Viele ältere Menschen leiden an Schmerzen, aber viel zu oft werden diese als Teil des natürlichen Alterungsprozesses abgetan. / © Adobe Stock/DDRockstar
Fast drei Viertel der älteren Patienten berichten von chronischen Schmerzen, in Pflegeheimen sind es mit 93 Prozent sogar fast alle Bewohner. Im Unterschied zu jüngeren Menschen werden Ältere jedoch seltener angemessen therapiert (1). Depression und Demenz sind häufige Begleiterkrankungen, die in der Diagnostik und Therapie berücksichtigt werden müssen. Dem trägt auch die im Juli 2025 aktualisierte S3-Leitlinie »Schmerzmanagement bei geriatrischen Patient:innen in allen Versorgungssettings (GeriPAIN)« Rechnung (AWMF-Reg.Nr. 145/005).
Häufige Schmerzursachen sind degenerative muskuloskelettale Erkrankungen, gefolgt von Tumorerkrankungen, diabetischer Polyneuropathie, peripherer arterieller Verschlusskrankheit, postherpetischer Neuralgie, Trigeminusneuralgie und Polymyalgia rheumatica. Aufgrund von Polymedikation ist zunehmend mit Medikamenten-induziertem Kopfschmerz zu rechnen (2).
Schmerzreduktion und eine Verbesserung von Lebensqualität und Funktionalität sind wichtige Ziele der Schmerztherapie. Für die medikamentöse Therapie gilt: mit einer niedrigen Dosis beginnen, langsam steigern und feste Einnahmezeitpunkte einhalten.
Immobilität – oft eine Folge von Schmerzen – begünstigt den Verlust von Muskelmasse, was wiederum das Risiko für Stürze und weitere Immobilität erhöht. Dadurch kommt es zu funktionellen, körperlichen und nicht selten zu kognitiven Einschränkungen; diese vermindern die täglichen Aktivitäten und führen im ungünstigsten Fall zu Appetitverlust, Depressionen und Angst bis hin zum Verlust von Selbstbestimmtheit und Autonomie (3).
Ältere Menschen mit chronischen Schmerzen leiden deutlich häufiger unter Schlafstörungen als Gleichaltrige ohne Schmerzen. Dies verstärkt das Erleben von Schmerz und beeinträchtigt die Stimmung. Auch Depressionen verstärken das Schmerzempfinden und führen zu katastrophisierendem Denken, Hilflosigkeit, Hoffnungslosigkeit und weiterer Passivität: Ein Teufelskreis aus Schmerz, Depressionen und Schlafstörungen entsteht (2).
Kognitive Defizite und Schmerzen hängen ebenfalls oft zusammen. Ungefähr 50 Prozent der Menschen mit Demenzen leiden unter Schmerzen (4). Diese treten bei Demenzkranken vermutlich häufiger und intensiver auf, aber eine adäquate Therapie findet seltener statt, was die Demenz weiter verschlechtern kann (5). Bei auffälligem Verhalten sollte daher immer an Schmerzen gedacht werden. Ein standardisiertes Schmerzprotokoll bei Bewohnern von Pflegeheimen mit mäßiger bis schwerer Demenz führt nicht nur zur Reduktion von Schmerzen an sich, sondern auch zu verminderter Agitation und Aggression und letztlich zu einem geringeren Einsatz von Antipsychotika (6).