Was geht, was geht nicht? |
Verschiedene Antiepileptika und Antidepressiva haben einen Stellenwert in der Behandlung von neuropathischen Schmerzen. Gabapentin und Pregabalin werden nicht hepatisch metabolisiert und renal eliminiert; ihre Dosis ist an eine Nierenfunktionseinschränkung anzupassen (9, 20). Grundsätzlich gelten sie als sicher bei Leberinsuffizienz, jedoch sollte der Patient auf eine hepatische Enzephalopathie überwacht werden (20, 28). Die Dosierung sollte nur langsam über Wochen gesteigert werden, da die Wirkung auch erst verzögert eintritt (20).
Baclofen wird nur wenig hepatisch metabolisiert und eine Dosisanpassung nicht für erforderlich gehalten (9). Andere Autoren empfehlen wegen der sedierenden Effekte nur niedrige Startdosen und Beachtung der möglichen Akkumulation bei zusätzlich eingeschränkter Nierenfunktion (37).
Carbamazepin wird hepatisch metabolisiert. Die Dosis ist bei leichterer Leberinsuffizienz anzupassen, bei schwerer Insuffizienz soll es nicht angewendet werden (9). Bei fortgeschrittener Lebererkrankung wird der Einsatz nicht empfohlen, da es selbst Hepatotoxizität zeigen und eine schnelle Dekompensation der Leberfunktion bei Leberzirrhose hervorrufen kann (20, 37).
Venlafaxin wird intensiv hepatisch metabolisiert und hat einen hohen First-Pass-Effekt. Bei Child-Pugh A und B wird eine Dosishalbierung empfohlen. In einer Studie bei Leberzirrhose war die Clearance um 50 Prozent, die des aktiven Hauptmetaboliten O-Desmethylvenlafaxin um 30 Prozent, bei schwerer Erkrankung bis zu 90 Prozent reduziert (9).
Cannabis ist bei Patienten mit Leberinsuffizienz bisher unzureichend untersucht. Die aktive Hauptkomponente Tetrahydrocannabinol wird hepatisch über CYP-Isoenzyme metabolisiert. Bei Patienten mit Hepatitis C zeigten sich unter Cannabiskonsum hepatische Steatose und Fibrose (20). Eine Überdosierung kann eine hepatische Enzephalopathie negativ beeinflussen (20).
Ein 55-jähriger Patient mit alkoholinduzierter Leberzirrhose Stadium Child-Pugh B wird stationär neu aufgenommen. Der Patient erhält unter anderem Tilidin/Naloxon zweimal täglich 200/16 mg und klagt trotz dieser sehr hohen Dosis weiter über Schmerzen.
Tilidin wird hepatisch zum wirksamen Metaboliten Nortilidin umgewandelt. Bei Leberzirrhose findet diese Umwandlung nur unvollständig statt und die analgetische Wirkung ist deutlich vermindert. Zusätzlich wird Naloxon bei starker Leberinsuffizienz schlechter abgebaut und ist länger und stärker wirksam; damit kann es die Opioidwirkung zusätzlich antagonisieren.
Tilidin/Naloxon ist ungeeignet für diesen Patienten. In Abhängigkeit von der Art und voraussichtlichen Dauer der Schmerzen sollte eine Umstellung auf Tramadol oder Morphin diskutiert werden. Tramadol sollte bei Child-Pugh B initial vorsichtig mit 25 mg alle zwölf Stunden begonnen werden.