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Covid-19

Diese Medikamente helfen

Die Coronapandemie hatte die Welt in den Ausnahmezustand versetzt. Neben einer rasanten Impfstoffentwicklung begann die fieberhafte Suche nach wirksamen Medikamenten. Die heute verfügbaren Arzneimittel helfen vor allem Patienten, die ein hohes Risiko für einen schweren Verlauf haben.
Kerstin A. Gräfe
05.03.2025  09:00 Uhr

So rasant wie sich die Coronapandemie 2020 ausbreitete, so schnell begann auch die Suche nach wirksamen Medikamenten. Weltweit wurde damals nach Angaben des US-Biotech-Branchenverbands Bio an mehr als 600 Medikamenten gegen Covid-19 geforscht. Die meisten davon waren ursprünglich gegen andere Krankheiten entwickelt worden. So machten zum Beispiel zu Beginn der Pandemie Wirkstoffe wie Hydroxychloroquin, Ivermectin, Fluvoxamin und Colchicin als potenzielle Hoffnungsträger von sich reden. Sie waren letztlich aber nicht ausreichend gut wirksam.

Dasselbe galt schließlich für mehrere antivirale Antikörper. Dazu zählen zum Beispiel Casirivimab/Imdevimab (Ronapreve®), Regdanvimab (Regkirona®)Sotrovimab (Xevudy®) und Tixagevimab/Cilgavimab (Evusheld®). Für sie konnte zunächst eine gewisse Wirksamkeit gegen SARS-CoV-2 gezeigt werden, das Virus entwickelte jedoch schnell Resistenzen, sodass sie heutzutage keine oder nur noch eine untergeordnete Rolle spielen.

Apothekern dürfte zudem der ursprünglich gegen Grippe entwickelte RNA-Polymerase-Inhibitor Molnupiravir (Lagevrio®) in Erinnerung geblieben sein, der in Deutschland keine reguläre Zulassung hatte. Nach langer Prüfung bescheinigte die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) dem Präparat Anfang 2023 ein negatives Nutzen-Verhältnis.

Aktuell gültige Empfehlungen

Welche Wirkstoffe heutzutage standardmäßig zur Behandlung einer Covid-19-Infektion zum Einsatz kommen, bildet die S3-Leitlinie »Empfehlungen zur Therapie von Patienten mit Covid-19« ab. Die Empfehlungen tragen dem Umstand Rechnung, dass sich mit zunehmender Immunisierung der Bevölkerung das Krankheitsbild von Covid-19 verändert hat. So habe der Anteil schwerer Erkrankungen drastisch abgenommen, heißt es in der Leitlinie. Die Mehrheit der Covid-19-Patienten leide an Symptomen wie Husten, Schnupfen und Halsschmerzen und bedürfe keiner speziellen Therapie.

Die Behandlung fokussiert sich daher auf Patientengruppen, die ein hohes Risiko für einen schweren Verlauf haben. Zu den typischen Risikofaktoren gehören höheres Alter, Immunsuppression, chronische Erkrankungen sowie eine unzureichende Immunität. Explizit genannt werden Patienten nach Organtransplantation, nach Therapie mit Anti-B-Zell-Antikörpern oder CAR-T-Zellen sowie unter starker Immunsuppression.

Antivirale Wirkstoffe in der Frühphase

Prinzipiell verfolgt man bei der medikamentösen Therapie von Covid-19 zwei Ansätze: In der Frühphase kommen antivirale Wirkstoffe zum Einsatz, in der Spätphase liegt der Fokus auf immunmodulatorischen Therapien. So erhalten Hochrisiko-Patienten in der Frühphase entweder Nirmatrelvir/Ritonavir (Paxlovid™) oder Remdesivir (Veklury®). Dabei muss Paxlovid innerhalb der ersten fünf Tage nach Diagnose gegeben werden und Remdesivir innerhalb der ersten sieben Tage.

Vor allem Paxlovid erforderte von Apothekern während der Pandemie einen erhöhten Beratungsbedarf, da nicht zuletzt die farbliche Teilung des Blisters bei den Anwendern zu Irritationen führte. Die gelbe wie auch die blaue Seite enthalten jeweils drei Tabletten: zwei rosafarbene mit je 150 mg Nirmatrelvir (Wirkstoff) und eine weiße mit 100 mg Ritonavir (Booster). Die drei Tabletten entsprechen im Regelfall einer Einzeldosis (300 mg Nirmatrelvir + 100 mg Ritonavir) und sind zusammen einzunehmen. Die Therapiedauer beträgt fünf Tage.

Zudem ist bei Paxlovid wegen der Ritonavir-Komponente ein erhebliches Interaktionspotenzial zu beachten. Denn Ritonavir hemmt über CYP3A4 den Abbau von Nirmatrelvir, zugleich aber auch den von zahlreichen anderen Arzneistoffen.

Der Einsatz von Paxlovid in der Therapie von Covid-19 hielt auch einer Nutzenbewertung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) Stand: Für Erwachsene mit Covid-19, die keine zusätzliche Sauerstoffzufuhr benötigen und bei denen ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf besteht, zeige sich hinsichtlich Gesamtsterblichkeit und schwerem Verlauf ein erheblicher Zusatznutzen.

