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Wie funktionieren Corona-Impfstoffe? 

Covid-19-Impfungen könnten perspektivisch auch von Apothekern durchgeführt werden. Dabei wird es aber darauf ankommen, um was für eine Art von Impfstoff es sich handelt. Der Blick in die Pipeline zeigt: Wir werden es mit vielen unterschiedlichen Impfprinzipien zu tun bekommen, darunter vollkommen neue. Einen Überblick gab es beim ersten Vortrag der Fortbildungsreihe pharmacon@home.
Daniela Hüttemann
08.06.2020  16:48 Uhr

Mit Stand 2. Juni gibt es laut Weltgesundheitsorganisation 133 Impfstoffkandidaten gegen das neue Coronavirus SARS-CoV-2, davon zehn in der klinischen Entwicklung, informierten PZ-Chefredakteur Professor Dr. Theo Dingermann und Dr. Ilse Zündorf vom Institut für Pharmazeutische Biologie der Goethe-Universität Frankfurt am Main bei ihrem Vortrag zu »Covid-19: Immunologie und Impfstoffe«. Der Vortrag war am Sonntagabend Auftakt für die Online-Fortbildungswoche pharmacon@home. Derzeit werden viele verschiedene Impfstrategien verfolgt, deren Grundlagen sowie Vor- und Nachteile die beiden Immunologie-Experten vorstellten. Sie nannten dabei auch jeweils einige Beispiele aus der fortgeschrittenen Entwicklung. Viele Kandidaten nutzen dabei Techniken, die bislang noch bei keinem zugelassenen Impfstoff gegen andere Infektionskrankheiten eingesetzt wurden. 

Einen ganz klassischen Ansatz bilden die lebend-attenuierten Vakzinen, also klassische Lebendimpfstoffe, bei denen die Pathogenität des Virus dadurch abgeschwächt wurde, dass man es wiederholt unter suboptimalen Bedingungen in Tierzellen sich vermehren ließ. Ein bekannter Impfstoff ist die Mumps-Masern-Röteln-Vakzine. »Der Vorteil ist eine nachhaltige Immunreaktion mit B- und T-Zellantwort, aber das Verfahren ist sehr zeitaufwändig und muss streng geprüft werden«, erläuterte Zündorf. Während es für die erwähnten MMR-Viren hier lange sichere Zelllinien gibt, müssen diese für SARS-CoV-2 erst noch etabliert werden. Dabei greifen die Entwickler (Codagenix und das Serum Institute of India sowie die Griffith University und Indian Immunologicals) auf einen Trick zurück: Sie verändern die RNA des Virus so, dass die viralen Proteine suboptimal produziert werden. Dies erreichen sie dadurch, dass sie die Codons, also die drei Nukleotide, die die Aminosäure kodieren, gegen weniger benutzte Codons austauschen. »Wir wissen aber noch nicht, ob es funktionieren wird«, so Zündorf.

Die nächste Klasse bilden die Vakzinen mit inaktivierten Viren, bei denen die Viren zunächst in geeigneter Kultur gezüchtet und dann mit Formaldehyd modifiziert werden, wie dies auch bei FSME- und Hepatitis-A-Impfstoffen der Fall ist – ein altbekanntes und relativ sicheres Prinzip. »Hier ist der Vorteil, dass sie relativ schnell herstellbar sind und relativ viele Produktionsstandort für diese Technologie existieren«, erklärte die Pharmazeutische Biologin. Diese Vakzinen müssen zum Teil adjuvantiert werden. Da zahlreiche Antigene vorliegen, erfolgt zudem eine umfassende Immunantwort, allerdings überwiegend über die B-Zellen. Eine Überreaktion zeichne sich in den bislang vorliegenden Daten nicht ab. Vier Kandidaten aus China sind bereits in der Phase I/II.

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