FDA nimmt Warnung vor Amputationen zurück |
Annette Rößler |
27.08.2020 17:57 Uhr |
Alle Diabetiker sollten regelmäßig zur Fußpflege beziehungsweise selbst ihre Füße kontrollieren. Unter SGLT-2-Hemmern gilt das ganz besonders. / Foto: Adobe Stock/didesign
Neue Daten aus drei klinischen Studien hätten gezeigt, dass das Risiko für Zehenamputationen unter der Einnahme von Canagliflozin zwar erhöht sei, aber insgesamt niedriger als zuvor angenommen, vor allem wenn die Patienten angemessen überwacht würden, teilt die FDA mit. Daher habe man entschieden, den gesondert hervorgehobenen Hinweis auf diese Nebenwirkung (Boxed Warning) aus den Fach- und Gebrauchsinformationen Canagliflozin-haltiger Präparate zu entfernen.
In den USA betrifft das das Monopräparat Invokana® und das Kombipräparat Invokamet®, in dem Canagliflozin und Metformin enthalten sind. In Deutschland sind diese Präparate nicht mehr im Handel; Hersteller Janssen-Cilag hatte sie 2014 nach einer für ihn enttäuschenden Nutzenbewertung vom Markt genommen.
Seitdem ist einiges passiert, was die Sicht auf die SGLT-2-Hemmer im Allgemeinen und Canagliflozin im Speziellen verändert hat. Negativ für die Wirkstoffgruppe waren Berichte über mögliche Ketoazidosen und ein erhöhtes Amputationsrisiko an den unteren Extremitäten, die 2017 auch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) dazu bewogen, einen entsprechenden Warnhinweis in die Fach- und Gebrauchsinformationen aufzunehmen. Positiv waren hingegen Studienergebnisse aus jüngerer Zeit, die günstige Effekte der Gliflozineauf die Nierenfunktion, bei Herzinsuffizienz und bei erhöhtem Gichtrisiko zeigten. In den USA ist Dapagliflozin seit Mai dieses Jahres sogar zur Behandlung von Patienten mit Herzinsuffizienz zugelassen, ohne dass diese auch Diabetes haben müssen.
Hierbei handelt es sich offenbar um Klasseneffekte der Wirkstoffgruppe. Gerade erst hat die EMPEROR-Reduced-Studie mit Empagliflozin bestätigt, dass auch nicht diabetische Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz von der Einnahme eines SGLT-2-Hemmers profitieren (»New England Journal of Medicine«, DOI: 10.1056/NEJMoa2022190). Bezogen auf Canagliflozin teilt die FDA jetzt mit, dass die neu beobachteten Wirkungen auf das Herz und die Niere einen »signifikant größeren Nutzen« dieses Arzneistoffs bedeuteten. Um das dennoch vorhandene Amputationsrisiko zu senken, sollten Patienten regelmäßig zur Fußpflege gehen und auf neu aufgetretene Schmerzen, Wunden, Ulzera und Infektionen der Beine und Füße überwacht werden.