Harmloser Infekt oder Wolf im Schafspelz? |
Paramyxoviren sind hoch infektiös und werden durch Tröpfcheninfektion oder Sekretkontakt übertragen. Die Inkubationszeit bei Masern (Morbilli) beträgt acht bis zehn Tage.
Auf ein wenig charakteristisches Prodromalstadium mit Entzündung der mittleren und oberen Schleimhäute, Schnupfen, Husten, Halsschmerzen, weißen Belägen der Mundschleimhaut (Koplik-Flecken) oder Konjunktivitis folgt das über vier bis fünf Tage anhaltende typische Exanthem-Stadium. Innerhalb von 24 Stunden breitet sich ein großfleckiger Ausschlag, der hinter den Ohren beginnt, über den ganzen Körper aus. Fieber bis 41 °C verläuft in zwei Wellen, deren Gipfel die beiden Krankheitsstadien kennzeichnen. Masernkranke sind drei bis fünf Tage vor Ausbruch des Hautausschlags und bis vier Tage danach ansteckend.
Die symptomatische Therapie umfasst Antitussiva, Antipyretika, ausreichende Flüssigkeitszufuhr und Bettruhe, bei Augenbeteiligung in abgedunkelten Räumen. Bei schmerzhaften Läsionen der Mundschleimhaut erleichtern in kleinen Mengen aufgetragene Lokalanästhetika (Cremes, Gele) die Nahrungsaufnahme.
Eine Masern-Infektion kann durch erhöhte Zytokinspiegel und den Befall der T-Lymphozyten eine starke Schwächung des Immunsystems auslösen, die über einige Monate anhalten kann. Dies ist gefährlich, denn der Körper ist anfälliger für bakterielle Sekundärinfektionen wie eine Pneumonie oder Otitis media. Diese werden antibiotisch behandelt.
Die Meningoenzephalitis (Entzündung der Gehirnhäute) mit einer Letalität von 10 Prozent und die seltene, erst Jahre später auftretende und immer tödlich verlaufende subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE, Entzündung des Gehirns) sind schwere Komplikationen.
Die Schutzimpfung mit zwei Impfungen im Abstand von drei Monaten (Masern-Mumps-Röteln mit/ohne Varizellen, MMR oder MMRV) ist die einzig wirksame Prophylaxe; dies sollte das Apothekenpersonal deutlich machen. Die Masernimpfung ist eine Lebendimpfung. Seit Anfang 2020 besteht eine Impfpflicht (Masernschutzgesetz). In Deutschland ist kein Einzelimpfstoff im Handel; dieser kann von der Apotheke aber besorgt werden.
Üblicherweise erfolgt die erste Impfung der Grundimmunisierung im elften Monat, die zweite im 15. Monat (Tabelle 1). Vor dem Besuch einer Gemeinschaftseinrichtung können Säuglinge auch schon ab dem neunten Monat geimpft werden. Die zweite Dosis sollte dann im zwölften Monat folgen.
Erkrankung | Erreger | Infektionsweg/Kontagiosität (in Prozent) | Behandlung | Impfkalender des RKI* |
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Dreitagefieber | humane Herpesviren Typ 6 (HHV-6) | Tröpfchen | Antipyretika | kein Impfschutz |
Masern | Paramyxoviren (Genus Morbillivirus) | Tröpfchen/95 | Antipyretika, Antitussiva, bei bakterieller Superinfektion Antibiotika | 1. Impfung ab 11. und 2. Impfung ab 15. Lebensmonat |
Mumps | Mumpsvirus | Tröpfchen/80 | Antipyretika, Analgetika, Corticoide | 2. Impfung ab 11. und 2. Impfung ab 15. Lebensmonat |
Röteln | Rötelnvirus | Tröpfchen/50 | Analgetika, Antipyretika | 3. Impfung ab 11. und 2. Impfung ab 15. Lebensmonat |
Windpocken | Varicella-zoster-Virus (VZV) | Tröpfchen/90 | Antipyretika, bei Bedarf Virustatika (Aciclovir, Brivudin), Antipruriginosa | 4. Impfung ab 11. und 2. Impfung ab 15. Lebensmonat |
Ringelröteln | Parvovirus B19 | Tröpfchen | Antipyretika, Analgetika, Antipruriginosa | kein Impfschutz |
Gastroenteritiden | Noroviren | Schmier- und Tröpfcheninfektion | orale Elektrolyte, Antipyretika, Antiemetika | kein Impfschutz |
Gastroenteritiden | Rotaviren | Schmierinfektion | orale Elektrolyte, Antipyretika, Antiemetika | Schluckimpfung nach Impfschema |
*) Robert-Koch-Institut, Impfkalender (Standardimpfungen) für Säuglinge, Kinder, Jugendliche und Erwachsene, 2020/2021. Epidem. Bulletin 34/2020.