Ciltacabtagen Autoleucel|Carvykti®|42|2023 |
Janssen-Cilag
3,2 x 106 - 1,0 x 108 Zellen Infusionsdispersion
Carvykti ist zugelassen zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit Multiplem Myelom, die zuvor mindestens drei Therapien erhalten haben und deren Erkrankung unter der letzten Therapie fortgeschritten ist. Unter den Vortherapien müssen ein Immunmodulator, ein Proteasominhibitor und ein Anti-CD38-Antikörper gewesen sein.
Das B-Zell-Reifungsantigen (BCMA) ist ein Rezeptor auf der Oberfläche von reifen B-Zellen. Es eignet sich als Target beim Multiplen Myelom, weil bei dieser Krebserkrankung eine reife B-Zelle entartet ist und sich massenhaft vermehrt. Carvykti besteht aus patienteneigenen T-Zellen, die genetisch so modifiziert wurden, dass sie einen chimären Antigenrezeptor (CAR) exprimieren, der gegen BCMA gerichtet ist. Bindet eine CAR-T-Zelle an BCMA auf einer B-Zelle, führt das zur Aktivierung der T-Zelle, der Bildung weiterer CAR-T-Zellen und der Elimination der B-Zelle.
Die Zieldosis von Carvykti beträgt 0,75 x 106 lebensfähige CAR-T-Zellen pro kg Körpergewicht. Die Behandlung beginnt mit der Entnahme der T-Zellen (Leukapherese), die dann eingeschickt und in einer speziellen Produktionsstätte modifiziert werden. Dieser Prozess dauerte in den Studien median 29 Tage. In der Zwischenzeit kann der Patient eine sogenannte Bridging-Therapie, etwa mit einem Corticosteroid, einem Proteasominhibitor oder Cyclophosphamid zur Senkung der Tumorlast erhalten. Erst wenn die Verfügbarkeit von Carvykti gesichert ist, darf die Vorbehandlung zur Leukozytendepletion beginnen, die aus 300 mg/m² Cyclophosphamid und 30 mg/m² Fludarabin täglich über drei Tage besteht. Fünf bis sieben Tage nach dem Beginn dieser Vorbehandlung wird Carvykti gegeben. 30 bis 60 Minuten vor der Infusion der CAR-T-Zellen erhält der Patient als Prämedikation 650 bis 1000 mg Paracetamol und 25 bis 50 mg Diphenhydramin oder ein anderes Antihistaminikum. Corticosteroide sollen dagegen nicht prophylaktisch verabreicht werden. Während und nach der Infusion muss der Patient mindestens 14 Tage lang stationär und im Anschluss noch weitere zwei Wochen regelmäßig überwacht werden. In dem Betreuungszentrum müssen Tocilizumab oder eine geeignete Alternative sowie eine Notfallausrüstung vorhanden sein.
Klinisch relevante aktive Infektionen oder entzündliche Erkrankungen können einen Aufschub der Infusion notwendig machen; bereits vor der Leukapherese muss ein Screening auf HIV-, HBV- und HCV-Infektion erfolgen. Bei schweren Toxizitäten durch die Vorbehandlung oder aktiver Graft-versus-Host-Erkrankung muss die Infusion ebenfalls aufgeschoben werden.
Zu den häufigsten Nebenwirkungen von Carvykti zählen Neutropenie (94 Prozent der Behandelten), Zytokin-Freisetzungssyndrom (89 Prozent, gegebenenfalls mit Tocilizumab behandeln) und Fieber (89 Prozent). Schwerwiegende Nebenwirkungen traten bei 45 Prozent der Patienten auf, und zwar am häufigsten ein Zytokin-Freisetzungssyndrom (17 Prozent), Sepsis (6 Prozent) sowie ein Immuneffektorzell-assoziiertes Neurotoxizitätssyndrom (ICANS), Enzephalopathie und Neutropenie (jeweils 5 Prozent).
Patienten sind insbesondere für mögliche neurologische Ereignisse im Anschluss an die Therapie zu sensibilisieren und darauf hinzuweisen, dass sie in den ersten acht Wochen und beim Auftreten solcher Ereignisse weder Autofahren noch gefährliche Maschinen bedienen dürfen.
Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.
Die Wirksamkeit von Carvykti wurde in der offenen Phase Ib/II-Studie MMY2001 gezeigt. Teilnehmer waren 113 Multiple-Myelom-Patienten mit den Charakteristika bezüglich Vortherapien, die der Indikation entsprechen. Ausschlusskriterien waren unter anderem eine ZNS-Beteiligung der Erkrankung und eine Vortherapie mit einem anderen BCMA-spezifischen Arzneistoff.
Von den 113 Teilnehmern konnten schließlich 97 die Carvykti-Infusion tatsächlich erhalten. Von diesen sprachen 95 auf die Therapie an (Gesamtansprechrate 97,9 Prozent). Bei 78 Patienten (80,4 Prozent) handelte es sich um ein stringentes komplettes Ansprechen, bei 14 Patienten (14,4 Prozent) um ein sehr gutes partielles Ansprechen und bei drei Patienten (3,1 Prozent) um ein partielles Ansprechen.
Bislang gab es zwei BCMA-gerichtete Therapeutika auf dem Markt: das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Belantamab-Mafodotin (Blenrep®) und das CAR-T-Zelltherapeutikum Idecabtagen Vicleucel (Abecma®).
Carvykti muss in der Dampfphase von flüssigem Stickstoff (≤ -120 °C) gelagert und transportiert werden. Es muss eingefroren bleiben, bis der Patient für die Behandlung bereit ist, um sicherzustellen, dass lebensfähige Zellen für die Behandlung des Patienten zur Verfügung stehen. Das aufgetaute Arzneimittel darf nicht geschüttelt, erneut eingefroren oder gekühlt werden. Der Infusionsbeutel muss in der Kryokassette aus Aluminium gelagert werden.
Carvykti ist verschreibungspflichtig.
Europäischer öffentlicher Beurteilungsbericht (EPAR):
https://www.ema.europa.eu/en/documents/overview/carvykti-epar-medicine-overview_de.pdf
Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels:
https://www.ema.europa.eu/en/documents/product-information/carvykti-epar-product-information_de.pdf
Vor Beginn der Therapie mit Carvykti muss eine Schwangerschaft sicher ausgeschlossen werden. Empfehlungen zur Dauer der Empfängnisverhütung nach Abschluss der Therapie können derzeit nicht gegeben werden. Männliche Patienten sollten bis zu einem Jahr nach Abschluss der Therapie kein Kind zeugen.
Eine Anwendung von Carvykti während der Schwangerschaft oder bei Frauen, die nicht sicher verhüten, wird nicht empfohlen. Stillende Frauen sollen auf das mögliche Risiko für den gestillten Säugling hingewiesen werden.
Analogpräparat
Letzte Aktualisierung: 28.02.2023