Mesenchymale Stromazellen|Obnitix®|42|2019 |
Medac
Beutel mit 30 Millionen ex vivo kultivierten, kryokonservierten adulten humanen allogenen mesenchymalen Stromazellen
Beutel mit 60 Millionen ex vivo kultivierten, kryokonservierten adulten humanen allogenen mesenchymalen Stromazellen
Beutel mit 90 Millionen ex vivo kultivierten, kryokonservierten adulten humanen allogenen mesenchymalen Stromazellen
Obnitix wird bei Patienten nach einer allogenen Stammzelltransplantation zusätzlich zur konventionellen immunsuppressiven Therapie bei steroidrefraktärer, akuter Graft-versus-Host-Disease (GvHD) angewendet. Bei einer GvHD erkennen die Immunzellen des Spenders die Körperzellen des Empfängers als fremd und greifen diese an. Die Wahrscheinlichkeit für eine solche Abstoßungsreaktion liegt bei verwandten Spendern mit identischen HLA bei 30 bis 50 Prozent, bei nicht verwandten Spendern beträgt sie sogar 50 bis 70 Prozent.
Die mesenchymalen Stromazellen (MSC) stammen von mindestens acht gesunden Knochenmarkspendern, deren Leukozyten-Oberflächenmerkmale (HLA) nicht mit denen des Patienten übereinstimmen müssen. Bei GvH-Reaktionen wirken sie immunmodulierend, indem sie die T-Zellen des Spenders hemmen. Darüber hinaus drosseln MSC die Freisetzung inflammatorischer Zytokine wie Interferon-γ und TNF-α. Ein Hauptwirkmechanismus von MSCs ist außerdem über Prostaglandin E2 vermittelt.
Bei Obnitix handelt sich um Beutel mit ex vivo kultivierten, kryokonservierten adulten humanen allogenen mesenchymalen Stromazellen, die unmittelbar vor der Anwendung aufgetaut und dann dem Patienten per intravenöse Kurzinfusion verabreicht werden.
Obnitix wird abhängig vom Körpergewicht des Patienten mit 1 bis 2 x 106 Zellen pro kg Körpergewicht dosiert. Kinder ab zwei Jahren und Erwachsene erhalten vier Einzeldosen im Abstand von jeweils sieben Tagen. Während der Infusion und für mindestens zwei Stunden danach müssen die Vitalparameter des Patienten überwacht werden. Eine Prämedikation mit Dimetinden, Prednisolon, Paracetamol und Dihydrocodein ist zu erwägen.
Weil bei einer aktiven Leukämie ein funktionierendes Immunsystem wichtig ist, um die Erkrankung zu kontrollieren, könnte sich die Gabe von MSC ungünstig auswirken. Obnitix soll deshalb bei Patienten mit aktiver Leukämie nicht angewendet werden. Bei Patienten mit soliden Tumoren liegen keine Erfahrungen mit Obnitix vor; präklinische Studien mit anderen MSC-Präparaten haben aber gezeigt, dass diese teilweise eine Metastasierung begünstigen. Eine Behandlung von Patienten mit soliden Tumoren mit Obnitix ist deshalb gründlich abzuwägen.
Ein Hauptwirkmechanismus von MSCs ist über Prostaglandin E2 vermittelt und mit Indometacin inhibierbar. Eine Wechselwirkung ist daher für alle Wirkstoffe anzunehmen, die in den Arachidonsäure-Metabolismus eingreifen. Entsprechende Arzneimittel sind daher einen Tag vor bis eine Woche nach Gabe von Obnitix möglichst zu vermeiden.
In Fallserien zu Obnitix wurden Nebenwirkungen bislang nur in zwei Fällen beobachtet, nämlich einmal Kopfschmerzen und einmal Übelkeit. Beide Patienten mit Nebenwirkungen waren Kinder.
Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.
Obnitix wurde aufgrund einer Fallserie von 30 Patienten zugelassen. Insgesamt wurden bislang 51 Kinder und Jugendliche sowie 18 Erwachsene mit dem Präparat behandelt. 20 Prozent der Patienten waren steroidrefraktär, 80 Prozent hatten zusätzlich erfolglos bis zu fünf weitere Therapielinien erhalten und galten als komplett therapieresistent. Insgesamt 96 Prozent der Patienten litten an einer GvHD der Grade III oder IV.
Das prädizierte Ein-Jahres-Überleben für steroidrefraktäre beziehungsweise multiresistente Patienten betrug 67 beziehungsweise 69 Prozent. Die Überlebenswahrscheinlichkeit entspricht laut Fachinformation in etwa der von historischen Kohorten ohne schwere GvHD. Die Rückfallwahrscheinlichkeit war gering, sodass sich kein Hinweis auf eine Erhöhung des Rezidivrisikos durch Obnitix ergab.
Mesenchymale Stromazellen (MSC) wurden bis vor wenigen Jahren noch als mesenchymale Stammzellen bezeichnet. Es handelt sich um Zellen aus dem embryonalen Bindegewebe Mesenchym, die sich auch im Erwachsenenalter noch in verschiedene Zellarten differenzieren können. Da sie sich jedoch, anders als embryonale Stammzellen, nicht selbst erneuern können und weil ihre Differenzierungsfähigkeit begrenzt ist, steht das S in der Abkürzung heute nicht mehr für Stamm- sondern für Stromazellen. MSC haben verschiedene Eigenschaften, die sie für eine medizinische Anwendung interessant machen.
Obnitix ist bis zur Anwendung tiefgekühlt in der Dampfphase über flüssigem Stickstoff (≤ -135 °C) zu transportieren und zu lagern. Beim Anwender muss das Präparat bis unmittelbar vor dem Auftauen und der Anwendung in flüssigem Stickstoff/Dampfphase ebenfalls bei ≤ -135 °C gelagert werden.
Obnitix ist verschreibungspflichtig.
Eine Anwendung von Obnitix bei Schwangeren oder Stillenden wird nicht empfohlen.
Letzte Aktualisierung: 14.01.2020