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Pflege zuhause

Arzneimittel und Nahrung per Sonde

Immer mehr Menschen wollen auch bei schweren Erkrankungen zu Hause bei ihren Angehörigen leben und nicht in einer Institution gepflegt werden. Die ambulante Versorgung von schwerstkranken Menschen birgt besondere Herausforderungen. Eine davon: die Ernährung und Arzneimittelgabe via Sonde.
Gudrun Heyn
Katrin Wolber
04.07.2021  08:00 Uhr

Arzneimittel auf oralem Weg geben

Auch für die Verabreichung von Medikamenten über den Mund gibt es Hilfsmittel. Beispielsweise können Oralspritzen für Pflegekräfte oder Angehörige eine wertvolle Hilfe sein (Abbildung). Diese Art der Applikation ist gerade bei Kindern weit verbreitet.

Oralspritzen haben einen abgerundeten Aufsatz und können nicht mit Kanülen versehen werden, sodass es nicht zu Verletzungen im Mund-Rachen-Raum kommen kann. Medikamente lassen sich in diesen Spritzen auflösen, suspendieren oder direkt in flüssiger Form aufziehen. Danach wird die Spritze möglichst tief bukkal in den Mund-Rachen-Raum geschoben und dort wird das Medikament appliziert. Bei einer langsamen Gabe ist ein Würgereiz ausgeschlossen.

Gabe über eine Ernährungssonde

Die Gabe von Arzneimitteln über eine Sonde ist ein beratungsintensives Feld für den betreuenden Apotheker. Generell gilt dieser Zufuhrweg als Off-Label-Use und unterliegt keiner Zulassung. Jedoch erleichtern inzwischen einige Arbeitshilfen die Recherche und stehen dem pharmazeutischen Personal zur Verfügung (Tabelle 1). Viele gesicherte Daten zu bestimmten Arzneimitteln und zu sehr vielen Arzneistoffen zeigen, wie eine Gabe über die Sonde funktionieren kann.

Informationsquelle Medium, Zugang nur mit DocCheck-Passwort
ABDA-Datenbank
Pharmatrix.de X
Hexal.de X
Gelbe Liste X
www.ksa.ch/sites/default/files/cms/spitalpharmazie/docs/teilbarkeit_von_medikamenten-spitalapotheke-ksa.pdf PDF
Remi, C., et al. (Hrsg.) Arzneimittel in der Palliativmedizin. Urban & Fischer 2018 Buch
Schäfer, C., (Hrsg) Sondenapplikation von Arzneimitteln. WVG 2010 Buch
Fachinformation des Arzneimittels (fachinfo.de) X
Tabelle 1: Beispiele für Informationsquellen zur Gabe von Arzneimitteln über eine Sonde

Vor der Verabreichung sind mehrere Fragen zu beantworten:

  • Wo endet die Sonde, sprich in welches Milieu gelangt das Arzneimittel?
  • Gibt es eine galenische Alternative, etwa Suppositorien, topische Arzneiformen oder ein transdermales therapeutisches System?
  • Gibt es eine flüssige Form des Arzneistoffs? Ist dies nicht der Fall, werden in einem späteren Schritt Lösungsvorschläge erarbeitet.
  • Kann der Angehörige mit der Applikation umgehen?
  • Gibt es bekannte Wechselwirkungen des Arzneistoffs mit Nahrungsbestandteilen?
  • Gibt es eine Umrechnung von retardierten in unretardierte Arzneiformen?

Bei flüssigen Arzneiformen ist zu klären, ob sie problemlos über eine Sonde gegeben werden können. Eventuell sind sie zur Aufnahme über die Mundschleimhaut konzipiert und ihre Galenik muss von einem Apotheker bewertet werden.

