Was im Alter zu beachten ist |
In jedem Alter: Bewegung und Sport, am besten mit Bekannten und Freunden, wirken dem Diabetes entgegen und steigern die Lebensfreude. / Foto: Getty Images/Halfpoint Images
Aktuell sind 8,5 Millionen Menschen in Deutschland an Diabetes mellitus erkrankt, 95 Prozent von ihnen am Typ 2 (1). Unter den chronischen Erkrankungen im Alter ist Typ-2-Diabetes eine der häufigsten. Im Alter zwischen 80 und 89 Jahren ist die Prävalenz am höchsten, jeder Vierte in dieser Altersgruppe leidet daran (2).
Die Herausforderung in der medizinischen und pharmazeutischen Betreuung dieser Patientengruppe besteht darin, den häufigen körperlichen Veränderungen, zum Beispiel Kognitionseinschränkungen, Immobilität, Gebrechlichkeit, aber auch Multimorbidität, Polymedikation und Pflegebedürftigkeit, individuell zu begegnen. Deshalb ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Arzt, Apotheker und Pflege, die den Patienten in den Mittelpunkt stellt, unverzichtbar.
Gemäß der im Mai 2023 aktualisierten Nationalen Versorgungsleitlinie (NVL) Diabetes (3) sind die Therapieziele gemeinsam mit dem Patienten nach dem Prinzip der partizipativen Entscheidungsfindung auf Basis des persönlichen Risikoprofils zu vereinbaren. In der Versorgungsrealität sind bei älteren Patienten oft auch Betreuungspersonen oder Angehörige miteinbezogen. Konkret bedeutet dies, dass Arzt und Patient gemeinsam nach geteilter Information über die Erkrankung und deren Behandlungsmöglichkeiten die Art der Therapie und deren Ziele vereinbaren.
Der Sinn dieses Prinzips ist es, den Patienten verantwortlich in die Entscheidung einzubeziehen, sein Therapieverständnis zu fördern und die Adhärenz sicherzustellen. Ist das aufgrund von kognitiven Einschränkungen nicht möglich, können Angehörige oder Betreuer hinzugezogen werden oder der Arzt muss die Entscheidung für den Patienten treffen.
Für eine sichere Therapieplanung ist es sinnvoll, die Fähigkeiten und Defizite des Patienten mit einem geriatrischen Assessment festzustellen. Entsprechend der Einstufung wird abgewogen, wie die Therapie umgesetzt werden soll und ob dazu Unterstützung benötigt wird. Die Vermeidung von Hypoglykämien und die Stärkung der individuellen Lebensqualität stehen im Vordergrund.
Die Praxisempfehlung der Deutschen Diabetes Gesellschaft schlägt eine Einteilung der Patienten in funktionelle Gruppen vor (Tabelle 1).
Ältere Diabetiker mit kognitiven Einschränkungen haben ein deutlich erhöhtes Risiko für schwere Hypoglykämien; andererseits belastet eine schlechte Stoffwechsellage die geistige Leistungsfähigkeit. Der behandelnde Arzt muss den Patienten nicht nur krankheitsgemäß, sondern auch geriatrisch einstufen, um zu erfassen, in welchem Maß dieser seine Diabetestherapie noch selbstständig umsetzen kann. Dafür eigen sich geriatrische Assessments:
Einteilung | Patientenbeschreibung | HbA1c-Zielkorridor (Prozent) |
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funktionell unabhängig | ältere Menschen mit Diabetes und gutem funktionellen Status,Patienten mit geringer Komorbidität, allenfalls geringer kognitiver Einschränkung und guten Kompensationsmöglichkeiten | ≤7,5 |
funktionell leicht abhängig | ältere Menschen mit Diabetes und eingeschränktem funktionellen Status,Patienten mit Multimorbidität, funktionellen und kognitiven Einschränkungen sowie geriatrischen Syndromen | ≤8,0 |
funktionell stark abhängig | ältere Menschen mit Diabetes und extrem eingeschränktem funktionellen Status oder terminal erkrankte Menschen,Patienten mit Multimorbidität, geriatrischen Symptomen, ausgeprägten funktionellen und kognitiven Einschränkungen sowie Erkrankungen mit limitierter Lebensprognose wie terminale Herz-, Nieren- oder Tumorerkrankungen | ≤8,5 |
Lebensende | Menschen, die sich in der unmittelbaren Sterbephase befinden | HbA1c sekundär, Ziel Symptomfreiheit |