Lästig, quälend oder alarmierend |
Die postzosterische Neuralgie kann infolge einer Gürtelrose, ausgelöst durch das Varizella-Zoster-Virus, auftreten. Nach der Primärinfektion (Windpocken) verbleibt das Virus in den Ganglien des Rückenmarks und der Hirnnerven und kann bei entsprechender Disposition, zum Beispiel eingeschränktem Immunsystem, höherem Alter oder Stress, reaktiviert werden. Es kommt zur Entzündung des Nervengewebes mit struktureller und biochemischer Veränderung. Die Patienten leiden an starken Schmerzen und Brennen in den vom infizierten Nervenstrang versorgten Hautgebieten, auf denen sich zumeist auch Bläschen zeigen. Man spricht von Zoster-assoziierten Schmerzen.
Das Apothekenteam sollte den Patienten vermitteln, dass die Schmerzen rechtzeitig und ausreichend behandelt werden, da sonst das Risiko für irreversible Nervenveränderungen steigt. Treten Schmerzen länger als drei Monate nach Abheilung der betroffenen Hautstellen auf, spricht man von einer postzosterischen Neuralgie (PZN), heißt es in der S2k-Leitlinie »Diagnostik und Therapie des Zoster und der Postzosterneuralgie« (Stand 2019).
Die Behandlung einer Zosterinfektion erfolgt laut Leitlinie mit den Virustatika Aciclovir, Valaciclovir, Famciclovir, Brivudin oral oder auch Aciclovir intravenös. In der Apotheke ist darauf hinzuweisen, dass die gleichzeitige Anwendung des Zytostatikums 5-Fluorouracil und des Antimykotikums Flucytosin mit Brivudin kontraindiziert ist; so wird Fluorouracil auch als Warzentherapeutikum verwendet. Begleitende nozizeptive Schmerzen werden entsprechend ihrer Stärke nach dem Stufenschema der WHO mit NSAR oder Opioiden behandelt. Die Therapie von neuropathischen Schmerzen folgt den Empfehlungen der DGN-Leitlinie.
Unter Phantomschmerzen versteht man Schmerzen in Gliedmaßen, die nicht mehr vorhanden sind. Diese Missempfindungen können auch nach einer Brustamputation, Zahnextraktion (Phantomzahnschmerz) oder nach der Exstirpation eines Auges (Phantomaugen-Syndrom) auftreten. Die Patienten beschreiben sie als brennend schmerzhaft, juckend oder kribbelnd. Stress, Angst oder Wetterveränderungen verschlechtern die variierenden Beschwerden. Je länger die Amputation zurückliegt, desto mehr lassen die Missempfindungen nach.
Beim Spiegeltraining bewegt der Patient die noch vorhandene Gliedmaße, hier den rechten Arm und die Hand. Durch den Spiegel nimmt das Gehirn die amputierte Seite wahr. / Foto: Adobe Stock/Köpenicker
Erklärt wird der Phantomschmerz durch die Umorganisation von Arealen im sensomotorischen Kortex der Gehirnrinde, in denen Berührungs- und Schmerzreize verarbeitet werden. Der Bereich, der normalerweise die Reize aus den amputierten Gliedmaßen erhält, bleibt zunächst ohne Zustrom; durch die Umorganisation sind jedoch Impulse aus Nachbarregionen nachweisbar. So kann es sein, dass der Patient ohne oder mit Berührung eines anderen Körperteils Schmerzen in den amputierten Gliedmaßen empfindet.
Zur Therapie werden Medikamente wie zur Behandlung neuropathischer Schmerzen eingesetzt. Früher übliche Verfahren, den Schmerz durch weitere Amputationen auszuschalten, waren wenig erfolgreich und erwiesen sich nach dem Erklärungsmodell der Umstrukturierung im Gehirn als ungeeignet. Heute versucht man, die zentrale Umorganisation wieder rückgängig zu machen. Das Tragen einer myoelektrischen Prothese reaktiviert die veränderte Hirnregion. Beim Spiegeltraining bewegt der Patient die noch vorhandene Gliedmaße, zum Beispiel den Arm. Durch den Spiegel »sieht« das Gehirn zusätzlich den amputierten Arm.