Coronavirus |
Seit 2002 sind Coronaviren auch Nicht-Fachleuten bekannt. Vertreter dieser Virusfamilie lösten damals eine Pandemie aus: SARS. 2012 kam MERS hinzu. Coronaviren führen beim Menschen zu Atemwegsinfektionen – von leichten Erkältungen bis hin zu lebensbedrohlichen Lungenentzündungen. Ende 2019 ist in der ostchinesischen Millionenstadt Wuhan eine weitere Variante aufgetreten: SARS-CoV-2, der Auslöser der neuen Erkrankung Covid-19.
Die offizielle Bezeichnung für das neuartige Coronavirus ist SARS-CoV-2. Das Akronym steht für Schweres Akutes Respiratorisches Syndrom und Coronavirus-2. Es ist ein RNA-Virus aus der Familie der Coronaviren. Weitere bekannte Vertreter aus dieser Familie sind HCoV-NL63, -229E, -OC43 und -HKU1 sowie SARS- und MERS-CoV. Die ersten vier Vertreter sind weltweit endemisch und häufig Verursacher von leichten respiratorischen Infektionen. Die beiden zoonotischen Viren SARS- und MERS-CoV können dagegen schwere Lungenentzündungen hervorrufen. Charakteristisch für alle Coronaviren sind Spike-Proteine (S-Proteine) auf der Oberfläche, die den Erregern die namensgebende Krone verleihen.
Der neue Erreger SARS-CoV-2 ist, wie der Name schon sagt, eng mit SARS-CoV verwandt. Bei SARS-CoV kam es in den Jahren 2002/2003 zu einer Pandemie mit mehr als 8.000 Personen in rund 30 Ländern auf sechs Kontinenten; 744 der Erkrankten starben. Seit 2004 wurde SARS-CoV-1 aber nicht mehr im Menschen nachgewiesen. Beim seit 2012 bekannten Middle East Respiratory Syndrome Coronavirus (MERS-CoV) waren bisher alle Fälle direkt oder über einen anderen Patienten mit der arabischen Halbinsel oder benachbarten Ländern assoziiert.
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Das Akronym Covid-19 steht für COronaVIrus Disease-2019 und bezeichnet somit die durch SARS-CoV-2 ausgelöste Krankheit. Laut RKI äußert sich eine Erkrankung in einer Lungenentzündung (Pneumonie) oder durch akute respiratorische Symptome. Der Altersmedian der Erkrankung liegt in Deutschland bei 49 Jahren (Stand 03.04.2020, Quelle: RKI)
Das neue Coronavirus SARS-CoV-2 ruft in erster Linie Erkrankungen der Atemwege hervor. Die Krankheitsverläufe von Covid-19 sind dabei unspezifisch und vielfältig. Sie variieren von symptomlosen Verläufen bis zu schweren Pneumonien mit Lungenversagen und Tod. In Bezug auf deutsche Fälle sind häufige Symptome Husten (53%), Fieber (42%) und Schnupfen (23%).
Neben diesen unkomplizierten Verläufen kann bei einem Teil der Patienten die Infektion auch mit einem schwereren Verlauf einhergehen und zu Atemproblemen und Lungenentzündung (2%) bis hin zur Sepsis zu führen (Prozentzahlen deutscher Fälle laut RKI, Stand 03.04.2020). Einige Betroffene berichteten auch von Durchfall und Geruchs- und Geschmacksverlust. Eine Infektion mit SARS-CoV-2 kann möglicherweise auch die Thromboseneigung erhöhen und sorgt für eine Entzündung der Blutgefäße (Endotheliitis). Aller Wahrscheinlichkeit nach sind symptomfreie Infizierte sowie frisch Infizierte vor dem Auftreten erster Symptome bereits ansteckend.
