Die Leiden der jungen Frau |
Carolin Lang |
12.12.2021 08:00 Uhr |
Die Ätiologie der Endometriose ist noch nicht abschließend geklärt. Es gibt jedoch verschiedene Entstehungstheorien. So besagt beispielsweise die Sampson-Hypothese aus den 1920er-Jahren, dass eine retrograde Menstruation zu einer Verschleppung vitaler Endometriumzellen über die Eileiter in die Bauchhöhle führt. Der Schwachpunkt dieser Theorie: Bei einem Großteil aller Frauen läuft Menstruationsblut auch nach innen.
Heute gehen Wissenschaftler eher davon aus, dass die Kontraktion der Gebärmutter zu kleinsten Verletzungen in der Übergangsschicht von der Schleimhaut zur Muskelschicht führt. Aus diesen Mikrotraumata herausgelöste Endometriumzellen könnten dann verschleppt werden. Nachfolgende Reparaturmechanismen sollen die Kontraktion weiter verstärken und so zu einem Teufelskreis mit weiterer Absiedelung von Endometriumzellen beitragen.
Endometriose ist zwar eine gutartige Erkrankung, verursacht aber »eine bemerkenswerte Morbidität«, heißt es in der Leitlinie. Vielfältige Beeinträchtigungen von Alltag, Beruf und Lebensqualität wurden belegt. Diese können unter anderem die psychische Gesundheit sowie Sexualität und Partnerschaft betreffen. Eine zentrale Rolle spielen die unterschiedlichen Schmerzzustände. Auch unerfüllter Kinderwunsch bedeutet eine erhebliche Belastung. Bei 40 bis 60 Prozent der Frauen, die ungewollt kinderlos bleiben, ist eine Endometriose die Ursache.
Die Erkrankung neigt zu häufigen Rezidiven. Nach einer Schwangerschaft bessern sich die Beschwerden bei einigen Frauen dauerhaft. Mit Sistieren des Estrogen-Einflusses nach der Menopause hören sie in der Regel auf.
Wegen der unklaren Ätiologie sind weder eine Prävention noch eine kausale Therapie möglich. Die Chronizität macht ein Langzeitkonzept unter Berücksichtigung individueller Beschwerden und der Familienplanung erforderlich. Behandlungsziele sind eine möglichst lange Beschwerdefreiheit, Reduktion funktioneller Beschwerden, Vermeidung von Organdestruktionen und Verbesserung der Lebensqualität.
Als Basis der Therapie gelten konservative (hormonelle und/oder medikamentöse) sowie operative Maßnahmen. Alle Therapieformen können Schmerzen reduzieren, aber nur eine Operation kann die Fruchtbarkeit beeinflussen.
Orale Kontrazeptiva werden bei Endometriose ohne Pause eingenommen. Sie sind Mittel der zweiten Wahl. / Foto: Adobe Stock/Karyna
Das Prinzip der hormonellen Therapie ist die Induktion einer therapeutischen Amenorrhö. Zum Einsatz kommen Gestagene, kombinierte orale Kontrazeptiva (KOK) und GnRH-Analoga. Über die Hypothalamus-Hypophysen-Achse führen sie, systemisch verabreicht, zu einem generellen Hypoestrogenismus und sollen so das Wachstum und die Neuansiedlung von Endometrioseherden hemmen. Sämtliche Formen der Hormontherapie reduzieren laut Leitlinie Endometriose-assoziierte Beschwerden.
Als Erstliniensubstanz gilt laut Leitlinie ein »geeignetes Gestagen«; als Beispiel ist Dienogest aufgeführt. Der Wirkstoff ist in Deutschland in einer Dosierung von 2 mg zur Behandlung der Endometriose zugelassen und muss ohne Unterbrechung täglich möglichst zur gleichen Zeit eingenommen werden. Dienogest löst wenig unerwünschte Wirkungen wie Zwischenblutungen aus, kann aber langfristig eine Abnahme der Knochendichte bedingen.