Corona erhöht Risiko für Autoimmunerkrankungen |
Christina Hohmann-Jeddi |
31.01.2023 13:05 Uhr |
Die rheumatoide Arthritis gehört zu den Autoimmunerkrankungen, deren Häufigkeit nach einer Coronainfektion laut einer Studie erhöht ist. In der Untersuchung waren allerdings nur ungeimpfte Personen und Infektionen mit dem Wildtyp von SARS-CoV-2 berücksichtigt. / Foto: Shutterstock/Sebra
Inwieweit das SARS-Coronavirus-2 das Immunsystem stört und zu Autoimmunerkrankungen führen kann, war bisher wenig erforscht. Wissenschaftler um Professor Dr. Jochen Schmitt vom Universitätsklinikum Dresden haben diesen Zusammenhang nun untersucht und hierfür Abrechnungsdaten der Jahre 2019 bis Juni 2021 von 38,9 Millionen gesetzlich Versicherten mehrerer Krankenkassen ausgewertet. Insgesamt gingen in die Analyse Daten von 640.000 Personen mit PCR-bestätigter Covid-19-Erkrankung im Jahr 2020 ein, darunter 76.000 mit vorher bestehender Autoimmunerkrankung. Von den Covid-19-Patienten, die zuvor keine Autoimmunerkrankung gehabt hatten, entwickelten 6489 erstmals eine solche Krankheit. Coronainfizierte und je drei Nichtinfizierte mit ähnlichen Eigenschaften wurden hinsichtlich 41 vorab festgelegten Erkrankungen verglichen.
Infolge einer SARS-CoV-2-Infektion hatten Personen, die zuvor nicht an einer Autoimmunerkrankung gelitten hatten, ein um 43 Prozent erhöhtes Risiko für eine solche Erkrankung. Bei Patienten, bei denen bereits eine Autoimmunerkrankung vorgelegen hatte, war eine SARS-CoV-2-Infektion mit einem Risikoanstieg von 23 Prozent für eine weitere Autoimmunerkrankung assoziiert. Insgesamt lag die Inzidenz in der Covid-19-Gruppe bei 15,05 Autoimmundiagnosen auf 1000 Versichertenjahre, in der Kontrollgruppe bei 10,55 Diagnosen auf 1000 Versichertenjahre. Das berichtet das Team in einem Preprint-Artikel auf dem Server »Medrxiv«.
»In allen Alters- und Geschlechtsgruppen traten Autoimmunkrankheiten in der Zeit nach der Infektion signifikant häufiger auf«, verdeutlicht Schmitt in einer Mitteilung des Klinikums. Das erhöhte Risiko war auch für häufige Erkrankungen wie Hashimoto-Thyreoiditis, rheumatoide Arthritis und Sjörgen-Syndrom zu verzeichnen. Am höchsten war der Anstieg bei Vaskulitis-Erkrankungen, also Entzündungen der Blutgefäße, wie Morbus Wegner, Morbus Behçet oder Arteriitis temporalis. Für das Guillain-Barré-Syndrom war das Risiko mehr als verdoppelt.
Infizierte mit einem schwereren Covid-19-Verlauf hatten ein besonders hohes Risiko. Da nur Infektionen aus dem Jahr 2020 berücksichtigt wurden, beziehen sich die Ergebnisse nur auf ungeimpfte Betroffene, die eine nachgewiesene Coronainfektion mit dem Wildtypvirus hatten. Entsprechende Erkenntnisse über andere Varianten des Virus und für Geimpfte gebe es derzeit nicht.
Die Studie ist Teil eines vom Robert-Koch-Institut und vom Bund geförderten Projekts zu Langzeitfolgen von Covid-19. Bislang habe es erst wenige Anhaltspunkte auf Autoimmunerkrankungen infolge von Coronainfektionen gegeben, schreibt das Team. Um die Zusammenhänge zwischen Covid-19 und diesen Erkrankungen zu verstehen, sei weitere Forschung nötig, sagt Schmitt. »Künftige Analysen sollten einen Fokus auf chronische Erkrankungen legen, die in der Pandemie entstanden sind.«
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.