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Schwere Verläufe können prinzipiell auch bei Personen ohne bekannte Vorerkrankung und jüngeren auftreten. Für einige Personengruppen wird allerdings ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf angenommen. Dazu gehören ältere Personen ab etwa 50 bis 60 Jahren, Raucher und Personen mit bestimmten Vorerkrankungen wie Erkrankungen des Herz-Kreislauf-System, chronische Erkrankungen der Lunge, Patienten mit chronischen Lebererkrankungen, Diabetiker, Krebskranke, Immungeschwächte oder -supprimierte. Besonders wichtig für diese Patienten ist eine gute medikamentöse Einstellung ihrer Grunderkrankung.
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Der Anteil an verstorbenen Patienten liegt in Deutschland aktuell bei 2,9 Prozent (Stand 17.04.2020). 86 Prozent der Todesfälle und 17 Prozent aller Fälle sind 70 Jahre oder älter. (Stand 13.04.2020) Das RKI berichtet in seinem täglichen Lagebericht über die aktuellen Zahlen. Die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland wird derzeit insgesamt als hoch eingeschätzt, für Risikogruppen als sehr hoch. Die Wahrscheinlichkeit für schwere Krankheitsverläufe nimmt mit zunehmendem Alter und bestehenden Vorerkrankungen zu.
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Nach derzeitigem Kenntnisstand erfolgt die Übertragung in der Bevölkerung hauptsächlich durch Tröpfchen. Bei der Tröpfcheninfektion werden Krankheitserreger, die in kleinen Speicheltröpfchen in der Luft vorliegen, durch Einatmen dieser Tröpfchen aufgenommen. Die Tröpfchen haben dabei je nach Größe eine unterschiedliche Reichweite. Bei Tröpfchen von <5 Mikrometer spricht man von Aerosolen. Eine Übertragung über Aerosole ist unter gewissen Umständen auch möglich.
Eine Schmierinfektion ist, insbesondere in direkter Umgebung zu einem Infizierten, nicht auszuschließen. Auf Oberflächen soll das Virus bis zu neun Tage überleben können. Berühren die Hände kontaminierte Oberflächen und anschließend das Gesicht, können die Erreger über die Schleimhäute von Mund, Nase oder Augen in den Körper gelangen. Daher können Hygienemaßnahmen vor einer sogenannten Schmierinfektion schützen.
Die Möglichkeit einer fäkal-oralen Übertragung von SARS-CoV-2 ist aktuell nicht auszuschließen. Bei Infizierten wurden vereinzelt PCR-positive Stuhlproben identifiziert. Ob die Viren im Stuhl vermehrungsfähig und somit ansteckend sind, wurde bisher nicht gänzlich geklärt.
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Man nimmt derzeit an, dass es nach einer Ansteckung bis zu 14 Tage (Einzelfallberichten zufolge auch länger) dauern kann, bis Krankheitszeichen auftreten. Im Mittel liegt die Inkubationszeit bei fünf bis sechs Tagen. Meistens erfolgt eine Ansteckung erst dann, wenn ein Fall symptomatisch geworden ist. Aber auch Infizierte ohne Symptome können eine Infektionsquelle sein.
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Coronaviren können sich bei Raumtemperatur bis zu neun Tage lang auf Oberflächen wie Klingeln und Türgriffen halten und infektiös bleiben. Im Schnitt überleben sie zwischen vier und fünf Tagen, berichtete Anfang Februar ein Forschungsteam aus Greifswald und Bochum im «Journal of Hospital Infection» (DOI: 10.1016/j.jhin.2020.01.022).
SARS-CoV-1 kann bis zu sechs Tage auf bestimmten Oberflächen infektiös bleiben. Aktuell geht das RKI davon aus, dass dies bei SARS-CoV-2 ähnlich ist. Generell kann davon ausgegangen werden, dass das Virus bei niedrigen Temperaturen länger infektiös bleibt. Bisher gibt es keine Nachweise für eine Übertragung über Oberflächen im öffentlichen Bereich. Es ist aber nicht auszuschließen, dass infizierte Personen Oberflächen in ihrer direkten Umgebung kontaminieren könnten.
