Wenn Wunden nicht heilen wollen |
Bis ein so großes Ulkus abheilt, kann es lange dauern. Für die Patienten ist das ein mühsamer Weg. / Foto: Adobe Stock/kayasit
Ulcus cruris, das »offene Bein«, ist eine typische Alterserkrankung. Die tiefen und meist schlecht heilenden Wunden stellen eine große Belastung dar und schränken die Lebensqualität ein.
Wunden gelten als chronisch, wenn sie nach acht Wochen nicht abgeheilt sind oder wenn sie ursächlich behandelt werden müssen, beispielsweise Geschwüre beim diabetischen Fußsyndrom (1). Sie können grundsätzlich an jeder Stelle des Körpers entstehen. In Europa manifestieren sich chronische Wunden am häufigsten in Form des Ulcus cruris, des diabetischen Fußulkus (DFU) oder als Dekubitus (2).
Der Begriff Ulcus cruris umfasst Wunden unterschiedlicher Genese im Bereich der Unterschenkel. Zugrunde liegen in der Regel Gefäßerkrankungen wie die chronisch venöse Insuffizienz (CVI) oder die periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK). Perfusionsstörungen im Unterschenkel schädigen die Haut und die darunterliegenden Gewebe und beeinträchtigen die Wundheilung (3, 4). In der Folge heilen selbst kleine Verletzungen nicht oder nur schwer ab.
Bei mehr als zwei Dritteln der Patienten spielt bei der Entstehung oder als Komorbidität die CVI eine Rolle. Dies ist eine Erkrankung der tiefen Beinvenen. Sie entwickelt sich, wenn defekte Venenklappen nicht mehr richtig schließen, sodass sich das venöse Blut in den Unterschenkeln staut. In der Folge werden die Gefäße durchlässiger und Blutzellen und Flüssigkeit können in die benachbarten Gewebe austreten. Mögliche Folgen sind äußerlich sichtbare Besenreißer oder Krampfadern, Ödeme, Hautveränderungen und Ulzerationen, die bevorzugt am Innenknöchel entstehen (4–6).
Etwa 15 Prozent der Beinulzera werden durch arterielle Durchblutungsstörungen im Rahmen einer pAVK verursacht. Die pAVK entsteht, wenn sich Plaques aus Fett- und Eiweißbestandteilen in den Arterien der Extremitäten ablagern (Atherosklerose). Die Gefäße werden eingeengt und lassen weniger Blut hindurchfließen. Die Beschwerden treten zunächst nur bei Belastung auf; wenn die pAVK fortschreitet, auch in Ruhe. Anders als bei venösen Beschwerden schmerzen die Beine oft sogar stärker, wenn sie hoch gelagert werden. Typisch ist eine blasse, kühle und trockene Haut, während die Haut bei einer CVI häufig durch Ödeme glänzt, oft schuppig oder rissig ist und eine bräunlich-rote Hyperpigmentierung aufweisen kann. Ein Ulcus cruris arteriosum als Komplikation der pAVK entwickelt sich überwiegend an den Zehen, dem Vorfuß, dem Außenknöchel oder der Schienbeinkante.
Beim Ulcus cruris mixtum liegt eine Kombination arterieller und venöser Ursachen vor. Die Sonderform Ulcus hypertonicum Martorell ist eine Folge eines chronischen, schlecht eingestellten arteriellen Bluthochdrucks (Kasten).
Foto: Adobe Stock/Peter Maszlen
Das Ulcus hypertonicum Martorell, das auch als »Hautinfarkt« bezeichnet wird, ist eine spezielle Form des Ulcus cruris. Die korrekte Diagnose wird aber oft nicht gestellt. Leitsymptom ist die extrem schmerzhafte Hautnekrose, die an der Unterschenkelseite oder über der Achillessehne liegt und sich über den Wundrand ausbreiten kann. Die Patienten leiden bereits langjährig an arterieller Hypertonie, etwa die Hälfte auch an Typ-2-Diabetes.
Wie das Geschwür genau entsteht, ist noch nicht geklärt. Als Ursache wird eine stenosierende Arteriosklerose angenommen. Aus einem Bagatelltrauma entsteht innerhalb kurzer Zeit eine rasch progrediente Hautnekrose.
Das Ulcus hypertonicum Martorell wird am besten chirurgisch behandelt. Der Arzt trägt die Nekrose ab und führt eine Spalthautverpflanzung durch. Die Wunde kann sich jedoch auch nach der Operation weiter vergrößern, sodass bis zur Heilung mehrere Operationen erforderlich sein können. Als Medikation sind Analgetika gegen die starken Schmerzen und phasenweise Antibiotika nötig. Natrium-Thiosulfat-Infusionen werden bei ausgedehnten ischämischen Hautnekrosen gegeben. Sie sollen die Blutzirkulation und Gewebeoxygenierung verbessern (36–38).
Eine weitere chronische Wunde ist das Ulkus bei Diabetes mellitus. Als diabetisches Fußsyndrom werden Veränderungen an den Füßen von Diabetespatienten bezeichnet, die als Spätfolge der Grunderkrankung auftreten. Neben Haut- und Nagelveränderungen treten häufig Deformitäten auf; auch Ulzerationen können entstehen. Diese können bei verzögerter oder ineffektiver Behandlung bis zur Nekrose des gesamten Fußes führen (Gangrän) und im schlimmsten Fall Amputationen erforderlich machen. Ursächlich ist ein schlecht eingestellter Typ-2-Diabetes, der die Gefäße (Makroangiopathie) und die peripheren Nerven (Polyneuropathie) schädigt. Dadurch sind die Patienten anfälliger für hartnäckige Verletzungen, nehmen diese aber schlechter wahr. Das kann zu einem Circulus vitiosus führen, der die Lebensqualität der Betroffenen stark einschränkt (7).
Seltenere Ursachen für Unterschenkelgeschwüre sind Vaskulitiden, entzündliche Hauterkrankungen, Infektionskrankheiten oder Neoplasien (4, 8).