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Mögliche Markteinführung 2023

Diese Wirkstoffe sind auf der Zielgeraden

Mit circa 50 neuen Wirkstoffen kamen 2022 besonders viele neue Arzneistoffe in den Handel. Ob diese Zahl im Jahr 2023 getoppt werden kann, ist ungewiss. Einige Substanzen haben bereits die EU-Zulassung oder zumindest eine Empfehlung dafür. Welche werden auf den Markt kommen?
Sven Siebenand
05.01.2023  18:00 Uhr

Für mehr als zehn Wirkstoffe steht der Weg für den Markteintritt schon offen. Die Hersteller sind bereits im Besitz der Zulassung durch die EU-Kommission. Diese Information kann man einer Aufstellung des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) entnehmen.

Zwei neue Klassen bei Migräne

Zukünftig sollte man sich beim Thema Migräne zwei neue Klassen merken: Ditane und Gepante. Mit Lasmiditan (Rayvow®, Lilly) hat ein Ditan bereits die EU-Zulassung erhalten und könnte bald auf dem deutschen Markt verfügbar sein. Auch ein Gepant hat diese Zulassung aufzuweisen: Rimegepant (Vydura®, Biohaven Pharmaceutical Ireland). Für Atogepant (Qulipta™, Abbvie) liegt zumindest schon ein Zulassungsantrag bei der EMA in Amsterdam vor.

Die Ditane wirken wie die seit Jahren bekannten Triptane am Serotoninrezeptor, allerdings nicht an den Subtypen 5-HT1B und 5-HT1D, sondern selektiv an 5-HT1F. Der Vorteil: Während Triptane nicht nur an den Blutgefäßen im Gehirn, sondern auch in den peripheren Blutgefäßen vasokonstriktiv wirken, haben die Ditane dort keine gefäßverengende Wirkung. Die neue Gruppe kann daher auch bei einer zusätzlichen Herz-Kreislauf-Erkrankung eingesetzt werden.

Zugelassen ist Lasmiditan zur Akutbehandlung von Migräneattacken mit oder ohne Aura bei Erwachsenen (Standard-Initialdosis 100 mg peroral, maximal 200 mg innerhalb von 24 Stunden). Allerdings können Nebenwirkungen im zentralen Nervensystem auftreten. In einer Studie im Fahrsimulator mit gesunden Probanden beeinträchtigte der Wirkstoff die Verkehrstüchtigkeit signifikant. Die Patienten sollten darauf hingewiesen werden, nach jeder Einnahme für mindestens acht Stunden kein Fahrzeug zu führen und keinen anderen Aktivitäten nachzugehen, die eine erhöhte Aufmerksamkeit erfordern.

An der Pathophysiologie der Migräne ist unter anderem das Neuropeptid Calcitonin-Gene-Related Peptide (CGRP) beteiligt. Es reguliert die nozizeptive Signalübertragung und wirkt gefäßerweiternd. Während eines Migräneanfalls steigt der CGRP-Spiegel. Vier subkutan beziehungsweise intravenös zu verabreichende CGRP-Antikörper für die Migräneprophylaxe gibt es bereits.

Die neue Klasse der Gepante hebt ebenfalls die Wirkung von CGRP auf. Es sind Antagonisten an dessen Rezeptor. Sie kommen damit dem CGRP-Antikörper Erenumab am nächsten. Das bereits zugelassene Rimegepant soll entweder zur Prävention von episodischer Migräne bei Erwachsenen (alle zwei Tage 75 mg) oder zur Akuttherapie der Migräne mit oder ohne Aura (einmal täglich 75 mg) zum Einsatz kommen. Der Vorteil gegenüber CGRP-Antikörpern: Rimegepant kann auch als Akutmedikament verwendet werden und ist oral bioverfügbar. Es wurde in Studien gut vertragen. Häufigste Nebenwirkung war Übelkeit.

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