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Die effektivsten und wichtigsten Maßnahmen, um sich und andere vor einer Infektion mit respiratorischen Erregern zu schützen, sind das Einhalten von Husten- und Niesregeln, das Abstandhalten von mindestens 1,5 Metern zu anderen Personen und eine gute Händehygiene. Dazu gehört regelmäßiges Händewaschen.
Man sollte seine Hände immer gründlich waschen, wenn man nach Hause kommt, wenn man eine Toilette benutzt hat, nach dem Husten, Niesen oder Naseputzen sowie vor der Zubereitung von Speisen und vor den Mahlzeiten. Die Hände sollte man auch immer waschen, wenn man Kontakt mit Kranken hatte. Man sollte sich so wenig wie möglich ins Gesicht fassen. Händeschütteln sollte aktuell vermieden werden. Gründliches Händewaschen dauert mindestens 20 Sekunden. Die Verwendung von Händedesinfektionsmittel wird für den Hausgebrauch nicht empfohlen, da die unbehüllten Coronaviren auch durch Händewaschen allein zerstört werden. Die Einwirkzeit bei Desinfektionsmitteln für die Hände ist produktspezifisch, beträgt aber mindestens 30 Sekunden.
Durch Einhalten der sogenannten Hustenetikette, die auch beim Niesen gilt, soll die Weiterverbreitung von Krankheitserregern ebenfalls verhindert werden. Konkret heißt das: In ein Einmaltaschentuch oder die Armbeuge husten/niesen, Taschentücher sofort entsorgen und danach die Hände waschen. Menschen mit Atemwegssymptomen sollten generell zu Hause bleiben. Jeder sollte sich an die Regeln des aktuell geltenden Kontaktverbots halten. Empfohlen wird ein Abstand von 1,5 bis 2 Metern. Außerdem sollte man die Wohnräume mehrmals täglich gründlich lüften. Dabei soll man nicht nur das Fenster kippen, sondern zwei Fenster oder Türen komplett für zehn Minuten öffnen, damit ein kompletter Luftwechsel stattfinden kann.
Coronavirus-Schutz: Die wichtigsten Hygieneregeln, 28.02.2020
Video der BZgA zum Thema „Richtig husten und niesen“
Mehr zum Thema Händewaschen auf www.infektionsschutz.de
Empfehlungen vom RKI zur Händehygiene in Einrichtungen des Gesundheitswesens
SARS-CoV-2 gehört zu den behüllten Viren. Zur Händedesinfektion eignen sich solche Produkte, die als „begrenzt viruzid“ und „viruzid“ deklariert sind. Das Robert-Koch-Institut (RKI) kennzeichnet die Wirkungsbereiche durch die Buchstaben A und B, wobei Produkte mit der Kennzeichnung B bei Coronaviren wirksam sind, denn der Buchstabe B ist gleichbedeutend mit dem Begriff „viruzid“.
Um die Wirksamkeit des jeweiligen Produkts zu gewährleisten, muss der Anwender zwingend die spezifischen Einwirkzeiten einhalten (mindestens 30 Sekunden) und auf die korrekte Anwendung achten. Ein besonderes Augenmerk sollte auf Fingerkuppen und Daumen liegen, da diese Bereiche häufig mit Oberflächen oder anderen Personen in Kontakt kommen. Wichtiger noch als die Händedesinfektion ist das Händewaschen.
Infektionen: Welche Desinfektionsmittel schützen vor Coronaviren und Grippe?, 31.01.2020
Liste aller vom RKI geprüften Produkte
Video von BGW online zur korrekten Händedesinfektion
Tipps zur Hautpflege bei häufigem Händewaschen und -desinfizieren
Während der Corona-Pandemie ist Apotheken die Herstellung von Desinfektionsmittteln ausnahmsweise per Allgemeinverfügung erlaubt. Wichtig ist dabei allerdings die Zweckbestimmung, also an wen das hergestellte Desinfektionsmittel abgegeben werden soll. Es wird unterschieden zwischen der Abgabe an Endverbraucher und der an berufsmäßige Verwender, etwa Arztpraxen, Krankenhäuser oder Pflegeeinrichtungen.
