Arzneimittel und Nahrung per Sonde |
Beispiele für Oralspritzen zur Applikation von Peroralia / Foto: Katrin Wolber
Auch für die Verabreichung von Medikamenten über den Mund gibt es Hilfsmittel. Beispielsweise können Oralspritzen für Pflegekräfte oder Angehörige eine wertvolle Hilfe sein (Abbildung). Diese Art der Applikation ist gerade bei Kindern weit verbreitet.
Oralspritzen haben einen abgerundeten Aufsatz und können nicht mit Kanülen versehen werden, sodass es nicht zu Verletzungen im Mund-Rachen-Raum kommen kann. Medikamente lassen sich in diesen Spritzen auflösen, suspendieren oder direkt in flüssiger Form aufziehen. Danach wird die Spritze möglichst tief bukkal in den Mund-Rachen-Raum geschoben und dort wird das Medikament appliziert. Bei einer langsamen Gabe ist ein Würgereiz ausgeschlossen.
Die Gabe von Arzneimitteln über eine Sonde ist ein beratungsintensives Feld für den betreuenden Apotheker. Generell gilt dieser Zufuhrweg als Off-Label-Use und unterliegt keiner Zulassung. Jedoch erleichtern inzwischen einige Arbeitshilfen die Recherche und stehen dem pharmazeutischen Personal zur Verfügung (Tabelle 1). Viele gesicherte Daten zu bestimmten Arzneimitteln und zu sehr vielen Arzneistoffen zeigen, wie eine Gabe über die Sonde funktionieren kann.
Informationsquelle | Medium, Zugang nur mit DocCheck-Passwort |
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ABDA-Datenbank | |
Pharmatrix.de | X |
Hexal.de | X |
Gelbe Liste | X |
www.ksa.ch/sites/default/files/cms/spitalpharmazie/docs/teilbarkeit_von_medikamenten-spitalapotheke-ksa.pdf | |
Remi, C., et al. (Hrsg.) Arzneimittel in der Palliativmedizin. Urban & Fischer 2018 | Buch |
Schäfer, C., (Hrsg) Sondenapplikation von Arzneimitteln. WVG 2010 | Buch |
Fachinformation des Arzneimittels (fachinfo.de) | X |
Vor der Verabreichung sind mehrere Fragen zu beantworten:
Bei flüssigen Arzneiformen ist zu klären, ob sie problemlos über eine Sonde gegeben werden können. Eventuell sind sie zur Aufnahme über die Mundschleimhaut konzipiert und ihre Galenik muss von einem Apotheker bewertet werden.
Sind alle Fragen ausreichend geklärt und soll eine feste Arzneiform via Sonde verabreicht werden, müssen Apotheker sich mit der weiteren Verarbeitung beschäftigen. Wenn es keine pharmazeutischen Gründe gibt, warum der Wirkstoff nicht über die Sonde gegeben werden kann, kann die weitere Entscheidung anhand folgender Aussagen zur Galenik getroffen werden:
Vorsicht: Längst nicht alle festen Arzneiformen dürfen zermörsert werden. / Foto: Adobe Stock/Otto Durst
Ist das Zerkleinern von Tabletten oder Dragees erlaubt, lassen sie sich auch zu einem feinen Pulver mörsern und mit Wasser aufnehmen. Zu beachten ist, dass Retardformen nicht zum Zermörsern geeignet sind.
Manche Kapseln können geöffnet und ihr Inhalt in Wasser suspendiert oder gelöst werden. Andere können wie Tabletten in Wasser gegeben werden; dann entfällt das Mörsern oder vorhergehende Zerfallenlassen des Inhalts. Bei Pelletkapseln ist der Sondendurchmesser zu beachten, damit die Pellets nicht die Sonde verstopfen. Der Außendurchmesser von Sonden wird in Charrière (CH) angegeben (1 CH = 1/3 mm). Der tatsächliche Innendurchmesser kann je nach Material 2 bis 3 CH geringer sein. Bei der Abschätzung ist zu berücksichtigen, dass Polyurethan-Sonden im Vergleich zu Silikonkautschuk-Sonden dünnere Wandstärken und damit einen größeren Innendurchmesser haben (5). Für die Überzüge gelten die gleichen grundlegenden Regeln wie bei Tabletten.
Vor der Gabe eines Arzneimittels über eine Ernährungssonde muss diese gespült werden, am besten mit Wasser. / Foto: Fotolia/sudok1
Weiterhin ist zu beachten, dass das Material der Sonde mit Arzneistoffen interagieren kann. Polyvinylchlorid-(PVC)-haltige Sonden können beispielsweise Sorptionsaspekte bei Diazepam, Isosorbiddinitrat (ISDN) oder Nifedipin zeigen. Alkohol macht PVC und Polyurethan spröde. Zudem birgt das Herauslösen von Weichmachern aus PVC-haltigen Sonden gerade bei Säuglingen und Kleinkindern, die dauerhaft per Sonde ernährt werden, die Gefahr von Langzeitschäden.
Das Verabreichen von Medikamenten via Sonde erfordert speziell geschultes Personal, geeignete Hilfsmittel und vor allem Zeit (6). Generell gilt, dass alle Arzneimittel einzeln verabreicht werden müssen. Es ist eine bestimmte Reihenfolge zu beachten:
Allgemeine Grundsätze zur Verabreichung von Arzneimitteln über die Sonde können Apotheker auch im Formblatt der Bundesapothekerkammer (7) nachlesen. Einen ausführlichen Algorithmus zur Anwendung von Medikamenten via Sonde zeigt die Grafik.
Grafik: Algorithmus zur Anwendung von Medikamenten via Sonde, modifiziert nach (6) – *) Der Begriff »Wasser« bezeichnet jeweils Leitungswasser mit Trinkqualität; Ausnahme bei immunsupprimierten Patienten und auf der Intensivstation: steriles oder abgekochtes Wasser verwenden. / Foto: PZ/Stephan Spitzer