Keine Zweitimpfung mit Astra-Zeneca – neuer Impfabstand bei mRNA |
Daniela Hüttemann |
01.04.2021 22:22 Uhr |
Seit Impfbeginn haben rund 2,2 Millionen Unter-60-Jährige eine Erstimpfung mit dem Astra-Zeneca-Impfstoff gegen Covid-19 erhalten. Die Zweitimpfungen stehen ab Anfang Mai an – zu kurz, um Kombinationen mit anderen Impfstoffen wissenschaftlich zu untersuchen. / Foto: imago images/MiS
Die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut hat am späten Donnerstag vor den Osterfeiertagen den »Beschlussentwurf der STIKO zur 4. Aktualisierung der Covid-19-Impfempfehlung und die dazugehörige wissenschaftliche Begründung« auf der RKI-Website veröffentlicht.
In der EU sind mittlerweile vier Covid-19-Impfstoffe zugelassen, davon sind drei bereits in Deutschland verfügbar: Die beiden mRNA-Impfstoffe Tozinameran (Comirnaty®, BNT162b2) von Biontech und Pfizer sowie die »Covid-19 Vaccine Moderna« vom gleichnamigen US-Unternehmen sowie zwei vektorbasierte Impfstoffe: Vaxzevria (vormals ChAdOx1, AZD1222 oder »Covid-19 Vaccine Astra-Zeneca«) vom britisch-schwedischen Unternehmen Astra-Zeneca und die »Covid-19 Vaccine Janssen« von der Pharmasparte von US-Konzern Johnson & Johnson. Letzterer soll ab Mitte April in Deutschland ausgeliefert werden.
In der aktualisierten STIKO-Empfehlung heißt es: »Die Impfstoffe werden hinsichtlich des Individualschutzes und der Bekämpfung der Pandemie nach derzeitigem Wissen als gleichermaßen geeignet beurteilt. Direkte Vergleichsstudien zwischen den verschiedenen Impfstoffen sind nur sehr begrenzt verfügbar. Die beiden mRNA-Impfstoffe und die Covid-19 Vaccine Janssen können in allen Alters- und Indikationsgruppen eingesetzt werden, für die sie zugelassen sind. Eine begonnene Impfserie muss gegenwärtig mit demselben Produkt abgeschlossen werden; eine Ausnahme gilt bei der Impfung von Personen < 60 Jahren, die bereits eine erste Dosis der Covid-19 Vaccine AstraZeneca erhalten haben.«
Auf diese Ausnahmeregelung wurde mit Spannung gewartet, noch am frühen Abend hatten die Pharmazeutische Zeitung über den bisherigen Wissensstand dazu berichtet. »Auf Basis der derzeit verfügbaren, allerdings noch begrenzten Evidenz und unter Berücksichtigung der gegenwärtigen pandemischen Lage empfiehlt die STIKO, die Covid-19 Vaccine Astra-Zeneca für Personen im Alter ≥ 60 Jahren zu verwenden«, heißt es in der neuen Empfehlung. Der Einsatz dieses Impfstoffs für eine erste oder zweite Impfstoffdosis für Unter-60-Jährige bleibe aber »nach ärztlichem Ermessen und bei individueller Risikoakzeptanz nach sorgfältiger Aufklärung« möglich.
Zwar lägen noch keine Daten zum Risiko für Nebenwirkungen, also die gefürchteten seltenen Hirnvenenthrombosen, für die Zweitimpfung mit Astra-Zeneca vor. Umgekehrt gebe es aber auch noch keine wissenschaftliche Evidenz zur Sicherheit und Wirksamkeiten einer »heterologen Impfserie«. Damit ist gemeint, dass Astra-Zeneca-Erstgeimpfte einen anderen Impfstoff erhalten. Trotzdem empfiehlt die STIKO nun vorerst, bei Personen im Alter unter 60 Jahren anstelle der zweiten Astra-Zeneca-Impfstoffdosis eine Dosis eines mRNA-Impfstoffs zwölf Wochen nach der Erstimpfung zu verabreichen. Dieser Abstand entspricht dem eigentlich vorgesehen Impfschema von zwölf Wochen bei zwei Dosen Vaxzevria.
Unter Berücksichtigung der Zulassungen und der vorliegenden Wirksamkeitsdaten empfiehlt die STIKO für die beiden mRNA-Impfstoffe nun einen Abstand von sechs Wochen zwischen den beiden Impfdosen. Zuvor war der empfohlene Abstand für Comirnaty drei bis sechs Wochen und für den Moderna-Impfstoff vier bis sechs Wochen. Für die Astra-Zeneca-Vakzine gilt weiterhin ein Abstand von zwölf Wochen. Der Janssen-Impfstoff muss nur einmal verimpft werden.
Wie die Deutsche Presseagentur berichtet, sagte der STIKO-Vorsitzende Professor Dr. Thomas Mertens dem »Spiegel« in einem am Donnerstagabend veröffentlichten Interview zur aktuellen Datenbasis eines gemischten Impfschemas: »Tierexperimentelle Daten zeigen, dass die Immunreaktion nach heterologer (zweiter) Impfung gleich ausfällt. Man muss noch wissenschaftlich klären, wie gut der Schutz dann beim Menschen ist. Ich hoffe, dass dazu bald Daten vorliegen.« Mertens sagte weiter, dass man über das Risiko bei zweimaliger Impfung mit dem Astra-Zeneca-Impfstoff derzeit nur spekulieren könne. »Der nahe liegende Ausweg ist aus meiner Sicht, es gar nicht zu probieren, sondern zur Sicherheit eben als Alternative einen RNA-Impfstoff zu geben.«
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.