Seit dem 9. April 2020 gibt es eine neue Allgemeinverfügung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) zur Zulassung von Desinfektionsmitteln für die Händedesinfektion. Diese sollte die bisherigen Zulassungen nur für den privaten Endverbraucher oder nur für die berufliche Verwendung harmonisieren. Bestimmte Desinfektionsmittel sind allerdings nach wie vor nur für die berufliche Verwendung zugelassen. Genauere Informationen dazu stellt die ABDA zur Verfügung.
ABDA: Neue BAuA-Allgemeinverfügung zur Händedesinfektion, 14.04.2020
Desinfektionsmittel: Weitere Befugnisse für Apotheken, 03.04.2020
ABDA: Neues zur Herstellung von Desinfektionsmitteln, 23.03.2020
WHO-Anleitung zur Herstellung Hände-Desinfektionsmitteln
Generell werden Atemschutzmasken in Voll-, Halb- und Viertelmasken eingeteilt – je nachdem, welche Teile des Gesichts durch die Maske verdeckt werden. Die Vollmasken reichen über das gesamte Gesicht, Halbmasken über Mund, Nase und Kinn und lassen somit die Augenpartie frei. Die Viertelmasken bedecken Nase und Mund.
Zu den Halbmasken gehören die Partikel-filternden Halbmasken (Filtering Face Piece, FFP). Diese bestehen ganz oder zum Teil aus nicht auswechselbarem Filtermaterial und sollen den Träger schützen. Je nach Filterdurchlass und Undichtigkeit wird zwischen FFP1, FFP2 und FFP3 unterschieden. Zum Schutz vor infektiösen Aerosolen in medizinischen Einrichtungen kommen hauptsächlich FFP2-Masken zum Einsatz.
Der aus dem Operationssaal bekannte Mund-Nasen-Schutz (MNS) ist keine klassische Atemschutzmaske, denn diese dient per Definition dem Schutz des Trägers. Der Mund-Nasen-Schutz dagegen soll verhindern, dass der Maskentragende Krankheitserreger weitergibt.
Unter den Begriff Behelfsmasken, Community-Masken oder DIY-Masken fallen selbstgemachte Masken, die beispielsweise in Eigenherstellung aus handelsüblichen Stoffen genäht und im Alltag getragen werden.
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Der aus dem Operationssaal bekannte Mund-Nasen-Schutz (MNS) soll vor allem die Verbreitung von Tröpfchen in die Umgebung durch den Träger verhindern. Dementsprechend eignen sich diese Masken in erster Linie für Infizierte. Vor einer Tröpfcheninfektion kann ein MNS den Träger nachweislich nicht zuverlässig schützen. Kurz gesagt: MNS eignen sich eher zum Fremdschutz, als zum Eigenschutz. Allerdings können Mund und Nase des Trägers durch den MNS vor Berührungen durch kontaminierte Hände geschützt werden, wobei Gegenstimmen argumentieren, dass sich beim Tragen eines MNS vermehrt ins Gesicht gegriffen wird.
Zum eigenen Schutz hingegen dienen prinzipiell die Partikel-filternden Halbmasken (Filtering Face Piece, FFP). Sie können nur bei dichtem Sitz vor einer Tröpfcheninfektion schützen. Beispielsweise können Barthaare die Schutzwirkung negativ beeinträchtigen. Diese Masken sollten medizinischem Personal vorbehalten bleiben, da dieses jeden Tag in engem Kontakt zu Patienten steht und allgemeine Knappheit herrscht. Medizinisches Personal zu schützen ist von gesamtgesellschaftlichem Interesse. Das RKI nahm Anfang April Stellung zum Tragen von Behelfsmasken in der Bevölkerung. Das vorsorgliche Tragen solcher Masken könne demnach dazu beitragen, das Übertragungsrisiko von SARS-CoV-2 zu vermindern.
