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Arzneimittelanwendung

Tipps und Tricks für Geriatrie-Patienten

Ist Zerkleinern (k)eine Option?

Die nahe liegendste Maßnahme bei zu großen Tabletten ist deren Zerkleinerung. Dies führt oft zu unerwünschten Effekten, die zwischen absoluter Unwirksamkeit (Teilen oder Mörsern von Omeprazol-Tabletten) über eine erhöhte Wirksamkeit (Mörsern von Pazopanib-Filmtabletten) bis hin zu tödlichen Überdosierungen (Mörsern von Oycodon-Retardtabletten) variieren können.

Von einem unkontrollierten Teilen und Mörsern von Tabletten ist grundsätzlich abzuraten, wenn dies nicht in der Packungsbeilage oder Fachinformation oder vom pharmazeutischen Unternehmer in einer gesonderten Aufstellung als Option beschrieben ist und/oder die Tablette keine entsprechende Bruch- oder Schmuckkerbe aufweist. Eine dosisgleiche Teilung ist zur Erleichterung der Einnahme nicht erforderlich, sofern alle Bruchstücke gesammelt und komplett eingenommen werden, damit am Ende die Dosis stimmt. Hat eine Tablette keine Schmuck- oder Bruchkerbe, der Hersteller weist aber auf die Mörserbarkeit hin, können Tabletten auch mit einem Tablettenteiler geteilt oder sogar weiter zerkleinert werden, wenn am Ende alle Bruchstücke eingenommen werden.

Allerdings sind die verfügbaren Informationen bisweilen eher verwirrend, wie das Beispiel von Ramipril 10 mg Tabletten zeigt (Tabelle 1). Alle Präparate sind einheitlich mittels Bruchkerbe in zwei dosisgleiche Hälften teilbar. Ansonsten weichen die Angaben bei vergleichbarer Galenik der nicht überzogenen Tabletten ab, sodass hier mit pharmazeutischem Sachverstand alle Präparate gleichbehandelt werden könnten.

Präparat Teilbarkeit, Kerbe Mörserbar Suspendierbar Sondenapplikation
A ja, in zwei gleiche Teile
Bruchkerbe
B ja, in zwei gleiche Teile
Bruchkerbe
nein
C ja, in zwei gleiche Teile
Bruchkerbe
ja ja
D ja, in zwei gleiche Teile
Bruchkerbe
ja
E ja, in zwei gleiche Teile
Bruchkerbe
ja ja ja
Tabelle 1: Informationen zur Teilbarkeit, Mörserbarkeit und Suspendierbarkeit von Ramipril 10 mg Tabletten (Auswahl) laut Fachinformationen

Teilen erleichtert jedoch nicht automatisch das Einnehmen, da manchmal raue Bruchkanten entstehen, die den Schluckvorgang mehr stören als ihn zu erleichtern.

Keinesfalls dürfen Arzneimittel zerkleinert werden, bei denen der versehentliche Kontakt mit dem Inhalt gefährlich ist, zum Beispiel Zytostatika (Methotrexat!), Virustatika, Antibiotika, Retinoide und Finasterid.

Ebenso gilt: Wenn das Zerkleinern das Freisetzungsprinzip beeinträchtigt oder gar zerstört, ist ein Zerteilen in der Regel nicht erlaubt. Dies gilt zum Beispiel bei magensaftresistenten Tabletten oder Retardtabletten. Es gibt Ausnahmen von der Regel, die mit pharmazeutischem Sachverstand erkannt werden können, wie das Beispiel der Metoprolol Retardtabletten belegt (Tabelle 2).

Präparat Kerbe Mörserbar Suspendierbar Sondenapplikation
A Bruchkerbe nein nein
B Bruchkerbe
C Kreuzbruchkerbe: Viertelbarkeit dient nur zum erleichterten Schlucken
D Bruchkerbe nein ja
E Bruchkerbe nein nein
F Bruchkerbe nein nein nein
G Bruchkerbe nein nein
Tabelle 2: Informationen zur Teilbarkeit, Mörserbarkeit und Suspendierbarkeit von Metoprolol 200 mg Retardtabletten (Auswahl); alle sind laut Fachinformationen teilbar in zwei gleiche Teile.

Da es sich bei allen Zubereitungen um Retardpellets oder -granulate handelt, die in einer Tablettenmatrix verteilt vorliegen, dürfen die Tabletten geteilt werden. Mörsern könnte allerdings den Retardfilm zerstören und ist deshalb nicht erlaubt. Ausschließlich Präparat C kann man nach Angaben des Herstellers vor der Einnahme in Flüssigkeit zerfallen lassen.

Aber Vorsicht: Laien können dies nicht erkennen und eine Verallgemeinerung kann fatale Folgen haben. Daher sollte ein Teilen oder Mörsern nur sehr zurückhaltend als Problemlösung empfohlen werden.

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