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Arzneimittel

Die Blockbuster der kommenden fünf Jahre

Der US-Analyst Clarivate präsentiert in einem neuen Report 15 Arzneimittel, die zu Blockbustern werden könnten – Medikamente, die innerhalb von fünf Jahren mehr als eine Milliarde US-Dollar Umsatz machen könnten. Viele könnten als Hochpreiser auch in deutschen Apotheken landen. Einige sind bereits auf dem Markt.
Daniela Hüttemann
16.01.2023  10:30 Uhr

Clarivate war ursprünglich die Wissenschaftsabteilung des Medienkonzern Thomson Reuters. Das Analyse-Unternehmen berechnet nicht nur den Impact-Faktor für wissenschaftliche Publikationen, es erstellt unter anderem auch Wettbewerbsprofile im Pharma- und Biotechbereich. In seiner frisch veröffentlichten »Drugs to watch«-Liste nennt es 15 Medikamente mit Blockbuster-Potenzial. Aktuelle Vorhersagen gehen für diese Arzneimittel jeweils von einem Umsatz von mindestens einer Milliarde US-Dollar in den kommenden fünf Jahren aus. Viele davon könnten als Hochpreiser auch in den deutschen Apotheken landen. Wir stellen Sie kurz vor:

  1. Lecanemab (Leqembi™ von Eisai und Biogen): ein Antikörper gegen Alzheimer, erst diesen Monat in den USA zugelassen . Er soll im Frühstadium der Erkrankung β-Amyloide im Gehirn abbauen. Clarivate beurteilte die US-Zulassung als Meilenstein.
  2. Donanemab (von Eli Lilly): ein weiterer Antikörper gegen Alzheimer. Er befindet sich in den USA derzeit im Zulassungsverfahren . Donanemab hat ein etwas anderes Target als Lecanemab. Er soll an das β-Amyloid-Protein N3-Pyroglutamat (N2pG) binden. Eingesetzt werden soll er ebenfalls bei frühem Alzheimer.
  3. Bimekizumab (Bimzelx® von UCB): Der IL-17A/F-Antikörper ist in Deutschland bereits seit September 2021 auf dem Markt . Indiziert ist er zur Behandlung von mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis bei Erwachsenen. Clarivate stuft ihn als besser wirksam als alle anderen verfügbaren Therapieoptionen ein, bei längeren Dosierintervallen und einem guten Sicherheitsprofil.
  4. Capivasertib (von Astra-Zeneca): ein neuer hoch potenter und selektiver ATP-kompetitiver pan-AKT-Kinasehemmer gegen Brustkrebs, also eine neue Art von Kinase-Hemmer. Phase-III-Studien laufen. Er könnte in den USA noch in diesem Jahr auf den Markt kommen.
  5. Daprodustat (Duvroq™ von Glaxo-Smith-Kline): Nach Roxadustat (Evrenzo™) ein weiterer Vertreter der noch recht neuen Wirkstoffklasse oral verfügbarer Inhibitoren des Hypoxie-induzierbaren Faktors Prolylhydroxylase (HIF-PHI). Indiziert ist er bei Patienten mit Anämie aufgrund einer chronischen Nierenerkrankung. In Japan ist das Medikament bereits auf dem Markt.
  6. Deucravacitinib (Sotyktu™, Bristol-Myers-Squibb): Dieser Kinase-Hemmer  wäre der erste selektive TYK2-Inhibitor . Clarivate sieht diesen Arzneistoffe als Lückenfüller in der Therapie der Plaque-Psoriasis.
  7. Foscarbidopa/Foslevodopa (von AbbVie): eine neue Variante des Parkinson-Klassikers Carbidopa/Levodopa, subkutan appliziert über Pumpe. Die Wirksamkeit soll besser sein als bei den oral verfügbaren Arzneimitteln bei höherer Dosier-Flexibilität.
  8. Lenacapavir (Sunleca® von Gilead Sciences): Das langwirksame HIV-Therapeutikum ist bereits in der EU zugelassen , allerdings in Deutschland noch nicht auf dem Markt. Der Capsid-Inhibitor muss nach einer oralen Einleitungsphase nur zweimal im Jahr als subkutane Spritze gegeben werden.
  9. Mirikizumab (von Eli Lilly): Es wäre der erste monoklonale Antikörper gegen Colitis ulcerosa und ein weiterer in der Indikation Morbus Crohn. Er richtet sich gegen Interleukin-23.
  10. Pegcetacoplan (Aspaveli® von Sobi): Der Komplementfaktor-Hemmer kam im April 2022 in Deutschland auf den Markt . Indiziert ist er bei der seltenen Erkrankung paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie (PNH). Laut Clarivate könnte er aber auch das erste zugelassene Medikament überhaupt bei den Augenerkrankungen geografische Atrophie und trockene altersbedingte Makula-Degeneration (AMD) sein – diese Form der AMD ist bislang nicht medikamentös therapierbar. Sie ist die deutlich häufigste Form der AMD und damit ein riesiger Markt.
  11. Ritlecitinib (von Pfizer): Ein Mittel gegen Haarausfall hat natürlich immer Blockbuster-Potenzial. Dieser Januskinase-Hemmer könnte bei Alopezie zugelassen werden  und soll das Haarwachstum stimulieren.
  12. Sparsentan (von Travere Therapeutics): Das oral verfügbare Molekül wäre der erste Vertreter der dualen Antagonisten am Endothelin-Typ-A- und Angiotensin-II-Subtyp-1-Rezeptoren bei fortschreitenden Nierenerkrankungen.
  13. Teclistamab (Tecvayli® von Janssen): Der bispezifische Antikörper richtet sich gegen das B-Zell-Maturations-Gen (BCMA) und ist für Krebspatienten mit multiplem Myelom gedacht. Die EU-Zulassung erfolgte im September 2022, Janssen plant derzeit jedoch noch keine Markteinführung in Deutschland , da es eine schlechte Nutzenbewertung fürchtet.
  14. Teplizumab (Tzield™ von Provention Bio): Dieser Antikörper ist die erste Immuntherapie bei Typ-1-Diabetes , der in frühen Stadien der Erkrankung die Funktion der Insulin-produzierenden Betazellen erhalten kann. In den USA wurde er im November 2022 zugelassen; das Zulassungsverfahren in der EU läuft derzeit.
  15. Valoctocogen roxaparvovec (Roctavian von BioMarin Pharmaceutical): Es ist die erste Gentherapie zur Behandlung der Hämophilie A  und ist auch seit Kurzem in Deutschland verfügbar.

Ob und wann die Präparate alle in Deutschland auf den Markt kommen und nach der Nutzenbewertung auch bleiben werden, ist offen. Kandidaten für dieses Jahr hatte PZ-Chefredakteur Sven Siebenand vor Kurzem hier vorgestellt.

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