Da auch Betroffene mit sehr leichten Symptomen ansteckend sein können und andere Infizierte eine Erkrankung nicht bemerken und Erreger trotzdem ausscheiden können, könnte das vorsorgliche Tragen von Behelfsmasken zur Verringerung des Übertragungsrisikos beitragen. Darüber hinaus könne das Tragen von Behelfsmasken das Bewusstsein für „physical distancing“ stärken und gesundheitsbewusstes Verhalten unterstützen. Auf keinen Fall sollte das Tragen von Behelfsmasken zu einer Vernachlässigung anderer Präventionsmaßnahmen führen.
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Das RKI empfiehlt Betroffenen auch bei Atemwegserkrankungen mit nur leichten Symptomen wie Husten, Niesen und Halsschmerzen ärztlichen Rat einzuholen und nach einem Test auf Corona zu fragen, sofern man in den letzten beiden Wochen Kontakt zu einem Erkrankten hatte oder Vorerkrankungen bestehen. Auch wenn man bei der Arbeit mit Menschen Kontakt hat, die ein hohes Risiko für einen schweren Covid-19-Verlauf haben oder wenn sich die Symptome der Atemwegserkrankung verschlimmern, Atemnot oder hohes Fieber auftreten, sollte ein Arzt konsultiert werden. Dabei sollte zunächst telefonisch Kontakt mit dem jeweiligen Hausarzt aufgenommen werden. Während des Wartens auf die Testergebnisse sollte man sich selbst isolieren. Der Arzt, der bei einem Patienten den Verdacht auf eine Erkrankung mit dem neuartigen Coronavirus stellt, muss dies dem Gesundheitsamt gemäß Coronavirus-Meldepflichtverordnung melden.
Aktuelles Flussschema zu Maßnahmen und Testkriterien bei Covid-19-Verdacht für Ärzte
Für die Feststellung einer akuten Infektion mit dem SARS-CoV-2 ist der direkte Erregernachweis ausschlaggebend. Das Virusgenom wird über Real-Time quantitative Reverse-Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion (RT-qPCR) nachgewiesen. Beim Nachweis auf SARS-CoV-2 werden für das Virus charakteristische Nukleotidsequenzen detektiert. Die RT-PCR ist eine Sonderform zum Nachweis von RNA. Diese wird zunächst mittels reverser Transkriptase in cDNA umgeschrieben, die anschließend als Ausgangsprodukt für die klassische PCR verwendet wird. Da es sich bei SARS-CoV-2 um einen RNA Virus handelt, kommt diese Methode hier zum Einsatz.
Bei der eigentlichen PCR werden definierte DNA-Bereiche in vitro amplifiziert. Dieser Prozess kann in drei Schritte gegliedert werden: Denaturierung, Primerbindung und Polymerisation. Im ersten Schritt wird die DNA bei 94°C denaturiert. Anschließend muss der zu amplifizierende Bereich durch die Primer, also Oligonukleotide, bestimmt werden. Dazu wird die Temperatur auf 45°C bis 65°C reduziert, wobei sich die Primer an die homologen Sequenzen der Zielsequenz anlagern. Bei der Polymerisation synthetisiert eine thermostabile DNA-Polymerase die Zielsequenz. Die Temperatur bei der Polymerisation ist abhängig von der eingesetzten Polymerase. Dieser Vorgang wird anschließend mehrfach wiederholt. Da die Produkte aller vorherigen Zyklen Ausgangsprodukte für den darauffolgenden Zyklus sind, wird die DNA exponenziell vervielfältigt.
Die RT-qPCR ermöglicht zusätzlich eine quantitative Analyse. Die Quantifizierung erfolgt mit Hilfe von Fluoreszenz-Messungen, die proportional mit der Menge der PCR-Produkte zunimmt. Die Messungen werden dabei während der PCR in Echtzeit durchgeführt.
