Wenig beachtete mögliche Symptome von Covid-19 |
Sven Siebenand |
14.04.2020 14:08 Uhr |
Es spricht einiges dafür, dass sich Ärzte bei der Diagnose »Covid-19« nicht nur auf das Vorliegen von Fieber und respiratorischen Symptomen verlassen sollten. / Foto: Adobe Stock/ jd-photodesign
Laut einer Publikation chinesischer Wissenschaftler der Huazhong University of Science and Technology in Wuhan in »Jama Neurology« sind neurologische Symptome bei SARS-CoV-2-Infizierten nicht selten (DOI: 10.1001/jamaneurol.2020.1127). 78 von 214 untersuchten Covid-19-Patienten, also 36,4 Prozent, zeigte den Forschern zufolge Anzeichen dafür, dass das Virus das Nervensystem geschädigt hatte. Dabei war bei knapp einem Viertel aller Patienten das zentrale Nervensystem (ZNS) betroffen und bei 9 Prozent das periphere Nervensystem. Bei Patienten mit ZNS-Manifestationen wurden am häufigsten Schwindel und Kopfschmerz beobachtet, Folgen einer Beteiligung des peripheren Nervensystems waren Riech- und Geschmacksstörungen.
Dass SARS-CoV-2 neurologische Symptome hervorrufen kann, war zuvor bereits in einigen Fallberichten geschildert worden. Zudem ist von länger bekannten Coronaviren, dem SARS- und dem MERS-Erreger, bekannt, dass sie neurologische Schäden hervorrufen können. Bei beiden Erregern wurde bereits experimentell gezeigt, dass sie über die Riechnerven in der Nasenhöhle ins Gehirn eintreten können. Auch die Diskussion, ob bei Covid-19-Patienten ein Atemstillstand zentral gesteuert sein könnte – beispielsweise als Resultat einer Entzündung des Hirnstamms –, passt in diesen Zusammenhang.
Die Autoren der aktuellen JAMA-Publikation weisen darauf hin, dass die neurologischen Manifestationen meist als Frühsymptom auftraten. Einige Patienten seien sogar nur deswegen und ohne jegliches respiratorisches Symptom ins Krankenhaus gekommen. Sie halten es deshalb für wichtig, dass Ärzte bei Patienten mit neurologischen Symptomen auch eine SARS-CoV-2-Infektion in Betracht ziehen, um eine verzögerte Diagnose und eine weitere Übertragung auf andere Patienten zu verhindern.
Laut dem Präsidenten des Robert-Koch-Instituts (RKI), Professor Dr. Lothar Wieler, mehren sich auch in Deutschland die Hinweise darauf, dass neurologische Symptome wie Geruchs- und Geschmacksstörungen typisch für Covid-19 sein könnten. Diese würden häufig beobachtet, sagte Wieler heute beim RKI-Pressebriefing in Berlin. Das RKI werde den Geruchs- und Geschmacksverlust daher bei den gemeldeten Patienten ab dieser Woche systematisch mit erfassen.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.