Die Leiden der jungen Frau |
Carolin Lang |
12.12.2021 08:00 Uhr |
Es gibt viele Gründe für unerfüllten Kinderwunsch. Mitunter liegen eine Endometriose oder ein polyzystisches Ovarsyndrom zugrunde. Eine sorgfältige Beratung beim Gynäkologen oder im Kinderwunschzentrum kann dies klären. / Foto: Adobe Stock/Kzenon
Es ist eine klassische Situation im Apothekenalltag: Eine junge Frau klagt über Regelschmerzen (Dysmenorrhö) und bittet um ein Schmerzmittel. Das ist zunächst nicht ungewöhnlich, denn die meisten Mädchen und Frauen haben während der Menstruation zeitweise Schmerzen, Unter-20-Jährige meist stärker als ältere Frauen. Die primäre Dysmenorrhö entsteht durch das Zusammenziehen der Gebärmutter, wobei Prostaglandine zur Schmerzentstehung beitragen. Mit einem geeigneten Schmerzmittel oder der Beratung zu nicht medikamentösen Maßnahmen ist der Betroffenen oftmals gut geholfen.
Was aber, wenn mehr dahintersteckt? Schätzungsweise bis zur Hälfte der Frauen mit stark schmerzhaften Regelblutungen leiden an einer Endometriose. Hier liegt den Schmerzen eine organische Pathologie zugrunde, daher ist nun die Rede von sekundärer Dysmenorrhö. Endometriose ist eine der häufigsten Erkrankungen bei Frauen im gebärfähigen Alter; etwa 10 bis 15 Prozent sind betroffen, genaue Angaben fehlen jedoch.
Das Problem: Die Krankheit wird oft erst sehr spät erkannt. In Deutschland vergehen bis zur korrekten Diagnose meist sechs bis zehn Jahre. Das liegt unter anderem daran, dass Frauen und ihr Umfeld mangelnde Kenntnis über die chronische Krankheit haben und starke Menstruationsbeschwerden für normal halten. Eine zunehmende Sensibilisierung sowohl von Frauen als auch dem Gesundheitspersonal könnte helfen, diese Situation zu verbessern. Hier kommt auch pharmazeutisches Personal ins Spiel. Als häufige Anlaufstelle bei Regelschmerzen kann das Apothekenteam Patientinnen aufklären und Rückfragen stellen und sollte bei bestimmten Anzeichen hellhörig werden.
Die Symptomatik der Endometriose ist umfangreich und teilweise sehr unterschiedlich, was die Diagnose erschwert. Die Krankheit kann auch völlig symptomfrei verlaufen. Die Beschwerden sind zunächst meist zyklusabhängig und/oder zunehmend zyklusunabhängig.
Zu den Endometriose-spezifischen Leitsymptomen gehören laut der aktuellen S2k-Leitlinie »Diagnostik und Therapie der Endometriose« (Stand September 2020) Dysmenorrhö, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr (Dyspareunie) und Sterilität. Auch gastrointestinale oder urologische Beschwerden wie eine Störung der Defäkation (Dyschezie) oder eine schmerzhafte oder unangenehme Blasenentleerung (Dysurie) sind charakteristisch, wenn auch seltener. Ferner können unregelmäßige Monatsblutungen, Schmerzen bei gynäkologischen Untersuchungen sowie Rücken- und Flankenschmerzen, Depressionen, Fatigue, Müdigkeit und Erschöpfung sowie Übelkeit, Erbrechen und ein Blähbauch (Endo-Belly) auftreten.
Die heterogene Symptomatik lässt sich teilweise durch die Pathogenese erklären. Bei der Endometriose bildet sich Gewebe, das der Gebärmutterschleimhaut ähnelt, auch außerhalb der Gebärmutterhöhle. Wie das physiologische Endometrium unterliegen auch solche Endometrioseherde den Veränderungen des hormonellen Zyklus. Sie können zyklisch wachsen und bluten, was Verklebungen, Verwachsungen und Entzündungen bedingen kann. Je nach Lokalisation der Herde variiert die Symptomatik. Es werden drei Formen unterschieden (Tabelle 1).
Formen der Endometriose | Lokalisation der Endometrioseherde | Geschätzte Häufigkeit (in Prozent) |
---|---|---|
Endometriosis genitalis interna oder Adenomyosis uteri | innerhalb der Gebärmuttermuskulatur (Myometrium) | 40 bis 60 |
Endometriosis genitalis externa | im kleinen Becken außerhalb der Gebärmutter, zum Beispiel auf dem Bauchfell, den Eierstöcken oder Eileitern | 60 bis 95 |
Endometriosis extragenitalis | außerhalb des kleinen Beckens, beispielsweise in Harnblase, Darm, Lunge, Zwerchfell oder am Bauchnabel | 5 |