Pharmazeutische Zeitung online
Krieg gegen die Ukraine

Was müssen Apotheken bei der Versorgung von Geflüchteten beachten?

Der russische Angriff gegen die Ukraine dauert nun bereits mehr als drei Wochen an. Auch in Deutschland kommen Tag für Tag viele Geflüchtete aus der Ukraine an, die unter anderem Anspruch auf medizinische Versorgung haben. Dabei ist es von Bundesland zu Bundesland verschieden, auf was die Apothekenteams bei der Abgabe von Arzneimitteln achten sollten. Die PZ hat in einigen Ländern nachgehakt.
Charlotte Kurz
21.03.2022  09:00 Uhr
Was müssen Apotheken bei der Versorgung von Geflüchteten beachten?

Mittlerweile sind in Deutschland offiziell rund 218.000 Geflüchtete aus der Ukraine angekommen, darunter vor allem Frauen, Kinder und Ältere. Darüber informierte das Bundesinnenministerium am Sonntag per Twitter. Allerdings dürfte die tatsächliche Zahl der Geflüchteten deutlich höher sein, denn nicht alle, die vor dem Krieg in der Ukraine geflohen sind, haben sich in Deutschland entsprechend bei den Behörden registriert. Die Menschen, haben neben dem Anspruch auf Schutz oder Unterbringung auch einen Anspruch auf medizinische Versorgung und damit auch auf eine Versorgung mit Arzneimitteln. Geflüchtete haben auch Zugang zu Covid-19-Tests und Impfungen.

Bezüglich dieser Versorgung gibt es derzeit aber kein bundeseinheitliches Vorgehen. Zwar hatte Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) bereits angekündigt, dass er gemeinsam mit der Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) an einer Klarstellung arbeite, das die Geflüchteten Anspruch auf alle Leistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und nicht wie bislang nur auf einige, beschränkte Leistungen haben sollen. Offenbar ist diese aber noch nicht erfolgt. Bis dahin haben alle Geflüchteten Anspruch auf bestimmte medizinische Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) informierte bereits über eine Übergangslösung der medizinischen Versorgung.

Hamburg: Versorgung läuft über AOK

Allerdings handhaben die einzelnen Bundesländer die medizinische Versorgung und vor allem die Abrechnungsweisen von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln nach AsylbLG unterschiedlich. So geben bereits seit einigen Jahren neun Bundesländer Geflüchteten eine elektronische Gesundheitskarte (EGK) einer Kasse aus. Die Abrechnung von Rezepten erfolgt damit also in diesen Fällen nicht über die Kommunen, sondern direkt über die entsprechenden Kassen. Beispielsweise in Hamburg wird das so gehandhabt. Zwar haben die Behörden in Hamburg noch nicht gesondert Stellung zu den Geflüchteten aus der Ukraine genommen, allerdings haben diese dennoch Anspruch auf Versorgung nach dem AsylbLG, berichtet die Geschäftsführerin der Hamburger Apothekerkammer, Ena Meyer-Bürck der PZ.

Die Hamburgische Landesregierung habe 2015 eine Vereinbarung mit der AOK Bremen/Bremerhaven geschlossen, mit der die Krankenkasse auftragsweise die Betreuung damals übernommen hat. Durch die Zentrale Erstaufnahme (ZEA) werden die Geflüchteten bei der Kasse gemeldet und erhalten innerhalb von 14 Tagen eine EGK. Sollte diese Karte noch nicht vorliegen, stellt die ZEA eine vorläufige Bescheinigung aus. In beiden Optionen stellt der behandelnde Arzt Verordnungen zu Lasten der »AOK Bremen/Bremerhaven« als Kostenträger auf Muster 16 aus, so Meyer-Bürck. Im Einzelfall gebe es auch speziell gekennzeichnete Rezeptformulare für Personen, die noch nicht bei der AOK Bremen/Bremerhaven gemeldet sind. Kostenträger auf solchen Rezeptformularen, die ab Ausstellung 24 Stunden zu einer medizinischen Versorgung berechtigen, ist hier »AsylbLG ZEA Hamburg«, so Meyer-Bürck. Der Geschäftsführer des Apothekerverbands Schleswig-Holstein, Georg Zwenke, ergänzte, dass diese 24-Stunden-Bescheinigungen nur für Personen auszustellen sind, die in der ZEA untergebracht sind. Er kritisiert, dass Regelungen für Personen, die (noch) nicht dort untergebracht sind, derzeit fehlen.

Zwenke hat zudem einen Vorschlag für eine übersichtlichere und einfachere Versorgung: »Idealerweise würde als Kostenträger der Arzneimittelversorgung aus der Ukraine Geflüchteter im gesamten Bundesgebiet ab deren Ankunft im Bundesgebiet eine einheitliche Stelle des Staates genannt werden, bspw. das Bundesamt für soziale Sicherung BAS, wie wir es auch bei der Kostenübernahme im Rahmen der Ausstellung von Impfzertifikaten kennen«.

Seite123>

Mehr von Avoxa