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Ulcus cruris

Wenn Wunden nicht heilen wollen

Chronische Geschwüre am Unterschenkel erfordern eine konsequente Therapie. Mit modernen Hilfsmitteln lassen sich die Heilungsbedingungen optimieren.
Nicole Schuster
20.11.2022  08:00 Uhr

Ulcus cruris, das »offene Bein«, ist eine typische Alterserkrankung. Die tiefen und meist schlecht heilenden Wunden stellen eine große Belastung dar und schränken die Lebensqualität ein.

Wunden gelten als chronisch, wenn sie nach acht Wochen nicht abgeheilt sind oder wenn sie ursächlich behandelt werden müssen, beispielsweise Geschwüre beim diabetischen Fußsyndrom (1). Sie können grundsätzlich an jeder Stelle des Körpers entstehen. In Europa manifestieren sich chronische Wunden am häufigsten in Form des Ulcus cruris, des diabetischen Fußulkus (DFU) oder als Dekubitus (2).

Der Begriff Ulcus cruris umfasst Wunden unterschiedlicher Genese im Bereich der Unterschenkel. Zugrunde liegen in der Regel Gefäßerkrankungen wie die chronisch venöse Insuffizienz (CVI) oder die periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK). Perfusionsstörungen im Unterschenkel schädigen die Haut und die darunterliegenden Gewebe und beeinträchtigen die Wundheilung (3, 4). In der Folge heilen selbst kleine Verletzungen nicht oder nur schwer ab.

Venöse oder arterielle Durchblutungsstörungen

Bei mehr als zwei Dritteln der Patienten spielt bei der Entstehung oder als Komorbidität die CVI eine Rolle. Dies ist eine Erkrankung der tiefen Beinvenen. Sie entwickelt sich, wenn defekte Venenklappen nicht mehr richtig schließen, sodass sich das venöse Blut in den Unterschenkeln staut. In der Folge werden die Gefäße durchlässiger und Blutzellen und Flüssigkeit können in die benachbarten Gewebe austreten. Mögliche Folgen sind äußerlich sichtbare Besenreißer oder Krampfadern, Ödeme, Hautveränderungen und Ulzerationen, die bevorzugt am Innenknöchel entstehen (4–6).

Venöse und arterielle Gefäßerkrankungen lösen Durchblutungsstörungen im Unterschenkel aus, die Haut und Gewebe schädigen und die Wundheilung beeinträchtigen. / Foto: Adobe Stock/Andriy Medvediuk
Selbst kleine Verletzungen heilen nicht oder nur sehr langsam ab. / Foto: Adobe Stock/kayasit

Etwa 15 Prozent der Beinulzera werden durch arterielle Durchblutungsstörungen im Rahmen einer pAVK verursacht. Die pAVK entsteht, wenn sich Plaques aus Fett- und Eiweißbestandteilen in den Arterien der Extremitäten ablagern (Atherosklerose). Die Gefäße werden eingeengt und lassen weniger Blut hindurchfließen. Die Beschwerden treten zunächst nur bei Belastung auf; wenn die pAVK fortschreitet, auch in Ruhe. Anders als bei venösen Beschwerden schmerzen die Beine oft sogar stärker, wenn sie hoch gelagert werden. Typisch ist eine blasse, kühle und trockene Haut, während die Haut bei einer CVI häufig durch Ödeme glänzt, oft schuppig oder rissig ist und eine bräunlich-rote Hyperpigmentierung aufweisen kann. Ein Ulcus cruris arteriosum als Komplikation der pAVK entwickelt sich überwiegend an den Zehen, dem Vorfuß, dem Außenknöchel oder der Schienbeinkante.

Beim Ulcus cruris mixtum liegt eine Kombination arterieller und venöser Ursachen vor. Die Sonderform Ulcus hypertonicum Martorell ist eine Folge eines chronischen, schlecht eingestellten arteriellen Bluthochdrucks (Kasten).

Eine weitere chronische Wunde ist das Ulkus bei Diabetes mellitus. Als diabetisches Fußsyndrom werden Veränderungen an den Füßen von Diabetespatienten bezeichnet, die als Spätfolge der Grunderkrankung auftreten. Neben Haut- und Nagelveränderungen treten häufig Deformitäten auf; auch Ulzerationen können entstehen. Diese können bei verzögerter oder ineffektiver Behandlung bis zur Nekrose des gesamten Fußes führen (Gangrän) und im schlimmsten Fall Amputationen erforderlich machen. Ursächlich ist ein schlecht eingestellter Typ-2-Diabetes, der die Gefäße (Makroangiopathie) und die peripheren Nerven (Polyneuropathie) schädigt. Dadurch sind die Patienten anfälliger für hartnäckige Verletzungen, nehmen diese aber schlechter wahr. Das kann zu einem Circulus vitiosus führen, der die Lebensqualität der Betroffenen stark einschränkt (7).

Seltenere Ursachen für Unterschenkelgeschwüre sind Vaskulitiden, entzündliche Hauterkrankungen, Infektionskrankheiten oder Neoplasien (4, 8).

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