Harmloser Infekt oder Wolf im Schafspelz? |
Windpocken (Wasserpocken, Spitzblattern, Varizellen) werden durch das Varicella-zoster-Virus (VZV) verursacht. Die Inkubationszeit beträgt 12 bis 28 Tage. Typische Symptome sind stark juckende rote Flecken an Kopf, Körper und Schleimhäuten (Mundhöhle, Auge, Genitalbereich) sowie Fieber. Die Flecken wandeln sich schnell in Bläschen und Pusteln um, die verkrusten und eintrocknen. Ansteckungsgefahr besteht zwei Tage vor bis sieben Tage nach Auftreten der Exantheme.
Das Apothekenpersonal sollte darauf hinweisen, dass Kratzen zu bakteriellen Superinfektionen und Narben führen kann. Im Vordergrund steht die Behandlung des Juckreizes lokal mit Zinkoxid (austrocknende wundheilende Wirkung) und Lidocain (anästhetisch wirksam) oder oral mit Antihistaminika. Die antivirale Behandlung mit Aciclovir oder Brivudin ist bei nur schweren Verläufen indiziert.
Windpocken-Bläschen jucken stark. Doch Kratzen erhöht die Gefahr von Sekundärinfektionen. / Foto: Adobe Stock/asafaric
Das Varicella-zoster-Virus verbleibt lebenslang in den Spinalganglien des Rückenmarks. Die Reaktivierung führt im Erwachsenenalter zur Gürtelrose (Herpes zoster). Komplikationen wie Hirnhaut- oder Lungenentzündung sind möglich, vor allem wenn sich Erwachsene anstecken. Gefährlich ist die Infektion während der Schwangerschaft mit dem Risiko von Fehlbildungen beim Embryo und der lebensbedrohlichen Gefährdung von Mutter und Neugeborenem.
Daher empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) die zweimalige Impfung mit dem Kombinationsimpfstoff MMRV. Personen, die noch keine Windpocken durchgemacht haben oder nicht nach dem STIKO-Kalender geimpft wurden, sollten im Alter zwischen 9 und 17 Jahren die Impfung nachholen. Die Varizellen-Impfung im Kindes- oder Jugendalter bietet auch einen individuellen Schutz gegenüber einer schwereren Verlaufsform eines Herpes zoster.
Die verschiedenen Genotypen des Norovirus sind weltweit verbreitet. Kinder unter fünf Jahren und ältere Personen über 70 sind besonders anfällig. Die Ansteckung erfolgt fäkal-oral oder durch virushaltige Tröpfchen beim Erbrechen.
Nach einer Inkubationszeit von 6 bis 50 Stunden kommt es zu Gastroenteritiden mit heftigem Erbrechen, starken Durchfällen und erheblichem Flüssigkeitsdefizit. Ein starkes Krankheitsgefühl mit abdominalen Schmerzen, Übelkeit und Fieber hält über 12 bis 48 Stunden an. Leichtere Verläufe sind möglich.
Der Schwerpunkt der symptomatischen Therapie liegt auf dem Ausgleich von Flüssigkeitsverlusten, denn Säuglinge, Kleinkinder und ältere Menschen sind bei Dehydrierung besonders gefährdet. Fieber und Erbrechen werden mit Antipyretika oder Antiemetika behandelt. Da es bei Kindern unter drei Jahren zu schweren Nebenwirkungen (Krampfanfällen) bei der Behandlung mit Dimenhydrinat oder Diphenhydramin gekommen ist, sollten diese Antiemetika nur bei strenger Indikation und sorgfältiger Beachtung der Dosierung (Kinder bis drei Jahren maximal 5 mg/kg KG Dimenhydrinat pro Tag) angewandt werden. Das Apothekenpersonal sollte die korrekte Dosierung auf die Packung schreiben.
Kontaktpersonen können sich durch Einhaltung von Hygienemaßnahmen und Anwendung von Desinfektionsmitteln mit nachgewiesener Wirksamkeit »begrenzt viruzid plus« oder »viruzid« schützen. Eine Impfprophylaxe gegen Noroviren ist noch nicht möglich.
Laut Robert-Koch-Institut soll die Schluckimpfung gegen Rotaviren in den ersten sechs Monaten vor allem die Jüngsten vor einem schweren Verlauf einer Rotavirus-Infektion schützen, denn diese verläuft bei den ganz Kleinen deutlich schwerer als bei älteren Kindern und als eine Infektion mit einem anderen Durchfallerreger. Bis zum dritten Lebensjahr haben tatsächlich 90 Prozent aller Kinder diese virale Infektion durchgemacht. Die Inkubationszeit (ein bis drei Tage) ist kurz. Die Symptome der Gastroenteritis sind blutige Durchfälle, Bauchschmerzen, Fieber und Erbrechen. Problematisch sind wie beim Norovirus die erheblichen Flüssigkeitsverluste. Die symptomatische Behandlung erfolgt hauptsächlich durch Maßnahmen zum Flüssigkeits- und Elektrolytausgleich. Nur bei heftigeren Verläufen sind Antipyretika und Antiemetika indiziert.
Da es verschiedene Rotavirus-Subtypen gibt, können sich Kinder und Erwachsene mehrmals infizieren. Die Ansteckung erfolgt über Schmierinfektion fäkal-oral oder über kontaminierte Oberflächen. Mit den Durchfällen werden Unmengen an Viren ausgeschieden, sodass auch strenge Hygienemaßnahmen eine Infektion nicht immer verhindern.
Eine Rotavirus-Impfung schützt den Säugling vor Brechdurchfall. / Foto: Shutterstock/ChameleonsEye
Der Impfschutz verringert das Risiko für Neugeborene und Säuglinge und erfolgt je nach Präparat mit einer zwei- bis dreimaligen Schluckimpfung (oraler Lebendimpfstoff, Tabelle 1). Das Auftreten einer Invagination (Einstülpung eines Darmabschnitts) in den ersten sieben Tagen nach Gabe der ersten Dosis ist eine seltene, aber gefürchtete Nebenwirkung; daher sollte das empfohlene Impfschema strikt eingehalten werden. Da Antikörper in der Muttermilch den Lebendimpfstoff möglicherweise inaktivieren, empfiehlt man den Müttern, eine Stillpause eine Stunde vor und nach der Schluckimpfung einzuhalten.