Alipogentiparvovec|Glybera®|42|2014 |
Chiesi
nicht mehr im Handel
Glybera ist zugelassen zur Behandlung erwachsener Patienten mit familiärer Lipoproteinlipasedefizienz (LPLD), bei denen trotz fettarmer Ernährung schwere oder multiple Pankreatitis-Schübe aufgetreten sind. Die Diagnose muss durch einen Gentest abgesichert sein.
Die Lipoproteinlipasedefizienz wird dadurch korrigiert, dass die Myozyten in die Lage versetzt werden, das Enzym Lipoproteinlipase zu produzieren.
Glybera wird in einer Sitzung mittels mehrerer intramuskulärer Injektionen in die Beine verabreicht. Das Injektionsvolumen und die Anzahl der Spritzen hängen vom Gewicht des Patienten ab. Bei einem Körpergewicht von 50 kg sind zum Beispiel 34 0,5-ml-Spritzen an ebenso vielen Injektionsstellen notwendig. Bei einem Körpergewicht von 80 kg sind es sogar 54 0,5-ml-Spritzen an 54 Stellen. Aufgrund der erforderlichen Anzahl von Injektionen wird eine Spinal- oder Regionalanästhesie vor der intramuskulären Anwendung empfohlen. Bei Kontraindikationen für ein solches Verfahren wird stattdessen eine tiefe Sedierung empfohlen. Drei Tage lang vor der Behandlung und zwölf Wochen lang danach werden die Patienten immunsuppressiv behandelt, um Reaktionen des Immunsystems gegen die Behandlung zu reduzieren. Es werden dazu Ciclosporin und Mycophenolatmofetil empfohlen. Zudem wird dazu geraten, eine halbe Stunde vor der Injektion von Glybera eine intravenöse Gabe von Methylprednisolon vorzunehmen.
Thrombozytenaggregationshemmende oder andere gerinnungshemmende Arzneimittel dürfen nicht zeitgleich mit Glybera angewendet werden.
Die am häufigsten berichtete Nebenwirkung von Alipogentiparvovec sind Schmerzen im Bein, die bei etwa einem Drittel der Patienten auftreten. Auch Kopfschmerz, Müdigkeit, erhöhte Körpertemperatur und blaue Flecken traten sehr häufig auf. Bei einem Patienten wurde sieben Wochen nach der Therapie eine Lungenembolie diagnostiziert. Angesichts der kleinen Patientenpopulation und der kleinen Kohorten sind die erfassten unerwünschten Reaktionen und schwerwiegenden unerwünschten Reaktionen aber als nicht repräsentativ für die Art und Häufigkeit dieser Ereignisse anzusehen.
Alipogentiparvovec ist kontraindiziert bei Patienten mit erhöhter Blutungsneigung und Muskelerkrankungen. Tabu ist das Präparat auch bei Immundefizienz sowie der Einnahme oraler Kontrazeptiva. Auch Thrombozytenaggregationshemmer oder andere gerinnungshemmende Arzneimittel dürfen nicht gleichzeitig mit Glybera angewendet werden. Ihre Anwendung muss spätestens eine Woche vor den Injektionen beendet werden, und die erneute Gabe darf frühestens einen Tag nach den Injektionen wieder beginnen.
Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.
Glybera wurde an 27 Patienten mit Lipoprotein-Lipase-Defizienz, die eine fettarme Diät einhielten, untersucht. Hauptindikatoren für die Wirksamkeit waren die Reduktion der Blutfettwerte nach Mahlzeiten sowie der Rückgang der Anzahl an Pankreatitis-Schüben. Die Daten zeigten bei einigen Patienten eine Reduzierung der Blutfettwerte nach Mahlzeiten. Einige Patienten erlitten auch seltener Pankreatitis-Schübe und mussten seltener ins Krankenhaus aufgenommen und auf Intensivstationen behandelt werden. So wurde in einer Verlaufsuntersuchung im Anschluss an die Behandlung bei den zwölf Patienten, bei denen im Verlauf des Lebens multiple Pankreatitis-Schübe aufgetreten waren, ein abnehmender Trend hinsichtlich Inzidenz und Schwere der Pankreatitiden festgestellt.
Bei der seltenen Erkrankung Lipoprotein-Lipase-Defizienz liegt ein Defekt im Gen für das Enzym Lipoprotein-Lipase vor, welches für den Metabolismus von Lipoproteinen nach der Fettaufnahme mit der Nahrung wichtig ist. Die Patienten müssen sich streng fettarm ernähren und neigen zu wiederholten Pankreatitis-Schüben, was eine schwere und lebensbedrohliche Komplikation darstellt.
Glybera besteht aus der humanen Lipoprotein-Lipase-Genvariante in einem viralen Vektor. Mit dessen Hilfe lassen sich die Gene nach der Injektion in die Muskelzellen transportieren. Der Vektor umfasst eine Proteinhülle, die vom Adeno-assoziierten Virus Serotyp 1 (AAV1) abgeleitet ist, den Cytomegalievirus (CMV)-Promotor, ein Woodchuck Hepatitis-Virus posttranskriptionales regulatorisches Element und AAV2-abgeleitete endständige invertierte repetitive Sequenzen (inverted terminal repeats (ITR). Alipogentiparvovec wird in Insektenzellen durch Anwendung rekombinanter Baculovirus-Technik hergestellt.
Die Durchstechflaschen müssen tiefgekühlt bei -25 bis -15 °C gelagert werden. Einmal aufgetaut, muss das Arzneimittel sofort verwendet werden. Im Kühlschrank bei 2–8 °C und vor Licht geschützt kann es maximal acht Stunden aufbewahrt werden.
Glybera ist verschreibungspflichtig.
Entsprechend der Leitlinien für Immunsuppressiva müssen gebärfähige Frauen mindestens 12 Monate lang ab Beginn der Therapie (9 Monate nach Beendigung der Anwendung von Immunsuppressiva) eine Barrieremethode zur zuverlässigen Schwangerschaftsverhütung anwenden. Daher wird empfohlen, mindestens 12 Monate nach der Anwendung von Glybera eine Barrieremethode zur Schwangerschaftsverhütung anzuwenden.Die Anwendung eines oralen Kontrazeptivums ist bei LPLD-Patientinnen kontraindiziert, da dies die zugrundeliegende Erkrankung verschlimmern kann. Männlichen Patienten, einschließlich vasektomierten Männern, ist anzuraten, mindestens 12 Monate nach der Gabe von Glybera eine Barrieremethode zur Schwangerschaftsverhütung anzuwenden.
Die Erfahrungen mit der Anwendung von Glybera bei Schwangeren sind sehr begrenzt. Glybera darf daher während der Schwangerschaft nicht angewendet werden, es sei denn, der mögliche Nutzen für die Frau überwiegt die möglichen Risiken für das ungeborene Kind. Tierexperimentelle Studien haben keine gesundheitsschädlichen Wirkungen in Bezug auf die Schwangerschaft oder embryonale/fetale Entwicklung durch Glybera gezeigt. Es ist nicht bekannt, ob Glybera in die Muttermilch übergeht. Glybera darf bei stillenden Frauen nicht angewendet werden.
Letzte Aktualisierung: 14.01.2020