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Arzneimittelanwendung

Tipps und Tricks für Geriatrie-Patienten

Nachlassende Hand- und Sehkraft, Atem- und Schluckprobleme, Zittern und Schwäche: Körperliche und geistige Einschränkungen machen es Senioren oft schwer, ihre Arzneimittel korrekt anzuwenden. Welche Optionen stehen offen, wenn Adhärenz keine Frage des Wollens ist?
Rolf Daniels
29.05.2022  08:00 Uhr

Inhalativa: das passende Gerät finden

Bei der Anwendung von Inhalativa müssen Tröpfchen oder Pulverpartikel mit dem Atemstrom an den Wirkort, meist Bronchien und Bronchiolen, transportiert werden. Insofern ist eine gewisse Lungenfunktion erforderlich.

Der zur Charakterisierung meist herangezogene Peak-Flow beschreibt die Expiration, während für die Inhalation jedoch die Inspiration maßgeblich ist. Der für eine korrekte Applikation notwendige inspiratorische Fluss variiert je nach Inhalationssystem, wobei dieser immer im Zusammenhang mit dem Atemwiderstand des jeweiligen Systems betrachtet werden muss. In aller Regel sind bei älteren Patienten Inhalatoren mit mittlerem Widerstand wie Spiromax oder Genuair am besten geeignet (siehe PZ-Beitrag).

Besteht der Verdacht, dass eine ausreichende Inhalation mit dem verordneten System nicht (mehr) möglich ist, lässt sich dies mit einem sogenannten In-Check-Dial in der Apotheke mit geringem Aufwand gemeinsam mit dem Patienten überprüfen. Eventuell muss auf einen besser geeigneten Pulverinhalator oder ein Dosieraerosol gewechselt werden. Atemzug-getriggerte Systeme umgehen das Problem einer mangelnden Koordination, erfordern allerdings einen höheren inspiratorischen Fluss als normale Dosieraerosole (Abbildung).

Die geringsten Anforderungen an den inspiratorischen Fluss stellen Vernebler, die möglicherweise die letzte Alternative für den Patienten bieten. Auch der Soft Mist Inhaler (Respimat) stellt geringe Anforderungen an den inspiratorischen Fluss und die Koordination, ist allerdings nur für wenige Arzneistoffe verfügbar. Außerdem ist das System in Umfragen bei geriatrischen Patienten wenig beliebt. In der Regel bevorzugen sie besonders leicht zu bedienende Systeme wie Nexthaler, Spiromax oder Genuair.

Peroralia einnehmen: ein Problem bei Dysphagie

Die Einnahme von Peroralia erfolgt – außer bei den Darreichungsformen zur Anwendung in der Mundhöhle – durch Schlucken. Normalerweise keine große Sache und kein Anlass für ein ausführliches Beratungsgespräch. Leidet ein Patient unter Schluckstörungen (Dysphagien), kann dies insbesondere bei Kapseln und Tabletten zu einer unüberwindlichen Hürde werden.

Dysphagien treten in allen Altersgruppen auf (Kasten). Ihre Ursachen können neurogenen (etwa infolge eines Schlaganfalls, bei Morbus Parkinson oder Multipler Sklerose), mechanischen oder dissoziativen Ursprungs (Zusammenwirken von Umwelt- und individuellen Faktoren) sein. Bisweilen besteht auch eine Aversion gegen ein bestimmtes Lebens- oder Arzneimittel und sogar die Farbe einer Tablette kann deren Schluckbarkeit beeinflussen. Zudem können Arzneistoffe wie Muskelrelaxanzien oder Antiepileptika eine Dysphagie als unerwünschte Wirkung auslösen. Der Schluckvorgang wird zusätzlich erschwert, wenn Antidepressiva oder Anticholinergika zu einem trockenen Mund führen.

Bei der Einnahme von Tabletten und Kapseln sind vor allem Form und Größe, aber auch die Oberflächenstruktur entscheidend. Raue Tabletten lassen sich schwer schlucken, während eine gelartige Außenschicht, die durch Quellung der Kapselhülle oder des wasserlöslichen Überzugs bei Filmtabletten zustande kommt, dies erleichtert.

Hinsichtlich der Größe ist weniger die größte Längenausdehnung als vielmehr der Querschnitt der Arzneiform von Belang. Demnach verursachen runde und ovale Tabletten mehr Probleme als Oblongtabletten, Hart- und Weichkapseln, die sich in Schluckrichtung ausrichten können. Grundsätzlich lassen sich Peroralia mit kleinem Querschnitt besser schlucken als große. Allerdings muss sichergestellt sein, dass die motorischen Fähigkeiten des Patienten eine Handhabung (sehr) kleiner Tabletten zulassen.

Die erste und wichtigste Hilfe sind das Erklären, Demonstrieren und Üben einer praktischen Einnahmetechnik für Tabletten und Kapseln.

Beim »Tabletten-Flaschentrick« füllt der Patient eine flexible Plastikflasche (PET-Flasche) mit nicht zu enger Öffnung mit Wasser. Die Tablette wird auf die Zunge gelegt, die Lippen dicht um die Flaschenöffnung geschlossen und der Kopf leicht nach hinten geneigt. Nun saugt man einen kräftigen Schluck Wasser ein und schluckt diesen in einem Zug mitsamt Tablette. Die Tablette folgt der Schwerkraft zum Zungengrund und gleitet beim Schlucken hinab. Wichtig ist, dass beim Schlucken keine Luft in die Flasche einströmt.

Steckkapseln schwimmen auf Wasser und daher wird hier der »Kapsel-Nick-Trick« angewandt. Die Kapsel wird auf die Zunge gelegt, ein mittelgroßer Schluck Wasser aufgenommen und im Mund behalten. Nun neigt man den Kopf nach vorne und bewegt das Kinn in Richtung Brust. In dieser Position wird geschluckt. Da Steckkapseln leichter als Wasser sind, steigen sie beim Kopfneigen in Richtung des höher liegenden Rachens auf und lassen sich so leichter schlucken.

Spezielle Applikationshilfen wie Becher oder Flaschen können eventuell zusätzlich empfohlen werden.

Kapseln und Filmtabletten können vor der Einnahme kurz in Wasser getaucht werden. Alternativ ist das Überziehen mit einer Einnahmehilfe wie Gloup® oder Medcoat® möglich. Hierbei überzieht ein Film die Tabletten oder Kapseln, macht raue Oberflächen glatt und besser schluckbar. Zusätzlich maskiert er unangenehmen Geschmack, zum Beispiel von Bitterstoffen. Ersatzweise erleichtern viskose Lebensmittel wie Apfelmus, Marmelade, Joghurt oder Kartoffelbrei die Einnahme. Der Vorteil der kommerziellen Einnahmehilfen oder einer in der Apothekenrezeptur hergestellten Gelformulierung liegt darin, dass mögliche unerwünschte Wechselwirkungen mit Lebensmitteln vermieden werden.

Bei Mundtrockenheit hilft die vorherige Anwendung eines Sprays oder Gels sowie das Ausspülen des Mundes mit einer viskosen Flüssigkeit, ohne dass zusätzlich etwas geschluckt werden muss.

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