Das Licht und seine Schattenseiten |
Doch nicht nur für den Menschen kann die Wechselwirkung mit Licht ungünstig sein. Bei einigen Arzneimitteln leidet unter Lichteinfluss die Stabilität. Zu den lichtempfindlichen Wirkstoffen zählen unter anderem Amiodaron, Amlodipin, Cefaclor, Chinin, Cyanocobalamin, Furosemid, Isotretinoin, Molsidomin, Nifedipin, Nitrendipin und Zopiclon. Es können Wirkstoffverluste eintreten, aber auch phototoxische Abbauprodukte entstehen (8).
Die Photozersetzung kann auf zwei Wegen erfolgen: Für eine primäre Photoreaktion muss das Wirkstoffmolekül Energie in Form von Photonen absorbieren können. Das Molekül geht in einen angeregten Zustand über und gibt die aufgenommene Energie in Form von Fluoreszenz, Wärmestrahlung oder einer chemischen Reaktion wieder ab. Damit eine photochemische Reaktion ablaufen kann, müssen bestimmte strukturelle Voraussetzungen im Molekül gegeben sein. Dies ist beispielsweise der Fall bei aromatischen Halogenverbindungen wie Furosemid, Chlorpromazin und Diclofenac, aromatischen Nitroverbindungen wie Nifedipin und Nitrazepam oder N-Oxidstrukturen wie Chlordiazepoxid.
Möglich ist auch eine sekundäre oder photosensibilisierte Photozersetzung. Dabei absorbiert nicht das Wirkstoffmolekül selbst, sondern ein Hilfsstoff oder eine Syntheseverunreinigung Energie in Form von Photonen. Das aktivierte Molekül überträgt die Energie im nächsten Schritt auf das Wirkstoffmolekül, das sich daraufhin zersetzt. So verstärkt sich beispielsweise die Lichtempfindlichkeit von Folsäure, wenn geringste Mengen des ebenfalls sehr lichtempfindlichen Riboflavins anwesend sind (8).
Pharmazeutische Unternehmer müssen die Photostabilitätseigenschaften neuer Wirkstoffe und Arzneimittel evaluieren, um sicherzustellen, dass eine Lichteinwirkung nicht zu unerwünschten Veränderungen führt. Zu beachten ist, dass Faktoren wie Lichtquelle (natürliches Tageslicht oder künstliche Lichtquelle), Bestrahlungsdosis und Probenpräsentation das Ergebnis von Untersuchungen zur Photostabilität erheblich beeinflussen können.
Einheitliche Vorgaben gibt es in der CPMP/ICH-Guideline on Photostability Testing of New Active Substances and Medicinal Products (CPMP/ICH/279/95) (9). Da die Richtlinie erst 1996 veröffentlicht wurde, fehlten lange einheitliche Vorgaben, wie die Photostabilität zu untersuchen ist. Das hat zu den teilweise inkongruenten Angaben in der Fachliteratur und selbst in Pharmacopöen geführt (8).
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Die Wechselwirkung zwischen Licht und Arzneimitteln ist manchmal erwünscht. Das therapeutisch bekannteste Beispiel ist die PUVA-Therapie, eine Photochemotherapie (11–13). Die Abkürzung PUVA bezeichnet den eingesetzten Wirkstoff Psoralen und die verwendete UV-A-Strahlung. Ärzte setzen sie bei Hautkrankheiten wie Psoriasis, atopischer Dermatitis, Vitiligo oder auch beim kutanen T-Zell-Lymphom ein.
Psoralen ist eine Cumarin-ähnliche Substanz, die natürlicherweise in den ätherischen Ölen einiger Pflanzen wie Engelwurz und Nelke vorkommt. Sie macht die Haut lichtempfindlicher und verstärkt dadurch die Strahlenwirkung. In der Folge wird eine niedrigere Strahlendosis für den therapeutischen Effekt benötigt als ohne Wirkstoff.
Die PUVA-Therapie ist systemisch oder topisch möglich. Für die systemische Therapie erhalten die Patienten als Photosensibilisator ein Psoralen-Derivat, in der Regel Methoxsalen (8-Methoxypsoralen, 8-MOP), zur oralen Einnahme. Als Creme oder Gel, gelegentlich auch als Badezusatz, wird der Wirkstoff bei der topischen Therapie auf den betroffenen Hautarealen angewendet. Danach bestrahlt der Arzt die zu behandelnden Hautbereiche für einige Minuten mit UV-A-Licht. Andere Körperpartien werden abgedeckt. Eine spezielle Brille schützt die Augen.
Auch bei einer Lichttherapie mit UV-B-Strahlung kann verstärkend ein Arzneistoff angewendet werden. Hier kommen zum Beispiel topische Glucocorticoide, Cignolin oder Vitamin-D-Analoga zum Einsatz.
Mit einer Lichttherapie lassen sich zwar oft gute Erfolge erzielen, die Behandlungen sind jedoch recht aufwendig. Die Bestrahlung mit UV-Licht ist zudem nicht als Dauertherapie geeignet, da sie möglicherweise das Risiko für hellen Hautkrebs ansteigen lässt.
Als akute Nebenwirkungen der Photochemotherapie können sonnenbrandähnliche Erytheme und phototoxische Reaktionen auftreten, wenn die Bestrahlung überdosiert wird. 8-MOP kann bei oraler Einnahme zu gastrointestinalen Beschwerden führen, auch Schwindelgefühl oder Kopfschmerzen sind beschrieben. Bei starken Beschwerden kann ein Wechsel auf 5-Methoxypsoralen helfen. Am Behandlungstag verbrennt die sensibilisierte Haut sehr leicht bei geringster Sonnenlichtexposition. Auch die Augen benötigen besonderen Schutz.