Sind alle Fragen ausreichend geklärt und soll eine feste Arzneiform via Sonde verabreicht werden, müssen Apotheker sich mit der weiteren Verarbeitung beschäftigen. Wenn es keine pharmazeutischen Gründe gibt, warum der Wirkstoff nicht über die Sonde gegeben werden kann, kann die weitere Entscheidung anhand folgender Aussagen zur Galenik getroffen werden:

  • Tabletten ohne Überzug kann man in Wasser zerfallen lassen und dann applizieren.
  • Bei Filmtabletten stellt sich als erstes die Frage: Wozu dient der Überzug? Als Geschmackskorrigens? Solch ein Überzug lässt sich einfach mit einer Pinzette entfernen, wenn die Tablette in Lösung gegeben wurde und zerfallen ist.
  • Hat er eine galenische Bedeutung, kann er nicht entfernt werden. Dies ist etwa der Fall, wenn er den Wirkstoff vor dem sauren Magenmilieu schützen (Beispiel Pantoprazol) und die Gabe über eine gastrale Sonde erfolgen soll. Pantoprazol kann man beispielsweise durch Esomeprazol oder Lansoprazol ersetzen (6). Bei einer jejunalen Sonde ist eine Magensaftresistenz dagegen kein Thema. Der Überzug kann entfernt werden.
  • Präparate mit der Bezeichnung MUPS (Multi Unit Pellet System) können in Wasser suspendiert werden, ohne dass der Schutzfilm um die Pellets zerstört wird (6).

Ist das Zerkleinern von Tabletten oder Dragees erlaubt, lassen sie sich auch zu einem feinen Pulver mörsern und mit Wasser aufnehmen. Zu beachten ist, dass Retardformen nicht zum Zermörsern geeignet sind.

Manche Kapseln können geöffnet und ihr Inhalt in Wasser suspendiert oder gelöst werden. Andere können wie Tabletten in Wasser gegeben werden; dann entfällt das Mörsern oder vorhergehende Zerfallenlassen des Inhalts. Bei Pelletkapseln ist der Sondendurchmesser zu beachten, damit die Pellets nicht die Sonde verstopfen. Der Außendurchmesser von Sonden wird in Charrière (CH) angegeben (1 CH = 1/3 mm). Der tatsächliche Innendurchmesser kann je nach Material 2 bis 3 CH geringer sein. Bei der Abschätzung ist zu berücksichtigen, dass Polyurethan-Sonden im Vergleich zu Silikonkautschuk-Sonden dünnere Wandstärken und damit einen größeren Innendurchmesser haben (5). Für die Überzüge gelten die gleichen grundlegenden Regeln wie bei Tabletten.

Weiterhin ist zu beachten, dass das Material der Sonde mit Arzneistoffen interagieren kann. Polyvinylchlorid-(PVC)-haltige Sonden können beispielsweise Sorptionsaspekte bei Diazepam, Isosorbiddinitrat (ISDN) oder Nifedipin zeigen. Alkohol macht PVC und Polyurethan spröde. Zudem birgt das Herauslösen von Weichmachern aus PVC-haltigen Sonden gerade bei Säuglingen und Kleinkindern, die dauerhaft per Sonde ernährt werden, die Gefahr von Langzeitschäden.

Das Verabreichen von Medikamenten via Sonde erfordert speziell geschultes Personal, geeignete Hilfsmittel und vor allem Zeit (6). Generell gilt, dass alle Arzneimittel einzeln verabreicht werden müssen. Es ist eine bestimmte Reihenfolge zu beachten:

  • Sondengängigkeit prüfen,
  • Sonde mit 20 bis 50 ml Wasser spülen,
  • Arzneimittel über eine Spritze mit mindestens 10 ml Flüssigkeit verabreichen,
  • mit 10 bis 15 ml Wasser nach- oder zwischenspülen, wenn ein weiteres Medikament gegeben werden soll,
  • erst jetzt mit dem nächsten Arzneimittel fortsetzen.
  • Je nach Menge der Arzneimittel muss zwischen den Gaben pausiert werden, da sonst das verabreichte Volumen der Flüssigkeiten zu groß wird.

Allgemeine Grundsätze zur Verabreichung von Arzneimitteln über die Sonde können Apotheker auch im Formblatt der Bundesapothekerkammer (7) nachlesen. Einen ausführlichen Algorithmus zur Anwendung von Medikamenten via Sonde zeigt die Grafik.

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