Die Leiden der jungen Frau |
Carolin Lang |
12.12.2021 08:00 Uhr |
Ein deutlich augenfälligeres Krankheitsbild junger Frauen ist das polyzystische Ovarsyndrom (PCOS). Mit einer Prävalenz von 15 Prozent ist es die häufigste endokrinologische Erkrankung bei Frauen im fertilen Alter. Typischerweise liegt der Erkrankungsbeginn zwischen dem 15. und 25. Lebensjahr. Ähnlich wie bei der Endometriose ist der Leidensdruck für Betroffene häufig sehr hoch.
Das Problem hier liegt weniger in der Diagnose und mehr in der Therapie: Es gibt hierzulande kein zugelassenes Medikament für PCOS, eine deutschsprachige Leitlinie fehlt bislang ebenfalls. Das kann Unsicherheit bei den Patientinnen begünstigen. »Aufklärung ist bei PCOS sehr wichtig. Und diese kann sehr gut durch Apothekerinnen und Apotheker erfolgen«, sagt Dr. Susanne Reger-Tan, PCOS-Spezialistin am Universitätsklinikum Essen, im Gespräch mit der PZ. Zudem komme der nicht medikamentösen Therapie eine bedeutende Rolle zu. Apotheken können auch hierzu umfangreich beraten.
Das PCOS ist durch einen Hyperandrogenismus, also einen Überschuss an männlichen Hormonen (Androgenen) charakterisiert. Dieser manifestiert sich einerseits äußerlich durch ein männliches Behaarungsmuster (Hirsutismus), Haarausfall (androgenetische Alopezie) und Akne vulgaris. Andererseits führt die Dysbalance der Geschlechtshormone innerlich zu Zyklusstörungen, Sub- oder Infertilität und geht mit einer Insulinresistenz bis hin zum Diabetes mellitus einher.
Schwere Akne und ein vermehrter Haarwuchs im Gesicht können bei Frauen auf einen Androgen-Überschuss hinweisen. / Foto: Adobe Stock/Nikolay
Die Symptome sind individuell unterschiedlich stark ausgeprägt. Die Mehrheit der Betroffenen leidet hierzulande an einem metabolischen Syndrom mit Adipositas, Insulinresistenz und Dyslipoproteinämie. Das Risiko, einen Typ-2-Diabetes zu entwickeln, ist deutlich erhöht. Das PCOS aggraviert sich häufig mit der Insulinresistenz in einem Teufelskreis: Die Insulinresistenz führt zu hartnäckigem Übergewicht. Da die Körperzellen träge auf Insulin reagieren, schüttet die Bauchspeicheldrüse mehr Insulin aus und es kommt zu einer Hyperinsulinämie. Der Überschuss an Insulin im Blut stimuliert wiederum eine weitere Gewichtszunahme und verstärkt den Überschuss männlicher Hormone, da Insulin Nebennieren und die sogenannten Thekazellen der Eierstöcke zur Androgenproduktion anregt.
Aktuelle populationsbasierte Daten (DOI: 10.1210/clinem/dgab392) deuten darauf hin, dass Frauen mit PCOS ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von Herzinfarkten im späteren Leben aufweisen. Unter den in dieser Studie beschriebenen Einflussfaktoren finden sich eine Gewichtszunahme und das Auftreten eines Typ-2-Diabetes; das Apothekenpersonal kann hier entsprechend beraten. Eine Untersuchung auf kardiovaskuläre Risikofaktoren bei Erstdiagnose und regelmäßig im Verlauf ist empfehlenswert. Frauen mit PCOS haben im Vergleich zu Frauen ohne PCOS außerdem ein erhöhtes Risiko für depressive und angstbedingte Symptome. Zur Unterstützung kann pharmazeutisches Personal auf die »PCOS Selbsthilfe Deutschland« hinweisen (www.pcos-selbsthilfe.org).
Der Name des Krankheitsbilds rührt vom sonografischen Nachweis von kleinen Follikeln im Ovar, die irrtümlich als Zysten deklariert wurden. Die Diagnosestellung erfolgt nach der sogenannten Rotterdam-Definition. Demnach liegt ein PCOS vor, wenn zwei von drei Hauptkriterien erfüllt sind und andere Ursachen ausgeschlossen werden können. Die drei Hauptkriterien sind: