Was im Alter zu beachten ist |
Der HbA1c-Wert ist eine wichtige Größe zur Definition eines Therapieziels bei Diabetes. Im Alter hat das Erreichen möglichst niedriger HbA1c-Werte jedoch nicht mehr die höchste Priorität. Im Gegensatz zu jüngeren Menschen mit hoher Lebenserwartung birgt eine schärfere Einstellung der Therapie mit Insulin beim alten Menschen zum Beispiel ein höheres Risiko für Hypoglykämien und Stürze.
Die Nationale Versorgungsleitlinie empfiehlt sogenannte Zielkorridore von HbA1c-Werten nach dem Grad der Funktionalität und unter Vermeidung von Hypoglykämien. So wird beispielsweise bei einem alten Menschen, der als funktionell stark abhängig eingestuft wird, ein Zielwert unter 8,5 Prozent definiert (Tabelle 1). Dies wäre für junge Patienten aufgrund der Entwicklung von Folgeschäden viel zu hoch.
Nicht nur bei kurzer Lebenserwartung, sondern auch bei Komorbidität, Polymedikation, hohem Risiko für Hypoglykämien und Nebenwirkungen oder starker Belastung durch die Therapie wird man eher einen höheren HbA1c-Zielwert akzeptieren. Dies gilt ebenso bei geringen Ressourcen und wenig Unterstützung des Seniors, stark eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten und langer Diabetesdauer.
Apothekenteams sollten diese Empfehlungen kennen, um Patienten oder Angehörige bei der Bewertung von Laborwerten nicht mit fehlerhaften Therapiezielen zu irritieren.
Da viele betagte Menschen ein metabolisches Syndrom haben, also zusätzlich zum Diabetes unter Hypertonie, Adipositas und Hypercholesterolämie leiden, müssen auch diese Erkrankungen behandelt und kontrolliert werden. So rät die European Society of Cardiology, den systolischen Blutdruck bei Patienten zwischen 60 und 80 Jahren unter 140 mmHg und bei Über-80-Jährigen unter 150 mmHg zu senken. Menschen mit einem sehr hohen kardiovaskulären Risiko sollten bei einer Dyslipidämie auf LDL-Werte unter 55 mg/dl eingestellt werden. Alternativ sollte eine LDL-Cholesterol-Reduktion um mindestens 50 Prozent angestrebt werden.
In jedem Lebensalter bilden Bewegung, Ernährung und Lebensstiländerungen die Grundlage der antidiabetischen Therapie. Aufgrund von Gebrechlichkeit, Fehlernährung, Immobilität und Pflegebedürftigkeit sind die nichtmedikamentösen Maßnahmen bei Senioren jedoch sehr oft limitiert.
Die Bewegung sollte an die Möglichkeiten des Patienten angepasst sein. Gehhilfen wie Rollator und Stock unterstützen die eigenständige Bewegung. Günstig wirkt sich ein gemäßigtes Kraft- und Ausdauertraining aus, dies bieten Fitnessstudios für ältere Menschen angeleitet an. Weitere Möglichkeiten: täglich 20 Minuten mit dem Rollator spazieren gehen oder 15 Minuten auf einem Ergometer trainieren.
Hier kommen einige Risikofaktoren zusammen. Umso wichtiger ist eine gute pharmazeutische Betreuung. / Foto: Getty Images/Jakovo
Das Sturzrisiko sollte in diesem Zusammenhang bei geriatrischen Menschen überprüft werden. Ältere Menschen mit Diabetes sollten auf häusliche Stolperfallen in Form von Teppichen, Türschwellen und Stufen aufmerksam gemacht werden. Bei Polymedikation sollten Apotheker auch an andere Arzneistoffe denken, die die Sturzneigung erhöhen können, zum Beispiel Antihypertonika, Antipsychotika oder Hypnotika.
Wenn alte Menschen sich noch selbst versorgen, ist eine optimale Nährstoffzufuhr nicht immer gewährleistet. Viele alte Menschen ernähren sich einseitig mit Schwerpunkt auf der Zufuhr von Kohlenhydraten, während vor allem die Aufnahme von Proteinen zur Erhaltung der Muskeln wichtig ist. Dazu kommt häufig ein Mikronährstoffmangel.
Eine Ernährungsberatung sollte auf eine ausgewogene Vollkost abzielen. Bei der Auswahl von Fertigprodukten sollte auf die Zusammensetzung und Energiebilanz geachtet werden. Strenge Diätvorschriften begünstigen eine Mangelernährung mit Gewichtsabnahme und sind daher bei alten Menschen zu vermeiden.
Bei untergewichtigen Personen sollten die Ursachen geklärt werden, um die Situation des Patienten zu verbessern. Die Gründe für Gewichtsabnahme sind vielschichtig: Schluckprobleme, Appetitlosigkeit, ein schlechtsitzender Zahnersatz, gastrointestinale Probleme durch Polymedikation, chronische Erkrankungen, mangelnde Fähigkeit der eigenen Versorgung, Schmerzen und Einsamkeit sind einige Beispiele. Mit hochkalorischer Nahrung lässt sich möglicherweise gegensteuern.