Bei Erkrankungsbeginn eignen sich Abstriche aus den oberen Atemwegen als Probenmaterial, also Rachen- beziehungsweise Nasen-Rachen-Abstriche. In späteren Phasen können außerdem Sekrete aus den unteren Atemwegen, wie beispielsweise Sputumproben verwendet werden. Zur Ergänzung der molekularen Diagnostik sollte bei schweren Krankheitsverläufen auch eine bildgebende Diagnostik erfolgen. Sich selbst per Antikörperschnelltest auf eine SARS-CoV-2-Infektion zu testen, ist bislang nicht zuverlässig möglich.
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Wichtige Institutionen und Gesellschaften, darunter die Deutsche Herzstiftung, die European Society of Cardiology (ESC), US-amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention (CDC) und die American Heart Association empfehlen allen Patienten, die bereits ACE-Hemmer oder AT1-Antagonisten (Sartane) einnehmen, die Fortsetzung der Einnahme. Zurzeit gibt es keine klinischen Beweise für einen Zusammenhang zwischen der Einnahme von Medikamenten dieser Wirkstoffklassen und einem erhöhten Risiko, an Covid-19 zu erkranken oder für einen schwereren Verlauf.
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Die Therapie von Covid-19 richtet sich nach der Schwere der Erkrankung. Es gibt bisher noch keine spezifische, zugelassene Therapie gegen Coronaviren. Bei unkomplizierten Verläufen wird eine rein symptomatische Therapie empfohlen. Dazu gehören schmerz- und fiebersenkende Mittel wie Paracetamol sowie bei gastrointestinalen Symptomen wie Durchfall auch Elektrolytlösungen.
Bei schweren Verläufen unter stationärer Behandlung wird zum Teil der Einsatz einiger antiviraler Arzneimittel im Off-Label- oder Compassionate-Use erwogen. Für keine dieser potenziell wirksamen Therapieoptionen konnten Wirksamkeit und Sicherheit bei Covid-19 Patienten bislang durch klinische Prüfungen bestätigt werden (Stand 28. April). Aufgrund unzureichender Daten gibt es bisher keine Therapieempfehlung in Deutschland. Der Einsatz dieser Arzneimittel muss im Einzelfall entschieden werden und kommt nur bei schweren Verläufen in Frage. Insofern muss vor Beginn einer Therapie im Rahmen eines individuellen Heilversuchs (keine Zulassung für das verwendete Präparat in Deutschland) oder als Off-Label-Use (Zulassung in Deutschland für eine andere Indikation) das individuelle Nutzen-Risiko-Verhältnis sorgfältig abgewogen werden.
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Zu den antiviralen Off-Label-Arzneimitteln gehören unter anderem:
Weitere Maßnahmen, die bei stationärer Versorgung getroffen werden, sind eine restriktive Flüssigkeitstherapie, Thromboseprophylaxe und Sauerstoff-Gabe. Bei Verdacht auf eine bakterielle Superinfektion und/oder einen septischen Verlauf wird eine Antibiose eingeleitet.
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Es wird vermutet, dass eine überschießende Immunreaktion auf SARS-CoV-2 unter anderem ursächlich für schwere Covid-19-Verläufe ist. Eine Schlüsselrolle spielt hier das Interleukin-6. Auf das Zytokin beziehungsweise seinen Rezeptor abzielende Antikörper wie Tocilizumab und Sarilumab werden daher aktuell in Studien getestet. Immunmodulierende Arzneimittel für den Off-Label-Use:
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Nein, derzeit gibt es kein Medikament, das definitiv eine Verbesserung des Krankheitsverlaufs bei Covid-19-Patienten bewirken kann. Einige Arzneimittel haben in Beobachtungsstudien oder kleinen, randomisierten Studien In-vitro-Aktivität gegen SARS-CoV-2 oder potenzielle klinische Vorteile gezeigt. Gegenwärtig werden zahlreiche randomisierte klinische Studien durchgeführt, um die Wirksamkeit zu überprüfen.
Es gibt zudem keine Belege, dass Phytopharmaka, Nahrungsergänzungsmittel, Nikotin-Ersatzpräparate oder sonstige Mittel vor einer Coronavirus-Infektion schützen oder deren Verlauf positiv beeinflussen.
