An Candidose als Nebenwirkung denken |
Annette Rößler |
11.01.2022 17:00 Uhr |
Hefepilze der Gattung Candida besiedeln häufig Haut und Schleimhäute. Ist das Immunsystem geschwächt, können sie überhandnehmen. / Foto: CDC/Dr. Godon Roberstad
Interleukin-17 (IL-17) ist ein proinflammatorisches Zytokin, das bei verschiedenen chronisch-entzündlichen Erkrankungen überaktiv ist. So sind gegen IL-17 gerichtete Antikörper wie Secukinumab (Cosentyx®), Ixekizumab (Taltz®), Brodalumab (Kyntheum®) und Bimekizumab (Bimzelx®) zur Behandlung von Patienten mit Plaque-Psoriasis und teilweise auch bei Psoriasis-Arthritis und Morbus Bechterew zugelassen. IL-17 vorgeschaltet sind IL-12 und IL-23, sodass auch IL-12/23-Hemmer wie Ustekinumab (Stelara™) beziehungsweise IL-23-Hemmer wie Guselkumab (Tremfya®), Tildrakizumab (Ilumetri®) und Risankizumab (Skyrizi™) letztlich die Bildung von IL-17 inhibieren.
IL-17 ist allerdings auch an der Immunabwehr von Haut- und Schleimhaut-Candidosen beteiligt, sodass solche Pilzinfektionen eine Nebenwirkung der Therapie mit den genannten Biologika darstellen. Wie häufig sie vorkommen, hat jetzt ein Team um Linda Davidson von der Radboud Universität in Nimwegen in den Niederlanden untersucht und im Fachjournal »The Lancet Regional Health Europe« publiziert.
Die Autoren nutzten für ihre Analyse eine nationale niederländische und internationale Nebenwirkungs-Datenbanken der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) sowie Daten einer an ihrer eigenen Universität betreuten Kohorte von mit Biologika behandelten Psoriasis-Patienten. Dabei zeigte sich, dass in der WHO-Datenbank zu IL-17-Hemmern zehnmal so häufig Candidosen als Nebenwirkung gemeldet wurden wie zu TNF-α-Inhibitoren (10,2-mal so viele Berichte registriert), insbesondere für Candidosen der Haut (12,3-mal so viele Einträge), des Mund- und Rachenraums (Faktor 19,2) und der Speiseröhre (Faktor 21,2). Hieraus ergab sich ein je nach Art der Candidose vier- bis zehnfach erhöhtes Risiko gegenüber TNF-α-Blockern, welches die EMA-Daten (16- bis 33-fach erhöhtes Risiko), das nationale Register (zwei- bis 42-facher Risikoanstieg) und die Kohortenstudie (drei- bis 25-fache Erhöhung) bestätigten. Wurde bei einem Patienten eine Anti-IL-17-Therapie begonnen, steigerte das sein Risiko für eine behandlungsbedürftige Candidose um das Zwei- bis 16-Fache.
Interessanterweise war das Risiko unter IL-12/23- beziehungsweise IL-23-Hemmern weniger stark erhöht und bewegte sich je nach Datenquelle auf dem Niveau der TNF-α-Hemmer oder sogar von nicht mit einem Biologikum behandelten Patienten. Die Autoren selbst leiten daraus aber keine Empfehlung ab, dass etwa IL-12/23- oder IL-23-Antikörper gegenüber IL-17-Blockern bevorzugt werden sollten. Stattdessen raten sie dazu, Patienten unter IL-17-Hemmern engmaschig auf Candidosen zu überwachen und bei rezidivierenden oder chronischen Hefepilzinfektionen eine antimykotische Prophylaxe zu erwägen.