Was Astra-Zeneca-Geimpfte jetzt wissen sollten |
Daniela Hüttemann |
16.03.2021 14:24 Uhr |
Das Paul-Ehrlich-Institut rät Geimpften, unverzüglich einen Arzt zu kontaktieren, wenn sie sich mehr als vier Tage nach der Impfung zunehmend unwohl fühlen, zum Beispiel mit starken und anhaltenden Kopfschmerzen oder punktförmigen Hautblutungen (sogenannte Petechien). / Foto: Getty Images/Halfpoint Images
Los ging es vor rund einer Woche in Österreich: Eine 49-jährige Frau starb infolge schwerer Gerinnungsstörungen im Zusammenhang mit der Covid-19-Impfung von Astra-Zeneca; eine 35-jährige Frau erlitt eine Lungenembolie. Am Donnerstag stoppten Dänemark und Norwegen die Verimpfung, da auch dort mehrere Fälle schwerer Thrombosen aufgetreten sind. Weitere EU-Länder folgten, am Montagnachmittag dann auch Deutschland, da am Montag zwei weitere Verdachtsmeldungen hinzukamen. Am Dienstagnachmittag veröffentlichte auch das Bundesgesundheitsministerium ein FAQ zum Impfstopp.
Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) berichtete am Montag von Blutgerinnseln, mit ungewöhnlichen Merkmalen wie einer erniedrigten Anzahl von Blutplättchen (Thrombozytopenie). Die EU-Behörde sprach von einer »sehr kleinen Zahl« unter Personen, die die Astra-Zeneca-Vakzine erhalten haben, ohne eine konkrete Zahl zu nennen. In Deutschland wurden bislang sieben Fälle einer sogenannten Sinusvenenthrombose in Verbindung mit einer Thrombozytopenie und Blutungen in zeitlichem Zusammenhang mit der Impfung berichtet. Dies ist eine sehr seltene Thrombose, bei denen Blutgerinnsel bestimmte Venen im Gehirn verstopfen. Es handelt sich bei den Betroffenen um sechs Frauen und einen Mann, alle im Alter zwischen 20 und 50 Jahren. Drei Betroffene sind verstorben. Welche Vorerkrankungen und Risikofaktoren sie gegebenenfalls hatten, ist noch nicht bekannt. Das PEI sprach am Montag von einer auffälligen Häufung, die nun näher untersucht wird. In Deutschland wurden bislang rund 1,6 Millionen Menschen mit der Astra-Zeneca-Vakzine geimpft.
Bei Sinusvenenthrombosen, um die es bei der jetzigen Sicherheitsprüfung geht, wird die normale Häufigkeit auf etwa 1 zu 250.000 geschätzt (geschätzte Inzidenz: zwei bis fünf Fälle pro Jahr pro eine Million Einwohner). Frauen sind im Faktor 3 zu 1 häufiger betroffen als Männer. Laut BMG sind bei der geimpften Personengruppe und in einem Zeitraum von 14 Tagen nach Impfung statistisch gesehen bei 1,6 Millionen Impfungen circa 1 bis 1,4 Sinusvenenthrombosen zu erwarten. Gemeldet wurden bis Montag, 15. März, allerdings sechs Fälle Sinusvenenthrombosen plus ein medizinisch vergleichbarer Fall, also sieben.
Andere thromboembolische Ereignisse sind weitaus häufiger. Laut der Deutschen Gefäßliga erkranken jährlich etwa 100.000 Menschen in Deutschland an einer Venenthrombose. Jährlich sterben hierzulande bis zu 40.000 Menschen an einer Lungenembolie, mehr als 50.000 an einem Schlaganfall.
Als Risikofaktoren gelten unter anderem steigendes Alter, Rauchen, Übergewicht, die Einnahme hormoneller Verhütungsmittel (die »Pille«), Schwangerschaft und Krebserkrankungen. All diese Faktoren sowie die normale Wahrscheinlichkeit einer Thrombose müssen die Behörden nun in ihre Abschätzung einbeziehen.
Unter der »Antibabypille« kommt es, je nach Präparat, zu fünf bis zwölf venösen Thromboembolien pro 10.000 Frauen pro Anwendungsjahr, wobei das Risiko für Nichtanwenderinnen bei zwei pro 10.000 liegt.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.