So »göttlich« wie ihr Name? |
Tofacitinib, das Urgestein der antiinflammatorisch wirksamen JAK-Inhibitoren, erhielt als erstes Jakinib bereits 2012 in den USA eine Zulassung zur Therapie der RA. Die EMA lehnte eine Zulassung 2013 aufgrund einer ungünstigen Nutzen-Risiko-Analyse bezüglich kardiovaskulärer Effekte des Wirkstoffs vorerst ab und verwies auf Alternativen im Therapiespektrum. 2017 erfolgte dann doch die Zulassung zur Therapie Erwachsener mit RA oder Psoriasis-Arthritis in Kombination mit MTX für solche Patienten, die auf eine verlaufsmodifizierende Therapie nicht ausreichend ansprechen oder diese nicht vertragen (3,0 Millionen DDD in Deutschland 2020, stagnierend).
Neben den 5-mg- und 10-mg-Filmtabletten existieren auch pharmakokinetisch äquivalente 11-mg-Retardtabletten, wobei 10 mg/11 mg der Tagesdosis entsprechen. Der Wirkstoff liegt als gut wasserlösliches Citratsalz in den Arzneiformen vor.
Im Sommer 2018 folgte die Zulassung zur Behandlung von Patienten mit Colitis ulcerosa, wenn diese nicht ausreichend auf Biologika ansprechen, und 2021 eine Erweiterung zur Therapie der ankylosierenden Spondylitis (AS, Morbus Bechterew). Zusätzlich kann Tofacitinib bei Kindern ab zwei Jahren mit einer juvenilen idiopathischen Arthritis (JIA) oder Psoriasis-Arthritis als Lösung zum Einnehmen angewendet werden (Tabelle).
Für Erwachsene mit ausgeprägter atopischer Dermatitis sind mehrere JAK-Inhibitoren, darunter Baricitinib und Abrocitinib, zugelassen. / Foto: Adobe Stock/Georg
Tofacitinib ist ein Hemmstoff von JAK1, JAK2 und JAK3 und hemmt damit ein breitgefächertes Spektrum an Zytokinrezeptoren. Auch dieser Wirkstoff weist als Pyrrolopyrimidin Analogien zum ATP auf.
Anders als bei Baricitinib ergeben sich bei Tofacitinib verschiedene Arzneimittelinteraktionen, da Tofacitinib hauptsächlich von CYP3A4 und im geringeren Ausmaß von CYP2C19 metabolisiert wird. Wechselwirkungen mit entsprechenden Induktoren oder Inhibitoren dieser Subenzyme sind zu beachten.
Auch bei Tofacitinib ist durch die immunmodulierende Aktivität eine erhöhte Infektanfälligkeit insbesondere der oberen Atemwege zu berücksichtigen. Kopfschmerzen, Bluthochdruck, Übelkeit und Erbrechen werden als weitere UAW gelistet.
Tofacitinib birgt ein Risiko für kardiovaskuläre und thromboembolische Ereignisse. Daher wurden seit Zulassung des Wirkstoffs Anwendungsbeschränkungen erlassen. In einem Rote-Hand-Brief im März 2020 (4) wurde die Dosierung zur Vermeidung kardiovaskulärer Risiken auf zweimal 5 mg täglich limitiert. Ein weiterer Rote-Hand-Brief von Juni 2021 verweist auf eine erhöhte Inzidenz von Myokardinfarkten unter Tofacitinib im Vergleich zu TNF-α-Inhibitoren für ältere Patienten (5). Somit soll Tofacitinib nur noch dann bei Patienten über 65 Jahren oder bei Patienten ab 50 Jahren, die gegenwärtig rauchen oder früher geraucht haben und andere kardiovaskuläre Risikofaktoren oder Risikofaktoren für maligne Erkrankungen aufweisen, eingesetzt werden, wenn keine Alternativen zur Verfügung stehen.
Tofacitinib erhöht das Risiko für das Auftreten kardiovaskulärer Erkrankungen / Foto: Adobe Stock/motortion
Tofacitinib erhöht das Risiko für das Auftreten kardiovaskulärer Erkrankungen, woraus Einschränkungen der Therapie in Hinsicht auf Alter sowie Vorerkrankungen der Patienten resultierten.
Eine multizentrische Überwachungsstudie (ORAL: Oral Rheumatoid Arthritis Trial) mit circa 4400 RA-Patienten lieferte weiterhin Beweise dafür, dass bei vergleichbarer Wirksamkeit zu TNF-α-Antagonisten (Adalimumab, Etanercept) das Risikopotenzial für kardiovaskuläre Komplikationen und venöse Thromboembolien unter Tofacitinib erhöht war, was die Mortalitätsrate beeinflusste. Auch andere unerwünschte Ereignisse, zum Beispiel opportunistische Infektionen oder das Auftreten von hellem Hautkrebs, waren vergleichsweise häufiger. Ähnliche Hinweise existieren für Baricitinib, basieren aber nicht auf umfangreichen Studien.
Auf Basis dieser Erkenntnisse hat die EMA zu Beginn des Jahres 2022 eine Sicherheitsüberprüfung der antiinflammatorisch wirksamen Jakinibe begonnen, um herauszufinden, inwieweit es sich um einen Gruppeneffekt resultierend aus dem Wirkmechanismus handelt. Das für die Sicherheitsüberprüfungen verantwortliche Pharmacovigilance Risk Assessment Committee (Pharmakovigilanz-Ausschuss, PRAC) empfahl im Oktober 2022, diese Substanzen bei Patienten ab 65 Jahren, bei Patienten mit einem erhöhten Risiko für schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse, bei Rauchern oder bei Personen, die lange geraucht haben, und bei Patienten mit erhöhtem Krebsrisiko nur dann einzusetzen, wenn keine Therapiealternativen verfügbar sind. Bei Patienten mit anderen Risikofaktoren für die Bildung von Blutgerinnseln in der Lunge oder in tiefen Venen (VTE) soll die Anwendung mit Vorsicht erfolgen. Bei einem möglichen Risiko für VTE oder schweren kardiovaskulären Problemen soll die Dosierung der JAK-Hemmer gesenkt werden.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.