Curevac-Impfstoff enttäuscht in Studie |
Theo Dingermann |
17.06.2021 09:40 Uhr |
Der Coronaimpfstoff des Tübinger Unternehmens Curevac hat in einer Zwischenauswertung der Zulassungsstudie einen wichtigen Wirksamkeitsendpunkt verfehlt. / Foto: Imago Images/Sven Simon
Es war sicherlich ein schwarzer Tag für das Tübinger Unternehmen Curevac: Am gestrigen Mittwoch musste das Unternehmen mitteilen, dass die zweite Zwischenanalyse der international durchgeführten zulassungsrelevanten Phase-IIb/III-Studie HERALD mit rund 40.000 Probanden für den Covid-19-Impfstoffkandidaten der ersten Generation, CVnCoV, enttäuschende Resultate gezeigt hat.
Danach erzielte CVnCoV eine vorläufige Schutzwirkung von 47 Prozent gegen eine Covid-19-Erkrankung jeglichen Schweregrades und erreichte damit nicht die vorgegebenen statistischen Erfolgskriterien. Die Zwischenanalyse basiert auf insgesamt 134 Covid-19-Fällen, die mindestens zwei Wochen nach der zweiten Impfung auftraten.
Über die Gründe des mäßigen Zwischenergebnisses kann momentan nur spekuliert werden. Das Unternehmen teilt mit, dass in 124 der 134 Covid-19-Fälle das Virus, das die Krankheit verursachte, durch Sequenzierung genauer charakterisiert wurde. Dabei zeigte sich eine große Heterogenität hinsichtlich unterschiedlicher Virusvarianten. So wurde festgestellt, dass die Krankheit nur in einem einzigen Fall durch das ursprüngliche SARS-Coronavirus-2 verursacht worden war. In mehr als der Hälfte der untersuchten Fälle (57 Prozent) waren sogenannte besorgniserregende Varianten (»Variants of Concern«) die Ursache der Erkrankung. Die meisten der verbleibenden Fälle betrafen bisher weniger erforschte Varianten.
Es steht außer Frage, dass das Konzept einer Vakzinierung auf Basis von mRNA-Impfstoffen prinzipiell sehr gut funktioniert. Allerdings gibt es signifikante technologische Unterschiede zwischen den zugelassenen Impfstoffen von Biontech/Pfizer und Moderna und dem Curevac-Kandidaten. Kaum vergleichbar ist allerdings auch das Umfeld, in dem die zugelassenen mRNA-Impfstoffe und der Curevac-Impfstoff getestet wurden. Während der Studien mit den Impfstoffen der Firmen Biontech/Pfizer und Moderna zirkulierte im Wesentlichen eine einzige Virusvariante, was während der HERALD-Studie, wie von Curevac gut belegt, deutlich anders war.
Somit ist es für eine Schlussbewertung sicherlich noch zu früh. Ungeachtet dessen müssen diese Ergebnisse für das Unternehmen, aber auch für die Planung von Impfstrategien als katastrophal gewertet werden. Die Europäische Union beispielsweise hatte sich von dem Curevac-Impfstoff bis zu 405 Millionen Dosen gesichert. Auch das Bundesgesundheitsministerium scheint bereits Konsequenzen gezogen zu haben. Auf der Homepage des Ministeriums wird der Curevac-Impfstoff inzwischen nicht mehr geführt.
In einer Pressekonferenz informierte Curevac heute über weitere Details. Demnach waren die allermeisten Teilnehmer der HERALD-Studie, die sich trotz Impfung mit SARS-CoV-2 infizierten, nur leicht erkrankt. Über den wichtigen Endpunkt »Schutz vor schwerer Erkrankung« lasse sich daher noch wenig sagen, hieß es. Gleiches gelte für die altersabhängige Schutzwirkung; hier hatte sich in der Zwischenauswertung eine geringere Wirksamkeit bei älteren Geimpften abgezeichnet. Mitarbeiter der Firma verwiesen auf die in zwei bis drei Wochen erwartete Bekanntgabe der finalen Studienergebnisse, die dann auf mehr als 200 Covid-19-Fällen basieren sollen.
Auch die Frage, ob die im Vergleich zu anderen mRNA-Impfstoffen deutlich geringere Antikörperinduktion durch die gewählte Dosis von 12 µg CVnCoV eine mögliche Erklärung für die enttäuschenden Ergebnisse liefern könne, werde dann diskutiert. In der Dosisfindungsphase hatte sich gezeigt, dass die Impfung mit CvnCoV Antikörpertiter induziert, die etwa denen von genesenen SARS-CoV-2-Infizierten entsprechen, während etwa Comirnaty® von Biontech/Pfizer eine vierfach so starke Antikörperantwort auslöst. Einige der Varianten, mit denen sich die geimpften Teilnehmer der HERALD-Studie nachweislich infiziert hatten, sind bekannt dafür, dass sie aufgrund eines Immunescapes auch bei Genesenen erneute Infektionen auslösen können, die dann aber in der Regel mild verlaufen. (ar)
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.