Was geht, was geht nicht? |
Sedierende Effekte sind ein Risikofaktor für eine hepatische Enzephalopathie. Die Einnahme von Benzodiazepinen über drei bis zehn Tage verfünffachte in einer Studie das Risiko für eine Episode hepatischer Enzephalopathie (19).
Grundsätzlich wird empfohlen, auf Benzodiazepine und Z-Substanzen bei schwerer Lebererkrankung zu verzichten. Sie werden überwiegend hepatisch metabolisiert. Bei einigen Stoffen, zum Beispiel bei Zopiclon und Diazepam, entstehen aktive Metabolite; die Halbwertszeit kann sich bei schwerer Leberinsuffizienz verdoppeln (37).
Sind Hypnotika unverzichtbar, sollte sehr niedrig begonnen, nur langsam aufdosiert und kurz (weniger als eine Woche) behandelt werden. Insbesondere langwirksame Benzodiazepine sind zu vermeiden. Lorazepam zeigt auch eine verlängerte Halbwertszeit bei schwerer Leberinsuffizienz, wird aber als mögliche Alternative angesehen (37). Andere Autoren empfehlen eher Benzodiazepine mit einem einfachen, nur auf Glucuronidierung beruhenden Metabolisierungsweg, zum Beispiel Oxazepam (6).
Von Zolpidem wird abgeraten, denn es liegen Berichte über kognitive Einschränkungen und hepatische Enzephalopathie vor. Wenn überhaupt, ist eher Zopiclon in sehr niedriger Dosierung zu diskutieren (6).
Sedierende Effekte spielen auch bei vielen anderen Arzneistoffgruppen wie Antiepileptika oder Antidepressiva eine Rolle. Antihistaminika sind nicht nur wegen dieser Nebenwirkung, sondern auch wegen anticholinerger Wirkungen problematisch. Laut ACB-Calculator haben Diphenhydramin und Doxylamin eine hohe anticholinerge Potenz von 3, Dimetinden dagegen nur von 1. Antihistaminika als rezeptfrei verkäufliche Schlafmittel sollten bei Patienten mit Leberzirrhose vermieden werden.
Patienten mit Leberzirrhose leiden häufig unter Schmerzen, nach Literaturangaben sind 30 bis 79 Prozent betroffen (28). Neben üblichen Ursachen kommen bei fortgeschrittener Leberinsuffizienz besonders Schmerzen im Abdomen und unteren Rücken durch den Aszites hinzu (20). Die Auswahl der Schmerztherapie muss sich an Art und Ursache des Schmerzes orientieren, ist aber bei dieser Patientengruppe eingeschränkt.
Paracetamol ist entgegen der Erwartung vieler Ärzte und Apotheker nicht kontraindiziert bei Leberinsuffizienz, obwohl es bei Überdosierung zu toxischen Abbauprodukten und schwerer Leberschädigung führen kann. Dies ist aber eine Frage der Dosis. Die empfohlene Tagesmaximaldosis für gesunde Erwachsene liegt bei 4 g täglich (20). Hepatotoxizität tritt auf bei höheren Dosen, laut Literatur erst ab 10 bis 15 g täglich (28, 37). Ein erhöhtes Risiko besteht bei Alkoholkrankheit und alkoholinduzierter Leberinsuffizienz, da es hier zum Glutathionmangel und der vermehrten Bildung des hepatotoxischen Abbauprodukts kommt (28).
Auch Patienten mit Leberschäden können kurzzeitig Paracetamol einnehmen. NSAR sind aber tabu. / Foto: Adobe Stock/manu
Für Patienten mit Leberzirrhose empfiehlt die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AKDÄ) eine Tagesmaximaldosis von 2 g Paracetamol oral (33). Niederländische Empfehlungen bezeichnen bis zu 3 g täglich als sicher auch bei Leberzirrhose im Stadium Child-Pugh C (16). Andere Empfehlungen differenzieren: Paracetamol ist Mittel der Wahl und kann bei akutem Schmerz mit 3 bis 4 g täglich gegeben werden. Chronisch (länger als 14 Tage) sollten nur 2 g Tagesdosis verordnet werden. Alkohol ist zu vermeiden oder bei Alkoholkonsum die Dosis auf 2 g täglich zu begrenzen (20, 28).
Nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) sollten dagegen vermieden werden. Gründe sind die Einschränkung der Nierenfunktion, die bei fortgeschrittener Leberzirrhose meist sowieso reduziert ist, das verminderte Ansprechen auf Diuretika und damit eine schlechtere Aszitestherapie sowie das erhöhte Risiko für gastrointestinale Ulzera und Blutungen (20, 32). So stieg die Wahrscheinlichkeit von gastrointestinalen Blutungen bei Leberpatienten in Studien um den Faktor 2 bis 3 unter der Einnahme eines NSAR (7, 20, 27). Indometacin reduzierte die renale Durchblutung und die glomeruläre Filtrationsrate bereits bei Patienten mit Child-Pugh A signifikant (20).
Cyclooxygenase-2-Inhibitoren haben aufgrund ihrer selektiveren Wirkung weniger gastrointestinale und renale Nebenwirkungen. Bei Leberzirrhose sehen einige Autoren eine kurzzeitige Behandlung (weniger als fünf Tage) in den Stadien Child-Pugh A und B mit Dosisreduktion auf 50 Prozent als vertretbar an (28). Überwiegend werden Cox-2-Inhibitoren allerdings als nicht sicher eingestuft, da wenig Daten vorliegen und das Risiko der weiteren Nierenfunktionseinschränkung auch hier besteht (16, 20, 33).