Therapieziele im Wandel |
Bauchschmerzen und krampfartige Schmerzen vor dem Stuhlgang sowie blutig-schleimige Durchfälle plagen Patienten mit Colitis ulcerosa. / Foto: Adobe Stock/jcsmilly
In Deutschland leiden mehr als 400.000, vor allem jüngere Menschen an einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung (CED). Prävalenz und Inzidenz nehmen weiter zu. 2021 erfolgte erneut eine systematische Literaturrecherche für die S3-Living Guideline Colitis ulcerosa (CU) der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS). Wie es der Name sagt, »lebt« diese Leitlinie und wird laufend fortgeschrieben.
Mittlerweile stellt sich bei der Behandlung der CU nicht nur die Frage, welches Biologikum und welcher JAK-Inhibitor bei einer kompliziert verlaufenden CU eingesetzt werden sollen, sondern auch, wo die Substanzen im Therapiealgorithmus positioniert werden. Alle Therapien zielten bislang darauf ab, die Symptome zu kontrollieren. Neben Aminosalicylaten, Corticosteroiden, Immunmodulatoren und Biologika zählt hierzu auch die chirurgische Resektion. Allerdings sprechen mittlerweile fast alle Patienten auf die neuen therapeutischen Strategien an. Vielfältige innovative Optionen sind in klinischen Studien und teilweise noch in experimentellen Phasen. Darüber hinaus verbessert die Patientenaufklärung die Wirksamkeit einer Colitis-Behandlung.
Jüngste Fortschritte bei der CU-Behandlung haben zu einem Paradigmenwechsel bei den Behandlungszielen geführt: Nicht nur der beschwerdefreie Alltag, sondern auch die mukosale Heilung werden als therapeutisches Ziel erfasst.
Die Inzidenz von CED nimmt international zu, insbesondere in Ländern mit historisch niedrigen Raten. In Deutschland liegt sie bei etwa 6/100.000 pro Jahr; 2016 wurden 20.170 CU-Patienten verzeichnet. Diese Zahlen steigen weiter an.
Der Erkrankungsgipfel liegt zwischen 25 und 35 Jahren sowie bei den 70- bis 80-Jährigen. Geschwister von CU-Patienten haben ein circa 15-fach höheres Erkrankungsrisiko als die Normalbevölkerung. Neben der genetischen Prädisposition sind noch nicht genau identifizierte Umweltfaktoren, zum Beispiel Mikrobiom, verbesserte Hygiene, zunehmende Industrialisierung sowie Ernährung pathogenetisch von Bedeutung.
In einer systematischen Analyse des Langzeitoutcomes aus 17 populationsbasierten Kohorten mit mehr als 15.000 CU-Patienten wurde im Zehn-Jahres-Follow-up ein kumulatives Rezidivrisiko von 70 bis 80 Prozent, ein Hospitalisierungsrisiko von 39 bis 66 Prozent und ein Kolektomierisiko von 10 bis 15 Prozent erfasst (Fumery 2018).