Noch ein JAK-Hemmer für Rheuma-Patienten |
Brigitte M. Gensthaler |
30.09.2020 16:30 Uhr |
Ständige Schmerzen machen fertig. Daher ist es wichtig, dass die Rheumamedikation neben der Entzündungshemmung auch Schmerzen, Fatigue und Lebensqualität bessert. / Foto: iStock/Squaredpixels
Laut Zulassung ist der neue JAK-Inhibitor kein Erstlinienmedikament. Denn das Medikament Jyseleca® 100 mg- und 200 mg-Tabletten von Gilead darf nur angewendet werden bei Erwachsenen mit rheumatoider Arthritis (RA), die auf ein oder mehrere krankheitsmodifizierende Antirheumatika (DMARD) unzureichend angesprochen oder diese nicht vertragen haben. Die empfohlene Dosis beträgt einmal täglich 200 mg oral mit oder unabhängig von einer Mahlzeit. Patienten über 75 Jahren oder mit mittelschwerer oder schwerer Nierenfunktionsstörung sollten die Dosis halbieren.
Anders als die bereits verfügbaren JAK-Hemmer Ruxolitinib (Jakavi®), Tofacitinib (Xeljanz®), Baricitinib (Olumiant®) und das erst seit Frühjahr 2020 erhältliche Upadacitinib (Rinvoq®) hemmt Filgotinib recht spezifisch die JAK1-Kinase, die wichtig ist für die Signalübertragung inflammatorischer Zytokine. Zur Erinnerung: JAK sind intrazelluläre Enzyme, die Signale von Zytokinen und Wachstumsfaktoren von der Zelloberfläche ins Zellinnere weiterleiten und letztlich eine komplexe Signalkaskade in Gang setzen, die zur Bildung und Freisetzung proinflammatorischer Zytokine führt. Außer Ruxolitinib sind alle JAK-Hemmer zugelassen bei vorbehandelten RA-Patienten und werden peroral als Monotherapie eingesetzt oder mit Methotrexat (MTX) kombiniert.
»Filgotinib bewirkt als Monotherapie und in Kombination mit MTX ein schnelles und gutes Ansprechen, unabhängig von Zahl und Art der Vorbehandlung mit konventionellen DMARD oder Biologika«, berichtete der Münchner Rheumatologe Professor Dr. Klaus Krüger bei der Einführungspressekonferenz von Gilead. Die Ergebnisse des FINCH-Studienprogramms zeigten, dass die präferenzielle JAK-1-Inhibition für eine optimale Wirkung ausreiche. Da JAK-Inhibitoren meist auch als Monotherapie ausreichend effektiv seien, versuche man in der Regel, das oft schlecht verträgliche MTX auszuschleichen.
In drei FINCH-Phase-III-Studien wurden knapp 3500 RA-Patienten untersucht, die entweder unzureichend auf MTX oder auf Biologika angesprochen hatten oder MTX-naiv waren. Getestet wurden – je nach Studienprotokoll – Dosierungen von 100 und 200 mg Filgotinib gegenüber Adalimumab und Placebo, meist plus MTX oder andere konventionelle synthetische DMARD. Unter dem neuen Medikament wurden bereits in Woche 2 höhere ACR20-Ansprechraten (ACR: Kriterien des American College of Rheumatology) im Vergleich zu Placebo oder MTX erreicht und das Ansprechen blieb bis Woche 52 erhalten.
Bei den strengeren ACR-50- und -70-Kriterien hätten alle Verumarme bessere Ergebnisse als Placebo erreicht, berichtete der Arzt. Höhere Filgotinib-Dosis hätten bessere Remissionsraten als niedrigere erzielt. »Filgotinib 200 mg hemmt effektiv die radiologische Progression und verbessert die Parameter Schmerz und Fatigue sowie den Funktionsstatus«, resümierte der Rheumatologe.
Das Sicherheitsprofil bezeichnete er als günstig. Die Rate an schweren Infektionen, Herpes-zoster-Erkrankungen und venösen Thromboembolien sei relativ niedrig und liege auf ähnlichem Niveau wie bei Adalimumab. In Studien habe es keine Hinweise auf ein erhöhtes Risiko für kardiale und thromboembolische Ereignisse oder ein gesteigertes Malignomrisiko gegeben.
Filgotinib könnte aufgrund seines Wirkmechanismus – wie andere JAK-Inhibitoren – auch bei anderen entzündlichen Erkrankungen wie Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, Psoriasis-Arthritis und einer Entzündung der Augenhaut (Uveitis) infrage kommen und wird in Studien entsprechend geprüft. Tofacitinib ist bei Psoriasis-Arthritis und Colitis ulcerosa schon zugelassen.