Das Virostatikum Remdesivir wurde ursprünglich für die Behandlung der Viruserkrankung Ebola entwickelt. Eingesetzt werden darf Veklury bei Erwachsenen und Jugendlichen ab zwölf Jahren, die mindestens 40 kg wiegen. Die Dosierung beträgt 200 mg intravenös an Tag 1 und 100 mg intravenös ab Tag 2. Die Therapiedauer in der Frühphase beträgt drei Tage.

Seit Kurzem gibt es zudem eine Empfehlung für den Einsatz einer antiviralen Kombinationstherapie. Diese gilt für Patienten mit persistierender SARS-CoV-2-Infektion mit oder ohne antivirale Vortherapie und starker Immunsuppression. Die meiste Evidenz aus Beobachtungsstudien liegt für Kombinationen aus Paxlovid oder Veklury mit einer Form der passiven Immunisierung vor. Bei Letzterer bieten sich neutralisierende monoklonale Antikörper (nMAK) an. Ein solcher ist mit Sipavibart zur Präexpositionsprophylaxe von Covid-19 erst kürzlich in Deutschland in den Handel gekommen. Ob er Eingang in die Leitlinie finden wird, bleibt abzuwarten, da seine Wirksamkeit gegen aktuell zirkulierende Virusvarianten fraglich ist.

Immunmodulatoren in der Spätphase

In der Spätphase von schwerem Covid-19 steht pathophysiologisch eine überschießende Immunreaktion im Vordergrund. Zum Einsatz kommen deshalb immunmodulatorische Substanzen. Basis einer Therapie von Patienten mit Covid-19-bedingter Lungenentzündung und dadurch benötigter Sauerstoffbehandlung oder Beatmung bilden Corticosteroide. Die Patienten werden mit Dexamethason (6 mg peroral oder intravenös) über zehn Tage behandelt. Zusätzlich kann die Gabe von Remdesivir über fünf bis zehn Tage erwogen werden.

Auch der ursprünglich aus der Rheumatherapie stammende Interleukin-6-Antagonist Tocilizumab (RoActemra®) kommt in der Spätphase zum Einsatz. Er hatte 2021 eine Zulassungserweiterung zur Behandlung von Erwachsenen mit schwerem Covid-19 erhalten, die eine systemische Behandlung mit Corticosteroiden erhalten und zusätzlich Sauerstoff oder eine mechanische Beatmung benötigen. Von Tocilizumab profitieren vor allem Patienten, bei denen sich ein rasch progredienter Krankheitsverlauf hin zum respiratorischen Versagen abzeichnet.

Zur Standardtherapie hospitalisierter Patienten gehört zudem eine adäquate Thromboseprophylaxe. Sie besteht aus einem niedermolekularen Heparin oder Fondaparinux, sofern keine Kontraindikationen vorliegen. Bei moderater Krankheitsaktivität und erhöhtem Risiko für thromboembolische Ereignisse, aber geringem Blutungsrisiko, kann eine intensivierte Antikoagulation (in einer höheren als der sonst üblichen Dosis) erwogen werden.

Ambulante Patienten ohne Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf benötigen keine medikamentöse Thromboseprophylaxe. Patienten, die immobil sind oder aufgrund ihres hohen Alters oder von Vorerkrankungen ein hohes Risiko für einen schweren Verlauf haben, kann in Einzelfällen niedermolekulares Heparin gegeben werden.

Neue Therapieansätze

Das Therapiespektrum könnte sich zeitnah erweitern: Anfang dieses Jahres wurde der monoklonale Antikörper Vilobelimab (Gohibic™) zugelassen, der spezifisch das Komplementfragment C5a hemmt. Hohe C5a-Konzentrationen können Schädigungen in der Lunge verursachen, was bei Patienten mit schwerem Covid-19 beobachtet wurde. Gohibic wird eingesetzt zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit SARS-CoV-2-induziertem akuten Atemnotsyndrom (ARDS), die systemische Corticosteroide und eine invasive mechanische Beatmung erhalten.

Zudem begutachtet die Emergency Task Force der EMA seit 2022 den Wirkstoffkandidaten Sabizabulin, der in einer Phase-III-Studie die Sterberate bei hospitalisierten schwer erkrankten Covid-19-Patienten halbieren konnte. Der Mitosehemmer wurde ursprünglich gegen sich schnell teilende Krebszellen erforscht, da er ähnlich wie Colchicin an Tubulin bindet. Sabizabulin verhindert dadurch dessen Polymerisation und somit die Bildung der Mikrotubuli.

Die antivirale Wirkung beruht darauf, dass Viren wie SARS-CoV-2 auf den intrazellulären Transport entlang von Mikrotubuli angewiesen sind. Dieser wird durch Sabizabulin gestört und damit ein Effekt auf die Replikation erzielt. Zudem wirkt Sabizabulin antientzündlich, indem es wie Colchicin durch Leukozyten vermittelte Entzündungsaktivitäten moduliert und die Freisetzung von Zytokinen drosselt.

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