktor bei Morbus Crohn, nicht jedoch bei Colitis ulcerosa«, ergänzte er. Stress könne akute Schübe auslösen.
Die Therapieoptionen beliefen sich neben medikamentösen auf operativen Maßnahmen sowie Ernährungstherapie und psychologische Unterstützung. Letztere kämen »oftmals zu kurz«, bedauerte Weinke.
Therapieziele seien, die Lebensqualität der Patienten zu verbessern, Symptome zu kontrollieren sowie eine klinische Remission zu erreichen. Zudem werde eine Mukosa-Heilung angestrebt und es gelte, Komplikationen zu verhindern und das Karzinomrisiko zu senken.
Zu den älteren Therapieoptionen zähle das 5-Aminosalicylat Mesalazin. Es eigne sich vor allem zur Basistherapie von leichter bis mittelgradiger CU und werde sowohl bei Schüben als auch zum Remissionserhalt eingesetzt. »Steroide haben in der Akuttherapie einen Stellenwert«, betonte Weinke, eigneten sich aber aufgrund des hohen Nebenwirkungsprofils nicht für den Langzeitgebrauch. Unter den Immunsuppressiva werde in der Gastroenterologie vor allem Azathioprin eingesetzt. »Es hat keinen Akuteffekt«, stellte er klar. Bei der Langzeittherapie gelte es, potenzielle Nebenwirkungen wie Leukopenie zu beachten.
Auch stehen einige Biologika zur Verfügung, die sich gegen verschiedene Entzündungsmediatoren richten. Dazu gehören etwa TNF-α-Blocker wie Infliximab, Adalimumab und Golimumab (nur bei CU). Sie zeigten gute Effekte in der Induktion und Langzeittherapie und könnten eine Mukosa-Heilung herbeiführen. Ein Nachteil: Manchmal komme es zum Wirkverlust. Das Anti-Integrin Vedolizumab und die Anti-Zytokine Ustekinumab, Mirikizumab (nur bei CU) und Risankizumab (nur bei MC) erweitern die Palette der Therapieoptionen.
Ferner sind die JAK-Inhibitoren Tofacitinib, Filgotinib (beide nur bei CU) sowie Upadacitinib zugelassen. Sie seien aber nur noch eingeschränkt anzuwenden, sagte Weinke mit Verweis auf einen Rote-Hand-Brief vom März 2023. Ebenfalls oral bioverfügbar ist der Sphingosin-1-Phosphat-(S1P-)Rezeptor-Modulator Ozanimod (bei CU).
»Wir müssen die Medikamente individualisiert einsetzen und den Patienten in den Mittelpunkt des Handelns stellen«, appellierte Weinke abschließend.