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Die bisher berichteten klinischen Vorteile der Kombination von Hydroxychloroquin und Azithromycin bei Patienten mit Covid-19 stammen entweder aus Medienberichten oder aus nicht-randomisierten Studien mit kleinen Teilnehmerzahlen von weniger als 100 Patienten (Stand: 24. April). Der dokumentierte Nutzen von Hydroxychloroquin mit oder ohne Azithromycin ist sehr begrenzt, insbesondere bei schweren Krankheitsverläufen. Zwar könnten sich diese Medikamente sowohl einzeln als auch in Kombination als wirksam erweisen, doch muss dieser Nutzen noch durch randomisierte klinische Studien belegt werden, bevor diese Behandlung auf breiter Basis eingesetzt werden sollte.
Dem stehen potenzielle Nebenwirkungen, unter anderem ein verlängerte QT-Zeit entgegen. Am 23. April erinnerte die Europäische Arzneimittelagentur EMA noch einmal daran. Ein Therapieversuch sollte möglichst nur im Rahmen klinischer Studien und immer stationär stattfinden.
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Angesichts der wichtigen Rolle, die die Immunantwort bei den Komplikationen von Covid-19 spielt, werden in klinischen Studien immunmodulierende Medikamente untersucht. Bei Patienten mit einem sogenannten »Zytokinsturm«, der sich durch eine deutliche Erhöhung der Entzündungsmarker kennzeichnet, kann der Einsatz von IL-6-Rezeptorantagonisten in Erwägung gezogen werden, vorzugsweise im Rahmen einer klinischen Studie. Diese Medikamente können allerdings das Risiko von Sekundärinfektionen erhöhen.
Die Rolle von Corticosteroiden ist nach wie vor umstritten. Die aktuellen Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation empfehlen ihren Einsatz nur dann, wenn gleichzeitig eine andere Indikation besteht, wie beispielsweise die Exazerbation einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD). Der Nutzen bei Patienten mit schweren Covid-19-Verläufen und akutem Atemnotsyndrom muss in klinischen Studien weiter untersucht werden.
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Die Verwendung neu eingesetzter Medikamenten beruht auf der Annahme, dass die Vorteile (in vitro/klinische Evidenz) die damit verbundenen Risiken (unerwünschte Arzneimittelwirkungen) überwiegen. Eine Einschränkung bei der Verwendung von Arzneimitteln im Off-Label-Use ist die potenzielle akute Toxizität, wie sie aus den zugelassenen Indikationen bekannt ist. Diese akute Toxizität kann den undefinierten Nutzen eines bestimmten antiviralen Wirkstoffs überwiegen. Eine noch verstärkte Toxizität durch Kombinationstherapie schafft ein potenziell zusätzliches Risiko und erfordert eine genaue Risiko-/Nutzen-Analyse.
Insgesamt rechtfertigt der Mangel an Evidenz, die einen klaren Nutzen nachweist, möglicherweise nicht das Risiko, das neu eingesetzte Wirkstoffe bergen. Dies ist bei Patienten mit einem hohen Toxizitätsrisiko und in Situationen, in denen unerwünschte Ereignisse die Teilnahme an Studien verhindern können, von größter Bedeutung.
Die Priorität sollte darin bestehen, einen Patienten in eine klinische Studie aufzunehmen, wenn er sich dafür qualifiziert. Wenn dies nicht möglich ist werden Patienten, die ambulant stabil sind oder keine Anzeichen von Sauerstoffbedarf oder Lungenentzündung aufweisen, in der Regel unterstützend therapiert. Patienten, bei denen Hinweise auf eine Hypoxie oder Lungenentzündung vorliegen und insbesondere Risikopatienten für schwere Verläufe, können für eine spezifische Covid-19-Therapie in Betracht gezogen werden. Dabei müssen die Risiken und Vorteile mit dem Patienten besprochen wurden und in Übereinstimmung mit den Behandlungsrichtlinien des örtlichen Krankenhauses erfolgen.