Was geht, was geht nicht? |
Eine Leberschädigung durch Arzneimittel (Drug Induced Liver Injury; DILI) kann auch durch pflanzliche Produkte und Inhaltsstoffe ausgelöst werden. Herb Induced Liver Injury (HILI) waren in Studien für 3 bis 16 Prozent der Fälle verantwortlich (5). Bei Patienten mit einer eingeschränkten Leberfunktion sind die Konsequenzen eines HILI schwerer (30).
Generell sollten möglicherweise hepatotoxische Präparate bei chronischer Lebererkrankung gemieden werden; dies gilt auch für viele Phytopharmaka. Nachfolgend werden einige Präparate genauer besprochen, die häufig in Selbstmedikation als hepatoprotektive Substanzen angewandt werden.
Bei der pharmazeutischen Beratung müssen Apotheker immer auch an die Selbstmedikation, zum Beispiel mit Nahrungsergänzungsmitteln und pflanzlichen Präparaten, denken. / Foto: Getty Images/vorDa
Artischockenpräparate haben in kleineren Untersuchungen positive Effekte bei Lebererkrankungen unterschiedlicher Ursachen gezeigt, zum Beispiel eine Abnahme der Transaminasen im Blut. Allerdings war das individuelle Ansprechen sehr unterschiedlich und es handelte sich eher um leichtere Lebererkrankungen (non-alcoholic fatty liver disease, NAFLD, non-alcoholic steatohepatitis, NASH). Artischockenpräparate sind kontraindiziert bei Gallengangsobstruktion und Gallensteinen, da sie aufgrund ihrer choleretischen Wirkung hier problematisch sind (14, 23).
Boldoblätter sind kontraindiziert bei Erkrankungen der Leber und Gallenwege. In der Langzeitanwendung kam es im Tierversuch zu erhöhten Leberwerten. Ein Fallbericht über Hepatotoxizität liegt vor (14, 23).
Im Tierversuch hat ein Extrakt aus Löwenzahnblättern positive Effekte bei Paracetamol-Intoxikation gezeigt. Allerdings liegen auch für Löwenzahnpräparate Fallberichte über Hepatotoxizität vor (14).
Pfefferminzöl schützte im Tierversuch gegen Leberschäden durch Arsen und andere Chemikalien. Problematisch ist eine höher dosierte Anwendung bei Magenulcera. Es kann zudem den Ösophagussphinkter relaxieren und so zu vermehrtem Reflux führen, der bei Ösophagusvarizen problematisch ist (14).
Die Mariendistel wird oft als hepatoprotektiv bezeichnet. Die Evidenz für einen klinischen Nutzen ist allerdings gering. Ein Cochrane-Review von 18 randomisierten klinischen Studien fand bei alkoholbedingten oder durch Hepatitis-B- oder -C-Viren ausgelösten Lebererkrankungen keinen Unterschied in der Mortalität und Komplikationsrate (14). Ein Nutzen wird dagegen gesehen bei akuten Vergiftungen mit dem grünen Knollenblätterpilz und verwandten Arten. Die Mortalitätsrate konnte durch Silibinin intravenös deutlich gesenkt werden (14). In vitro können Mariendistelextrakte CYP-Isoenzyme induzieren und so zu Interaktionen führen; die Bedeutung in vivo ist nicht klar (14, 26).
Fumaria officinalis (Erdrauch) und Fumarate waren im Tierversuch hepatoprotektiv gegenüber verschiedenen leberschädigenden Substanzen wie Tetrachlorkohlenwasserstoff und Paracetamol. Traditionell werden sie bei Koliken des Gallengangsystems angewandt; Studien mit guter Qualität fehlen allerdings (14).
Curcuma verbesserte bei Patienten mit NAFLD den Leberfettanteil und die Transaminasen gegenüber Placebo. Cholesterol und Triglyceride besserten sich ebenfalls. In einer weiteren Studie wurden auch eine verbesserte Insulinresistenz und Blutglucosespiegel beobachtet (14). Da NAFLD heute im Zusammenhang mit dem metabolischen Syndrom gesehen wird, stellt sich die Frage, inwiefern die günstigen Effekte auf die verbesserte Stoffwechsellage zurückzuführen sind.
Dorothea Strobach studierte Pharmazie an der Universität Greifswald und wurde 2004 zu einem Thema in der Arteriosklerose-Grundlagenforschung an der LMU München promoviert. Sie arbeitete vier Jahre in der öffentlichen Apotheke und erhielt 1998 die Anerkennung als Fachapothekerin für Offizinpharmazie. Seit 1999 arbeitet sie in der Apotheke des Klinikums der Universität München, LMU, in der Arzneimittelinformation, die sie seit 2012 leitet. Den Fachapotheker für Klinische Pharmazie erwarb sie 2011. Sie unterrichtet Studierende der Pharmazie und Medizin an der LMU München.