Arzneimittel und Nahrung per Sonde |
Die enterale Ernährung muss sorgfältig vorbereitet werden. Pflegende Angehörige müssen dies bei Bedarf lernen. / Foto: Adobe Stock/felipecaparros
Im Dezember 2019 waren in Deutschland 4,13 Millionen Menschen pflegebedürftig im Sinn des Pflegeversicherungsgesetzes (SGB XI) (1). Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, wurden gut vier Fünftel (80 Prozent oder 3,31 Millionen) von ihnen zu Hause versorgt, davon 2,12 Millionen nur durch Angehörige.
Vor allem die Schwerstkranken benötigen besondere Pflege und sehr viel Aufmerksamkeit. Die wenigsten Angehörigen haben jedoch eine medizinische Grundausbildung oder sind in der Lage, Injektionen oder Infusionen zu verabreichen. Jedoch gibt es inzwischen allerlei Hilfsmittel sowie weitere Applikationswege und -formen, die eine Pflege in gewohnter Umgebung des Patienten ermöglichen. Mitarbeiter von Pflegediensten können die richtige Auswahl von Pflege- und Hilfsmitteln treffen und den Umgang damit schulen. Die versorgende Apotheke muss genauso gut informiert sein, um Fragen beantworten und die richtigen Produkte beschaffen zu können. Gerade bei Ernährung und Arzneimittelgabe via Sonde ist die Aufklärungsarbeit seitens eines Apothekers sehr wichtig.
Die weitaus meisten pflegebedürftigen Menschen werden zu Hause gepflegt. Eine besondere Herausforderung stellt sich, wenn sie nicht mehr essen und trinken können. / Foto: Adobe Stock/Peter Maszlen
Die Ursachen für eine gestörte Aufnahme von Nahrung können sehr vielfältig sein. Dazu gehören physiologische Störungen der Magen-Darm-Passage, beispielsweise durch Tumoren, die den Durchgang versperren. Aber auch Geschwulste, die nicht direkt den Gastrointestinaltrakt betreffen, können die Nahrungsaufnahme erschweren. Appetitlosigkeit ist eine häufige Begleiterscheinung im Verlauf fast jeder Tumorerkrankung und kann als unerwünschte Wirkung der Therapie auftreten. Auch Nebenwirkungen einer Chemo- oder Strahlentherapie wie Übelkeit und Erbrechen verhindern oder stören die Nahrungsaufnahme erheblich.
Bei geriatrischen Patienten ist die Anorexie (Appetitlosigkeit) ein wichtiger Grund für eine Mangelernährung (3). Die Sarkopenie ist eines ihrer bedeutendsten Syndrome. Sie ist gekennzeichnet durch einen ungewollten Verlust an Muskelmasse und Muskelkraft sowie einen Rückgang der physischen Aktivität, Funktionalität und Leistung. Ebenso können beispielsweise Bewusstseinsstörungen, etwa infolge eines Schlaganfalls oder einer fortgeschrittenen Erkrankung an Morbus Parkinson, die Nahrungsaufnahme erschweren oder verhindern.
Ein Zusammenhang zwischen Mangelernährung und gravierenden Gesundheitsproblemen, zum Beispiel erhöhten Infektionsraten, Druckgeschwüren, längeren Klinikaufenthalten, verlängerten Rekonvaleszenzphasen nach akuten Erkrankungen und erhöhter Mortalität, ist inzwischen gut dokumentiert (3). Außerdem kann eine schlechte Ernährung zum Fortschreiten vieler Erkrankungen beitragen (3).
Foto: Adobe Stock/Ingo Bartussek
Essen hat eine große Bedeutung für die Lebensqualität und ist eng mit gesellschaftlicher Teilhabe verknüpft. Wir kochen und essen mit Menschen, die wir gerne mögen, mit Freunden oder Familie. Bei den Mahlzeiten tauschen Menschen Gedanken miteinander aus, informieren sich über wichtige Alltagsbegebenheiten und planen Alltag und Freizeit. Wer an einer Mahlzeit nicht teilnimmt, ist zunehmend isoliert und einsam. Das gilt auch für Angehörige, deren Partner nicht mehr am Tisch mitessen und -trinken.
Die Ernährung ist somit auch unter dem psychologischen Aspekt zu sehen. Jeder Versuch ist wichtig, den Patienten einzubinden. Dazu gibt es einige Tricks. Kranke, denen das Essen schwerfällt, lassen sich beispielsweise überzeugen, wenn sie am Tisch mit einem Spray des Lieblingsgetränks den Mund befeuchten können. Flaschen mit Sprühkopf für diese Applikation sind in der Apotheke als Rezepturbedarf erhältlich.
Um die Nahrungsaufnahme zu erleichtern, stehen für die Normalkost auf enteralem Weg einige Hilfsmittel zur Verfügung. Dazu zählt zum Beispiel die Schnabeltasse. Diese erleichtert die Aufnahme von (eventuell angedickten) Flüssigkeiten in (halb)aufrechter oder liegender Position.
Auch ein Trinkbecher, ursprünglich aus der Pädiatrie, kann zur Gabe von Flüssigkeiten und hochkalorischer Flüssignahrung hilfreich sein. So erreicht der Patient auch bei kleinen Trinkmengen eine ausreichende Kalorienzufuhr. Es gibt unterschiedliche Aufsätze, die das Trinken erleichtern oder völlig abnehmen.
Auch die Angehörigen profitieren davon, denn Menschen definieren Zuwendung häufig über Essen. Die Pflegenden fühlen sich machtlos, wenn der Angehörige nichts mehr isst. Das Gefühl, »geholfen zu haben« oder »etwas getan zu haben«, ist für viele Angehörige eine wichtige Befriedigung.