Phase-III-Studie bei schwerem Covid-19 startet |
Annette Rößler |
23.04.2021 11:54 Uhr |
Müssen Covid-19-Patienten beatmet werden, haben sie eine schlechte Prognose. In den USA werden jetzt Remdesivir und Aviptadil bei diesen Patienten getestet. / Foto: Getty Images/Taechit Taechamanodom
Während für die Anfangsphase von Covid-19mit den verschiedenen Antikörper-Kombinationen mittlerweile mehrere Therapieoptionen zur Verfügung stehen, sind die Behandlungsmöglichkeiten für schwer erkrankte Patienten nach wie vor sehr begrenzt. Bislang wurde nur für Dexamethason im fortgeschrittenen Krankheitsstadium ein Einfluss auf die Mortalität nachgewiesen. Doch gerade für Patienten, die bereits ein akutes Atemnotsyndrom (ARDS) entwickelt haben, würden wirksame Medikamente dringend benötigt.
Neue Therapieoptionen für diese Patientengruppe wollen jetzt die US-Gesundheitsbehörden National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIAID) und National Heart, Lung and Blood Institute (NHLBI) in der Phase-III-Studie ACTIV-3 Critical Care ausloten. Zum Einsatz kommen zunächst das Virostatikum Remdesivir und der Wirkstoff Aviptadil, das Studiendesign erlaubt aber im Verlauf die Hinzunahme weiterer Wirkstoffe. Wie NIAID und NHLBI in einer Pressemitteilung informieren, sollen für jeden Studienarm 620 Teilnehmer rekrutiert werden.
Remdesivir (Veklury®) von Gilead ist ein RNA-Polymerasehemmer, der vor allem in der Frühphase der Pandemie von sich reden machte – auch weil er damals zunächst der einzige Hoffnungsträger war. Mittlerweile ist es ruhiger geworden um Remdesivir, was vor allem daran liegt, dass die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den Einsatz bei hospitalisierten Patienten nicht mehr empfiehlt. Er komme vermutlich zu spät und habe dann keinen Einfluss mehr auf die Mortalität, hieß es zur Begründung vonseiten der WHO. Gegen diese Darstellung wehrte sich allerdings Hersteller Gilead mit Verweis auf eine in Studien nachgewiesene signifikant kürzere Zeit bis zur Genesung. Nun bekommt Remdesivir in der ACTIV-3-Critical-Care-Studie eine neue Chance, seine Wirksamkeit unter Beweis zu stellen.
Weniger bekannt als Remdesivir ist bislag Aviptadil. Auch dieser Wirkstoff, der vom US-Unternehmen NeuroRx als Zyesami® vermarktet wird, kann in den USA im Rahmen eines Härtefallprogramms hospitalisierten Covid-19-Patienten gegeben werden. Aviptadil ist eine synthetische Version des vasoaktiven intestinalen Peptids (VIP), das wahrscheinlich durch antivirale und antientzündliche Effekte Lungen-protektiv wirkt. VIP kommt im Körper natürlicherweise vor, und zwar überwiegend in der Lunge in Alveolarzellen Typ II. Erste Ergebnisse legen nahe, dass die intravenöse Gabe des VIP-Analogons Aviptadil die Lunge von SARS-CoV-2-Infizierten schützen kann.
Im Rahmen der Studie sollen hospitalisierte Covid-19-Patienten, die aufgrund eines ARDS beatmet werden müssen, zusätzlich zur Standardversorgung randomisiert entweder mit Aviptadil und Remdesivir, Aviptadil und Placebo, Remdesivir und Placebo oder ausschließlich mit Placebo behandelt werden. Aviptadil wird dabei an drei Tagen über jeweils zwölf Stunden infundiert, Remdesivir wird an bis zu zehn Tagen ebenfalls intravenös gegeben. Die Sicherheit der Therapie soll zunächst mit nur 40 Probanden an Kliniken in den USA getestet werden. Ergeben sich dabei keine Bedenken, folgt die Rekrutierung einer größeren Patientenzahl an Zentren in den USA und in anderen Ländern.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.