Selbstmedikation bei Kopfläusen |
Carolin Lang |
05.05.2022 07:00 Uhr |
Mädchen stecken sich etwas häufiger mit Kopfläusen an als Jungen, womöglich weil sie häufiger und länger die Köpfe zusammenstecken. / Foto: Adobe Stock/STUDIO GRAND OUEST
Kopfläuse (Pediculus humanus capitis) sind Parasiten, die sich in menschlichem Haar einnisten und vom Blut aus der Kopfhaut ernähren. Ausgewachsen sind sie etwa zwei bis drei Millimeter groß und bräunlich rot. Die kleineren, wenig gefärbten Jungläuse (Nymphen) können im Haar mit bloßem Auge schwer zu erkennen sein. Als Larven schlüpfen sie aus den etwa 0,8 Millimeter langen Eiern, deren sichtbare Chitinhüllen auch als Nissen bezeichnet werden. Sie kleben fest an den Haaransätzen, weshalb einfaches Haarewaschen sie nicht entfernen kann. Am häufigsten sind sie im Nacken oder hinter den Ohren zu finden.
Mit ihren sechs Beinen können sich Kopfläuse an Haaren festhalten und entlanglaufen; springen können sie nicht. Die Ansteckung erfolgt somit vor allem über direktes Köpfezusammenstecken, weshalb Kinder besonders häufig betroffen sind. Die Stiche der Parasiten führen dazu, dass es auf dem Kopf kitzelt und juckt. Durch anschließendes Kratzen können Sekundärinfektionen mit Pusteln, Bläschen oder Krusten entstehen. Ein frühzeitiges Eingreifen ist bei Läusebefall sinnvoll, denn die Parasiten vermehren sich schnell: Während ihrer Lebensspanne von etwa vier Wochen legt eine Kopflaus bis zu 140 Eier, aus denen etwa sieben bis acht Tage später die Larven schlüpfen. Diese werden nach etwa neun bis elf Tagen geschlechtsreif.
Brechen im Kindergarten oder in der Schule die Läuse aus, sind es meist die Eltern, die Rat in der Apotheke suchen. Pharmazeutisches Personal kann ihnen dann nahelegen, die Haare ihres Kindes (und ihr eigenes) mit einem Läusekamm zu kontrollieren. Bei herkömmlichen Kämmen stehen die Zinken nicht eng genug. Dabei sollten sie das mit Wasser und einer Haarpflegespülung angefeuchtete Haar in einzelnen Strähnen vom Ansatz zu den Haarspitzen mindestens zweimal sorgfältig durchkämmen.
Den Kamm sollten sie danach auf einem Küchenpapier oder Ähnlichem ausstreichen. Finden sie dabei lebende Läuse oder Eier vor, sollte eine schnelle Behandlung folgen. Frisch gelegte Läuseeier sind meist nah an der Kopfhaut zu finden. Liegt eine Nisse hingegen mindestens einen Zentimeter von der Kopfhaut entfernt, ist sie mit großer Wahrscheinlichkeit leer.
Das »nasse Auskämmen« mit Haarpflegespülung und Läusekamm hat neben dem diagnostischen aber auch einen therapeutischen Wert: In einer Studie (DOI: 10.1136/bmj.38537.468623.E0) führten vier Sitzungen an den Tagen 1, 5, 9 und 13 bei 57 Prozent der behandelten Kinder zur vollständigen Entlausung. In der ersten Sitzung werden adulte Läuse, in den darauffolgenden nachgeschlüpfte Larven entfernt. Am Tag 17 sollte der Behandlungserfolg nochmals überprüft werden. In Kombination mit einer topischen Behandlung hat dieses Vorgehen laut RKI eine hohe Erfolgsquote.
Die Behandlung von Kopfläusen ist vor allem eines: mühsam. Damit die topischen Läusemittel anschlagen, ist es allerdings wichtig, die Therapie konsequent durchzuführen und präparatespezifische Angaben zur Einwirkzeit, die stark variieren kann, und Nachbehandlung stets zu beachten. Einige Mittel wirken rein physikalisch: So zum Beispiel Präparate mit dem Silikonöl Dimeticon. Es verschließt die Atemöffnungen der Parasiten, ihrer Larven und Eier, sodass diese ersticken. Dimeticon ist relativ untoxisch und physiologisch inert. Ähnlich wirken auch Mittel mit Neemextrakt oder Mineralöl. Ein Vorteil dieser physikalisch wirksamen Mittel ist, dass keine Resistenzen entstehen können. Bei chemisch wirksamen Läusemitteln ist das durchaus möglich. Pyrethrumextrakt und Permethrin wirken als Nervengift für Insekten.
Läuse – lice | Nissen – nits | Kopfhaut – scalp | | Blut saugen – to suck blood | Übertragung – transmission | entzündet – inflamed |Kamm – comb | kämmen – to comb | Haarsträhne – strand of hair | Haarspülung – hair conditioner | ausstreichen – to scratch out | gleichmäßig auf dem Kopf verteilen – to spread evenly on the head | triefend nass – dripping wet | Einwirkzeit – contact time | Wiederholungsbehandlung – follow-up-treatment
Da aber Läusemittel nicht zwangsweise auch die Eier abtöten, ist eine Wiederholungsbehandlung empfehlenswert. Im Optimalfall erfolgt diese neun oder zehn Tage nach der ersten Behandlung, denn bis zum achten Tag können noch Larven nachschlüpfen und ab dem elften Tag junge Weibchen bereits neue Eier ablegen. Bei einigen Präparaten ist eine zweite Behandlung laut Hersteller nicht nötig; eine Kontrolle kann dennoch nicht schaden. Läusemittel können entflammbare Inhaltsstoffe enthalten. Bei der Anwendung entsprechender Präparate sollte Abstand zu offenen Flammen oder glühenden Gegenständen wie einem Föhn gehalten werden.
Da Kopfläuse alle zwei bis vier Stunden Blut saugen müssen, überleben sie fernab der Kopfhaut nicht lange. Die Eier benötigen zum Schlüpfen der Jungtiere warme Temperaturen und müssen sich daher ebenfalls in Nähe zur Kopfhaut befinden. Eine Übertragung über Gegenstände ist daher unwahrscheinlich, allerdings auch nicht ganz auszuschließen. Um ganz sicherzugehen, können Eltern neben der Behandlung daher weitere Maßnahmen ergreifen:
Damit Pharmaziepraktikanten das Thema Selbstmedikation bei Kopfläusen angepasst an die Produkte ihrer PJ-Apotheke noch einmal aufarbeiten können, steht im Serviceteil der PZ-Ausgabe Nummer 18 ein interaktives Arbeitsblatt zur Verfügung. Es kann auch als Anlass genutzt werden, das Thema mit den Kolleginnen und Kollegen in der Apotheke durchzusprechen. Gerne können Sie auch das PDF zum Download nutzen. Bisherige Themen der Serie waren: Schlafstörungen, Sodbrennen, Hämorrhoidalleiden, Lippenherpes, Obstipation, Heuschnupfen, Fußpilz, Nagelpilz, Sonnenschutz, Vaginalmykosen, Durchfall, Selbstmedikation im Alter, Husten und Blasenentzündung. Eine Übersicht ist auf der entsprechenden Themenseite zu finden.